Unterricht in der Klasse Ü8 an der Mittelschule Allach bei München. Zehn Nationalitäten in einem Klassenzimmer. Vor der Tafel steht Lehrerin Vera Schmelz.
"Ich hab aktuell 20 Schülerinnen und Schüler, davon 14 Jungs. Von diesen sind zehn UMFs, also unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Die sind ohne Eltern gekommen, teilweise auf langen Wegen. Etwa Eritrea, Somalia."
Sie kann oft nur ahnen, was die Schüler auf ihrer Flucht erlebt haben.
"Ich hab aktuell 20 Schülerinnen und Schüler, davon 14 Jungs. Von diesen sind zehn UMFs, also unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Die sind ohne Eltern gekommen, teilweise auf langen Wegen. Etwa Eritrea, Somalia."
Sie kann oft nur ahnen, was die Schüler auf ihrer Flucht erlebt haben.
"Die sind über Äthiopien und Libyen geflohen, zum Teil zwei Jahre lang. Und hatten da sehr traumatische Erlebnisse."
Um herauszufinden, was ihre Schüler belastet, sucht Vera Schmelz Hinweise …
" … zum einen in der Akte. Was aber selten ist. Zum anderen in den betreuenden Wohngruppen. Oder – auch der Fall in den letzten Wochen – im Schullandheim, wo die Schüler sich geöffnet haben und mir das aus eigenen Stücken erzählen."
" … zum einen in der Akte. Was aber selten ist. Zum anderen in den betreuenden Wohngruppen. Oder – auch der Fall in den letzten Wochen – im Schullandheim, wo die Schüler sich geöffnet haben und mir das aus eigenen Stücken erzählen."
"Wir sind Lehrer, keine Psychologen"
Es ist für die Lehrer schwierig, mit den Schicksalen der Flüchtlingskinder behutsam umzugehen. Gerade in Flüchtlingsklassen geraten sie oft an ihre Grenzen, sagt Tommi Neckov vom Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrer-Verband, BLLV:
"Wir sind als Lehrer Pädagogen. Keine Psychologen. Wir können das gar nicht aufarbeiten mit den Kindern. Es ist erstens die Sprachbarriere da. Wir bräuchten einen Dolmetscher, um das aufzuarbeiten. Sprich, wir stehen da selbst ein bisschen ratlos da. Und müssen die Kinder so nehmen, wie sie sind. Mitnehmen, wie sie sind."
"Wir sind als Lehrer Pädagogen. Keine Psychologen. Wir können das gar nicht aufarbeiten mit den Kindern. Es ist erstens die Sprachbarriere da. Wir bräuchten einen Dolmetscher, um das aufzuarbeiten. Sprich, wir stehen da selbst ein bisschen ratlos da. Und müssen die Kinder so nehmen, wie sie sind. Mitnehmen, wie sie sind."
Lehrer nicht für traumatisierte Flüchtlingskinder ausgebildet
Denn Schulpsychologen sind in Bayern die Ausnahme. Das Kultusministerium sieht sich nicht in der Pflicht. Denn, so Sprecher Henning Gießen:
"Aufgabe der Schulen ist es erst mal, Unterrichts-Angebote für die Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Damit die gut in Schule und Beruf starten. Ich glaub‘, das ist die entscheidende Aufgabe. Wie mit schwer traumatisierten Kindern umgegangen werden kann, ist eine ganz besondere Aufgabe. Da kann man nicht auf die Schule gucken und sagen, das muss die Schule lösen."
Aber wer dann? Die Kommunen? Denen fehlt selbst in Bayern oft das Geld. Vieles bleibt an den Lehrern hängen. Und die fühlen sich zunehmend überfordert.
"Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich begrüße Sie zu unserem Fortbildungstag 'Umgang mit Flüchtlingskindern – wie Integration gelingt'."
Ein Lehrer-Seminar im unterfränkischen Schweinfurt. Der Schul-Psychologe Hans-Joachim Röthlein konfrontiert die Teilnehmer mit grausamen Bildern von toten Kindern und schwer verletzten Menschen.
"Ich bitte Sie, die Bilder anzuschauen und hinterher eine Frage zu beantworten: Nämlich die Frage: Was löst das in Ihnen aus, wenn Sie die Bilder sehen?"
"Aufgabe der Schulen ist es erst mal, Unterrichts-Angebote für die Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Damit die gut in Schule und Beruf starten. Ich glaub‘, das ist die entscheidende Aufgabe. Wie mit schwer traumatisierten Kindern umgegangen werden kann, ist eine ganz besondere Aufgabe. Da kann man nicht auf die Schule gucken und sagen, das muss die Schule lösen."
Aber wer dann? Die Kommunen? Denen fehlt selbst in Bayern oft das Geld. Vieles bleibt an den Lehrern hängen. Und die fühlen sich zunehmend überfordert.
"Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich begrüße Sie zu unserem Fortbildungstag 'Umgang mit Flüchtlingskindern – wie Integration gelingt'."
Ein Lehrer-Seminar im unterfränkischen Schweinfurt. Der Schul-Psychologe Hans-Joachim Röthlein konfrontiert die Teilnehmer mit grausamen Bildern von toten Kindern und schwer verletzten Menschen.
"Ich bitte Sie, die Bilder anzuschauen und hinterher eine Frage zu beantworten: Nämlich die Frage: Was löst das in Ihnen aus, wenn Sie die Bilder sehen?"
"Das übersteigt mein Vorstellungsvermögen."
"Es übersteigt, wie Sie sagen, das Vorstellungsvermögen. Also so ganz können wir gar nicht in die Erlebniswelt der Kinder und Jugendlichen vordringen. Sie müssen keine Diagnose stellen. Wichtig ist es, genau zu beobachten, beschreiben und notieren. Und dann holen Sie einen Fachmann dazu."
Da schütteln viele Seminar-Teilnehmer mit dem Kopf.
"Was nützt mir das, wenn ich das so erkenne und frage nach beim Schulpsychologen – und dann heißt es: Ja, in drei Wochen, von elf bis zwölf, hab‘ ich einen Termin."
Da schütteln viele Seminar-Teilnehmer mit dem Kopf.
"Was nützt mir das, wenn ich das so erkenne und frage nach beim Schulpsychologen – und dann heißt es: Ja, in drei Wochen, von elf bis zwölf, hab‘ ich einen Termin."
"Es kam noch keiner zu mir. Ich bin hier seit Anfang des Schuljahres - und fühl mich alleingelassen teilweise. Es kommt ja keiner."
Und das wird sich wohl in absehbarer Zeit nicht bessern. Zwar hat die bayerische Staatsregierung seit Januar 1700 neue Lehrerstellen für Flüchtlingskinder geschaffen. Schulpsychologen sind aber kaum darunter. Das bayerische Kultusministerium verweist auf e-learning-Konzepte und Lehrer-Fortbildungen. Ob das reicht?