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Transmediale Kunst

In Frankfurt hat sich mittlerweile viel Kreativwirtschaft angesiedelt. Mit dem Festival B3 sollten die Kompetenzen gebündelt und sichtbarer gemacht werden. Ein Schwerpunkt waren Werke, die verschiedene Medien wie Filme und soziale Netze nutzen.

Von Pascal Fischer | 04.11.2013
    Gesichtsfeldfüllend breitet sich ein Fantasieurwald vor dem Auge aus. Auf der Innenseite einer halbkugelförmigen Leinwand. Erhaben, der Anblick von "fulldome-Filmen", zum ersten Mal in Frankfurt zu erleben. Vieles gab es auf der B3 zu sehen: Soundwalks, also hörspielunterfütterte Spaziergänge, begehbare Kunstwerke, Filmvorführungen, Vorträge, kurzum, einen multimedialen Mix aus alten und neuen Künsten, kündigte schon der Leiter, Bernd Kracke, vor der ersten B3 Ausgabe an.
    "Es gibt Filmfestivals, Videokunstfestivals ... Wir sind ein Format, das diese Grenzen überschreitet und auch diesen genreübergreifenden Dialog fördert. Das ist einzigartig."

    Die interessantesten Veranstaltungen widmeten sich den Themen "Transmedia und neues Erzählen" ganz praktisch: Ein Talentmarkt in den Römerhallen mit Pitches und Wettbewerben.

    Die Macher des Transmedia-Krimis "Auriga" räumten gleich mehrere Förderpreise ab. Sie konzipierten ein Geflecht aus Webseiten, Filmen, Socialweb-Profilen, in denen die Spieler über Verbrechen in der Frankfurter Bankenwelt recherchieren. Brauchen solche Transmedia-Autoren noch Nachhilfe, wo sie sowieso hoch spezialisierte Medienstudiengänge in der Region belegen? Ja, sagt Lars Möller, einer der Auriga-Schöpfer.
    "Auf jeden Fall kann man noch was lernen. Wir bekamen viel Input von den Profis!"

    Und davon waren einige da. Der Theatermacher Robert Wilson oder die Autoren des interaktiven "Tatorts Plus" gaben dem Nachwuchs in Workshops Tipps. Denn darüber, wie viel Arbeit transmediale Kunst macht, darf man sich keine Illusionen machen, etwa bei Alternate Reality Games, komplexen Schnitzeljagden, bei denen Internet, Facebook und Twitter miteinbezogen werden und bei denen verschiedene Erzählstränge möglich sind, erzählte etwa Dirk Springenberg, der solche Aktionen in der politischen Bildung einsetzt:

    "Wir haben zehn bis 40 Laiendarsteller. Wir haben zwei bis vier Spielleiter vor Ort und Supportleute vor Ort."

    Transmedia scheint, diesen Eindruck konnte man auf der B3 gewinnen, mittlerweile "state of the art". Drunter geht nichts mehr, kann das Museum also dichtmachen? Im Gegenteil: Mehr als ein Dutzend Museen und Galerien beteiligten sich an der B3. Im Frankfurter Kunstverein sah man unter anderem Videos der jungen Künstlerin Eva Weingärtner: Hier knutscht ein Gesicht sein Spiegelbild – entstanden 2010, kurz vor der Ära des massenhaften Sich-selbst-Fotografierens mit Smartphones.

    "Das ist ja erst in den letzten drei Jahren ausgebrochen als Infekt. Was passiert mit uns Menschen, wenn wir uns ständig bespiegeln? Ist das gesund? Ich glaub nicht."

    Immersion ist ein Zauberwort neben Transmedia – der Betrachter bleibt nicht mehr außen vor, sondern wird zum Mitspieler. Teilweise eben schon früher reflektiert in der Videokunst! Ein stolzer Blick zurück in die Radioarchive lohnt sich, auch für das Radio, dem Symbol für angeblich veraltete Einkanalmedien.

    Schon 1969 ließ Richard Hey in seinem Hörspiel "Rosie" nämlich Anrufer über den Fortlauf der Handlung bestimmen und lieferte mit dieser Interaktion quasi Transmedia, bevor das Modewort aufkam, erzählte Sabine Breitsameter, Professorin für Sound und Medienkultur in Darmstadt in einem Vortrag.

    "Man sollte wissen, dass das Radio so anfangen hat, seine Erzählweisen zu öffnen, um einfach mediengerecht zu sein!"

    Rund 15000 Besuchern gefiel der trans- und crossmediale Rundumschlag. Und der Anzugträgerstadt Frankfurt ist zu wünschen, dass auch 2015 die Innenstadt wieder mit einem so bunten Völkchen bereichert wird.