Marcelo Diaz vom Hamburger Sport-Verein, Jonas Hoffmann von Borussia Dortmund, oder Jan Kirchhoff von Bayern München: Schon lange vor Öffnung des Transferfensters am 01. Januar werden diese Namen für einen möglichen Wechsel zu einem anderen Verein gehandelt. Dennis Krämer beschäftigt sich in der Redaktion beim Portal "Transfermarkt.de" täglich mit Wechselgerüchten und ihrem Wahrheitsgehalt, und weiß darüber hinaus noch einen Namen, der schon jetzt hoch im Kurs steht:
"Aktuell wird heiß diskutiert über Stuttgarts Shootingstar Didavi und die Frage, ob er im Winter dem Lockruf des VfL Wolfsburg noch folgt, und wechselt. Apropos Wolfsburg: Im vergangenen Winter waren es die Wolfsburger, die mit 35 Millionen weltweit am meisten ausgaben. Dass in der kommenden Wintertransferphase wieder so große Summen in der Bundesliga umgesetzt werden wie im vergangenen Winter, beispielsweise mit dem Schürrle-Transfer, das zeichnet sich aktuell nicht ab."
In der letzten Winter-Transferperiode wurden in der Bundesliga 98 Spieler transferiert, im Sommer 2014 dagegen über 450 Kicker! Das knappe Angebot an Spielern, und die verbindliche Vertragssituation zwischen ihnen und den Vereinen erschweren im Winter die Verhandlungen. Im Gegensatz zum Sommer, wo viele Verträge auslaufen, und der Spieler mit dem aufnehmenden Verein allein verhandeln kann.
Komplizierte Wintertransferzeit
In der Wintertransferzeit sind die Dinge dagegen komplizierter, erklärte kürzlich Deutschlands erster Spielervermittler Manfred Schulte im Deutschlandfunk:
"Das Transferfenster im Januar ist für uns jetzt nicht so besonders wichtig, weil es laufen ja keine Verträge aus. Im Sommer laufen die Verträge zum 30.06 aus. Dann kann man hantieren. Dann gibt es auch nicht so viele Parteien, die mitbestimmen können. Dann gibt es nur den zugehenden Klub und den Spieler, der Entscheidungen trifft. Der abgebende Klub hat dann damit nichts mehr zu tun."
Spielerberater und Trainer bestätigen gleichermaßen: Die Hausaufgaben für eine neue Saison werden im Sommer erledigt. Der Ex-Trainer von Hannover 96 Michael Frontzeck meint auch, dass man die richtig guten Spieler in der Regel im Winter nicht bekomme. Vor allem der kurze zeitliche Vorlauf, um solche Transfers vorzubereiten, mache es schwer, sofort sportliche Verstärkungen zu bekommen. Da müssten schon viele Dinge passen, erklärte er gegenüber bundesliga.de. Diese Erfahrungen hat auch Manfred Schulte in seiner langen Karriere als Spielerberater gemacht:
"Ich bin eh kein Freund von Januar-Transfers, weil es meistens Not-Transfers sind. Entweder ist ein Verein irgendwo in der Bredouille und spielt gegen den Abstieg, oder hat viele Verletzte, dass er noch was dazu holen möchte. Aber unsere Erfahrung ist, dass Transfers im Januar selten sehr erfolgreiche Transfers gewesen sind. Deshalb ist das Transferfenster im Sommer viel, viel wichtiger für unsere Arbeit. Und die Arbeit, die wir jetzt erledigen, die erledigen wir auch für 90 Prozent für den Sommer, und nicht für den Januar."
Winterwechsel adé?
Die Winterwechsel komplett ad acta zu legen, forderte der Teammanager von Arsenal London, Arsene Wenger, schon vor 2 Jahren. Weil er massive Zukäufe während dieser Wechselperiode als Wettbewerbsverzerrung ansah. Da es in England ja keine Winterpause gibt, kann es dort dazu kommen, dass manche Vereine schon Hin- und Rückspiel gegeneinander ausgetragen haben, bevor sich das Wechselfenster überhaupt öffnet.
Wenn dann ein Klub in der Transferperiode groß aufrüstet, tritt er unter Umständen mit einem komplett veränderten Kader die restlichen Spiele gegen die anderen Mannschaften an. Das wollte Arsene Wenger mit der Abschaffung des Wechselfensters verhindern. Dennoch kann es für den Spieler selber durchaus sinnvoll sein im Winter zu wechseln. Entweder weil er lange verletzt war, wegen großer Konkurrenz aussortiert wurde, oder sonst wie aufs Abstellgleis geraten ist. Abgesehen davon, dass auch im Fußball das Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt, wie Ulf Baranowsky von der Spielergewerkschaft VDV erläutert:
"Ein Profi-Fußballer hat wie jeder andere Arbeitnehmer grundsätzlich das Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit. Warum sollte ein Spieler also nach der Vorrunde der Saison nicht zu einem anderen Klub wechseln dürfen, wenn er dadurch sportliche und finanzielle Vorteile hat, und sich die beteiligten Klubs über die Wechselmodalitäten einig sind."
Beschwerde der Spielergewerkschaften
Der weltweite Dachverband der Spielergewerkschaften FIFPro hat vor kurzem deswegen Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Damit soll eine grundlegende Änderung des aktuellen FIFA-Transfersystems im Fußball erwirkt werden, denn Fußballprofis hätten nicht die gleichen Rechte wie andere Arbeitnehmer. So soll bei Transfers während der Vertragslaufzeit im Sinne der freien Arbeitsplatzwahl keine Ablösesumme bezahlt werden müssen. Die deutsche Spielergewerkschaft VDV spricht in dem Zusammenhang gar von einem Berufsverbot, weil arbeitslose Kicker, die in der Winter-Wechselperiode nicht unterkommen, dann erst wieder ab dem 01.07 als Profi kicken dürfen:
"Man stelle sich mal vor, was hier los wäre, wenn die Bäckereien, aus welchen Gründen auch immer, beschließen würden, arbeitslose Bäcker nur noch innerhalb weniger Wochen im Sommer und im Winter einzustellen. Was würden die Beitragszahler der Arbeitslosenversicherung wohl dazu sagen? Und genau deshalb brauchen wir eine Ausweitung der Transfermöglichkeiten für vereinslose Fußballprofis."
Mit dieser Klage ist die Hoffnung verbunden einen weiteren Reformprozess in Gang zu setzen, wie es vor 20 Jahren mit dem berühmten Bosman-Urteil schon einmal gelungen ist. Damals entschied der Europäische Gerichtshof, dass Profifußballer nach Vertragsende ablösefrei zu einem anderen Verein wechseln dürfen. Je nachdem, wie die EU-Kommission die Beschwerde der FIFPro nächstes Jahr bewertet, könnten nicht nur Neuregelungen bei Transfers Einzug in den Profi-Fußball erhalten, sondern auch die wenig beliebte Winter-Wechselperiode völlig neu justiert werden.