Archiv

Trainingslager in Katar
"Ich würde die Rolle des FC Bayern nicht überschätzen"

Der FC Bayern München trainiert wieder in Katar, trotz aller Bedenken um die eingeschränkten Menschenrechte. Man habe einen positiven Einfluss auf die Lage im Land, rechtfertigt sich der Verein. Im Dlf-Interview beschreibt der Sportjournalist Ronny Blaschke den Einfluss des Vereins jedoch als gering.

Ronny Blaschke im Gespräch mit Maximilian Rieger |
Die Mannschaft des FC Bayern trainiert in Katar.
Der FC Bayern München bereitet sich in der Aspire Academy in Katar auf die Bundesliga-Rückrunde vor (Imago)
Die Aspire Academy wurde 2004 mit Blick auf die Asienspiele eröffnet. "Wenn man da durchgeführt wird, staunt man", so Blaschke. Aber Katar habe nur 250.000 Staatsbürger, da sei die Zielgruppe für diese pompöse Sportakademie relativ klein.
Die Einrichtung konzentriere sich auf olympische Sportarten und eine Teamsportart: Fußball. Nach eigenen Angaben habe man dort im vergangenen Jahr die größte Talentsichtung der Fußballgeschichte durchgeführt. "Hunderttausende Jugendliche aus drei Kontinenten wurden gesichtet", so Blaschke. "Und allein in Katar werden pro Jahr 6.000 Jugendliche beobachtet und nach ihren Talenten beurteilt. Allerdings ausschließlich Jungen. Das ist ein Kontrast zu Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft, wo Frauen in Spitzenpositionen sind."
Fußball für Jungen, nicht für Frauen
Der Ausschluss von Frauen wird in Katar mit der Kultur, der Geschichte und der Tradition begründet. Im Jahr 2012 hat das Land zum ersten Mal Sportlerinnen zu Olympischen Spielen geschickt: ein Fußball-Team. Das würde allerdings nicht in der FIFA-Weltrangliste geführt, weil es keine offiziellen Spiele gemacht hat. Blaschke verweist auf eine Studie des nationalen Olympischen Komitees, wonach überhaupt nur 15 Prozent der Frauen in Katar sportlich aktiv seien. "Die Übergewichtsrate ist ähnlich wie in anderen Golfstaaten sehr hoch", so der Sportjournalist.
Ronny Blaschke, 03.11.2019, Berlin, Deutschland.
Sportjournalist Ronny Blaschke hat sich die Aspire Academy in Doha angeschaut (Sebastian Wells)
Die Aspire Academy sei aus mehreren Gründen eröffnet worden. Zum einen müsse sich Katar von Öl- und Gaseinnahmen unabhängig machen und konkurriere mit seinen Nachbarn, wie zum Beispiel den Vereinigten Arabischen Emiraten. Außerdem sei das Land militärisch Saudi-Arabien und Iran unterlegen und je mehr Beziehungen es zur westlichen Welt gebe, desto unwahrscheinlicher sei zum Beispiel ein Einmarsch von Saudi-Arabien. Blaschke: "Die Aspire Academy ist ein Puzzlestück in dieser geopolitischen Strategie."
Die Bayern wollen die Lage in dem Land verbessern
Sportlich funktioniere die Strategie. Katar sei im vergangenen Jahr Fußball-Asienmeister geworden, im Team seien viele Absolventen der Aspire Academy gewesen.
Auch das Frauen-Bundesliga-Team der Bayern reist nach Katar, um sich auf die Bundesliga-Rückrunde vorzubereiten. Der Verein wehrt sich gegen Kritik mit dem Argument, dadurch die Lage in dem Land zu verändern. Zwar würden in diesen Tagen neue Gesetze in Kraft treten, die Arbeitsmigranten besser schützen und das sei sicherlich auch auf internationalen Druck geschehen, so Blaschke. Er sagt jedoch auch: "Ich würde die Rolle des FC Bayern aber nicht überschätzen."