Archiv

Transatlantischer Handel
"Ein massiver Konflikt wäre nicht überraschend"

Die Bundesregierung riskiere mit ihrer harten, teils technokratischen Wirtschaftspolitik einen massiven Konflikt mit den USA, sagte der Ökonom Heribert Dieter im DLF. Man müsse die Bedenken der Amerikaner und Briten ernst nehmen, um internationale Wirtschaftsbeziehungen zu gestalten. Und die Europäische Zentralbank müsse ihre Geldpolitik überdenken.

Heribert Dieter im Gespräch mit Birgid Becker |
    Ein Containerfrachter fährt im Hamburger Hafen über die Elbe.
    Ein Containerfrachter fährt im Hamburger Hafen über die Elbe. (picture alliance / dpa)
    Die Bundesregierung müsse sich in ihrer Wirtschaftspolitik darauf einstellen, dass US-Präsident Donald Trump wenig Rücksicht auf ihre Befindlichkeiten nehmen werde, sagte der Wirtschaftswissenschaftler Heribert Dieter im Deutschlandfunk. Es sei falsch, in der transatlantischen Handelspolitik eine harte, technokratische Linie zu fahren, von der Deutschland letztendlich nicht profitieren werde.
    Dieter hielte es zudem für sinnvoll, wenn die EZB als Reaktion auf die Geldpolitik der US-Notenbank Fed ihre Geldpolitik straffen würde, um Turbulenzen auf den internationalen Währungsmärkten zu verhindern. "Das ist natürlich immer unangenehm, weil es Länder in Europa gibt, die noch in sehr schwacher Verfassung sind." Aber eine europäische Geldpolitik, die diese Zusammenhänge einfach ausblende, riskiere einen massiven Konflikt mit den Amerikanern.
    "Es ist mittlerweile wieder attraktiv, in den USA zu produzieren"
    So hätten die USA in der Vergangenheit häufiger gezeigt, dass ihnen nationale Wirtschaftsinteressen deutlich wichtiger seien als die internationale Politik. "Man kann da zurückgehen bis in die frühen 30er-Jahre", sagte Dieter. Damals habe ein Zollgesetz die Weltwirtschaft geschwächt und zu einem Rückgang des Welthandels um zwei Drittel beigetragen. Der damalige US-Präsident Franklin D. Roosevelt habe 1933 prinzipiell das Gleiche gesagt wie Trump heute - allerdings mit diplomatischeren Worten: Der Wiederaufbau der US-Wirtschaft habe Priorität. Dieter sagte, insofern würde es ihn nicht überraschen, sollte im Laufe dieses Jahres erneut ein massiver Konflikt im transatlantischen Handel aufziehen.
    Trump sei mit dem Mandat gewählt worden, auch im Interesse der Arbeitnehmer in den USA zu handeln. "Ich habe keinen Zweifel, dass er das umsetzen wird", prognostizierte Dieter im DLF. Der US-Präsident profitiere bereits davon, "dass die Arbeit nach Hause zurückkehrt". Allerdings habe Trump selbst keinen Beitrag dazu geleistet, dass US-Unternehmen wieder vermehrt in ihrem Heimatland produzierten. "Die Treiber dieses Prozesses sind Lohnsteigerungen in China verbunden mit Automatisierungsprozessen in den USA", analysierte Dieter.
    Das Interview mit Heribert Dieter steht sechs Monate zum Nachhören für Sie in unserer Mediathek.