Nicht an der Forschung beteiligte Transplantationsmediziner sprechen von einem "bedeutenden Schritt" oder einem "Meilenstein" für die Xenotransplantation. Auch der emeritierte Herzchirurg Bruno Reichert, der die Operationen durchführte, ist mit den Ergebnisse seiner neuesten Studie zufrieden. Dabei musste auch er in den letzten 20 Jahren viele Rückschläge hinnehmen. Bei der Transplantation von Schweineherzen in Paviane hatte er zunächst Methoden verwendet, wie sie sich in der medizinischen Transplantation bewährt hatten.
"Man kann diese Methoden, die man beim Menschen mit großem Erfolg durchführt, wenn man Organe mit kalter Lösung durchspült, und dann auf Eis legt, da funktionieren die Schweineherzen nicht. Das war eigentlich ein Desaster."
Schweineherz muss "in Bereitschaft" bleiben
Bruno Reichart entwickelte einen anderen Weg. Statt die Organe nach der Entnahme aus dem Schwein auf Eis zu legen und zu kühlen, schloss er sie an eine Herz-Lungen-Maschine an. Das Herz wurde nicht stillgelegt, sondern blieb in Bereitschaft.
"Das Organ wird sofort durchspült mit proteinhaltiger Lösung. Da sind rote Blutkörperchen drin, die Sauerstoff transportieren. Es sind Nährstoffe und Hormone darin. So wird das Herz präserviert. Erst dann holen wir den Empfänger und machen die Transplantation in aller Ruhe."
Keine Blutkonserven für Paviane
Bei den Operationen musste der 75-jähre Pionier der Transplantationsmedizin äußerst sorgsam vorgehen. Paviane sind nun einmal kleiner als Menschen, und es gibt keine Blutkonserven zur Sicherheit, wenn bei der Operation etwas schiefläuft. Da hieß es: Genau so konzentriert und noch vorsichtiger sein, als bei der Operation eines Menschen. Nur so war es möglich, dass die meisten Paviane überlebten.
"Sie machen dann die Klemme auf. Die Klemme muss sitzen, sonst würde der Empfänger verbluten, weil man die Aorta durchschneiden muss. Dann wird das Herz rosig, fängt an zu schlagen, und das ist ein tolles Erlebnis."
Vier von fünf Pavianen, die im letzten Teil der Studie operiert wurden, haben die Operation mindestens drei Monate überlebt. Das Schweineherz hatte funktioniert und Blut durch den Paviankörper gepumpt. Diese drei Monate Überlebenszeit werden von den Behörden verlangt, bevor eine Methode am Menschen getestet werden kann.
Wann kommen die Versuche am Menschen?
Zwei der Tiere überlebten noch länger. Ein Pavian hatte zum Zeitpunkt als die Studie zusammengefasst wurde 195 Tage überlebt. Das ist mehr als ein halbes Jahr Überlebenszeit, ein weltweiter Rekord. Die anderen Tiere haben nicht überlebt. Eines starb an Thrombose, die anderen wurden später von den Wissenschaftlern getötet und obduziert. Die Forscher wollten wissen, ob es Nebenwirkungen gab, ob das Herz gut angewachsen war und ob Schweineviren in den Körper der Empfänger gelangt waren. Die Ergebnisse waren zufriedenstellend und die Münchener Forscher sind optimistisch.
Nun stellt sich die Frage nach ersten klinischen Versuchen am Menschen. Einige Tierversuche sind noch notwendig, meint der Chirurg Bruno Reichart, bevor die ersten Menschen ein Schweineherz erhalten: "Das Ziel, das man sich setzt, ist, dass sechs Tiere von zehn lange Zeit überleben, das haben wir noch nicht erreicht. Wir haben erst vier von fünf. Und letztendlich wird uns das zwei Jahre schwer beschäftigen, und wenn Sie dann noch ein Sicherheitsjahr hinzutun, dann könnte man so weit sein. Dann könnte es losgehen."