Als Neymar Jr. Anfang August als neuer "10er" in Paris im Prinzenpark-Stadion vorgestellt wurde, bebte die französische Hauptstadt. Und nicht nur die…
Auch in der Welt des professionellen Fußballs insgesamt, vor allem in den Finanzabteilungen, wackelten Wände und schlackerten Ohren: Rund 220 Millionen Euro hat der Transfer des 25-Jährigen von Barcelona nach Paris gekostet, einsamer Rekord - wobei das Kleingedruckte des Deals die endgültige Rechnung auf bis zu einer halben Milliarde Euro ansteigen lassen könnte.
"Es steht nicht umsonst in den großen, alten Büchern," sagte Freiburgs Trainer Christian Streich philosophisch.
"Die Macht des Geldes ist grenzenlos."
Financial Fairplay ein stumpfes Schwert
Liverpool-Coach Jürgen Klopp reagierte eher zynisch: "Financial Fairplay ist offensichtlich mehr ein Vorschlag als eine wirkliche Regel."
VfB-Stuttgart-Fan und EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger schimpfte in der "Bild"-Zeitung: Solche Transfersummen seien "wettbewerbsverzerrend".
Woraufhin Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern, die Chance nutzte und von der EU-Kommission gleich mal einen Sonderstatus für den Fußball einforderte. Damit ähnlich wie in den USA Gehaltsobergrenzen festgelegt werden können, so Rummenigge im Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Die EU-Kommission haben diesen Vorschlag schon einmal abgelehnt, erklärte Rummenigge. Aber das sei vor dem Neymar-Wahnsinn gewesen, vielleicht sei Brüssel jetzt gesprächsbereit.
Gehaltsobergrenzen? Spielergewerkschaft ist skeptisch
"Da gibt es viele Probleme, die dem entgegenstehen."
sagt Jonas Baer-Hoffmann von der Spielergewerkschaft FIFPRo. Einerseits das Wettbewerbsrecht, dass nicht mal eben den Regeln des Fußballmarktes angepasst werden könne.
"Es geht auch gegen das Interesse, eine sinnvolle Lösung zu finden. Weil die Gehälter nur ein Anteil an der Problematik sind." Hoffmann befürchtet, dass das Geld, das mit Gehaltsobergrenzen bei den Spielern gespart wird, am Ende in noch viel höhere Transfersummen und Boni für Berater fließt. Und damit vom eigentlichen Problem ablenkt.
"Die Tatsache ist ja, dass wir eine immer größere Ungleichheit an Geld haben, das verschiedenen Clubs und Ligen zur Verfügung steht."
Reiche Elite verzerre den Wettbewerb
Diese reiche Elite des Sports, so Fußballgewerkschafter Hoffmann, nutze das Geld, um mit hohen, teils völlig unrealistischen Transfersummen, die mittelgroßen und kleinen Konkurrenten quasi auszusperren. Und dank stark regulierter Spielerverträge.
"Wann kann ich meinen Arbeitgeber wechseln? Wieviel muss ich dafür zahlen? Und die Tatsache, dass es immer nur befristete Verträge gibt."
Einen Sonderstatus habe der Fußball damit schon.
"Und nur deswegen kann er den Transfermarkt so betreiben, wie er es momentan tut."
Dagegen hat die FIFPRo schon 2015 Reformen verlangt und eine Beschwerde bei der Kommission eingereicht - die dort derzeit auch noch geprüft wird, Ende offen.
UEFA-Chef Ceferin will mit Brüssel über Gehaltsobergrenzen sprechen
Vielleicht gibt es ja im September etwas Neues. Dann will nämlich der neue UEFA-Chef Aleksander Ceferin in Brüssel vorstellig werden, um über Gehaltsobergrenzen im Profifußball zu reden. Das bestätigte die UEFA auf Nachfrage des ARD-Studios Brüssel. Mit wem genau sich Ceferin treffen will, ist bisher aber noch unklar. Allerdings hat der Slowene die wachsende Ungleichheit im Fußballgeschäft zum Kernthema seiner Amtszeit gemacht.
Die EU-Kommission jedenfalls hat sich schon gesprächsbereit gezeigt. Und sogar vorgearbeitet: Schon 2013 hat sie mit einer unabhängigen Studie große Mängel im Transfermarkt festgestellt. Und Lösungen vorgeschlagen. Eine davon: eine Gehaltsobergrenze bei Spielerverträgen.