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Treffen der EU-Innenminister
Verwirrung um Verteilung von Flüchtlingen

100 syrische Flüchtlinge pro Monat werde man aufnehmen: Das verkündete Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Die seit Wochen diskutierte Frage schien geklärt, zumindest für Deutschland. Bis am Ende des Treffens der EU-Innenminister feststand: Es gibt noch keine festgelegte Verteilung.

Von Thomas Otto |
    Bundesinnenminister Thomas de Maizière beim Treffen der EU-Innenminister
    Bundesinnenminister Thomas de Maizière beim Treffen der EU-Innenminister (picture alliance/dpa/Julien Warnand)
    Wer nimmt wann wie viele Syrien-Flüchtlinge aus der Türkei auf? Über diese Frage herrscht innerhalb der EU seit Wochen Unklarheit. Und auch die Innenminister konnten sich nun bei ihrem Treffen nicht einigen. Zumindest
    Die Innenminister der EU haben sich nicht darauf geeinigt, welches Land wie viele syrische Flüchtlinge aus der Türkei aufnehmen soll. Im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens soll ja für jeden syrischen Flüchtling, der aus Griechenland abgeschoben wird, ein Syrer aus der Türkei aufgenommen werden. Im Vorfeld des Gipfels kursierte ein Papier der niederländischen Ratspräsidentschaft, das eine Verteilung haarklein aufschlüsselte.
    Umso größer dann das Erstaunen der versammelten Presse, als Luxemburgs Migrationsminister Jean Asselborn erklärte: "Es wird in der Europäischen Union zu viel und schlecht geleaked. Und dann kommen all diese Störungen vor. Ich weiß, dass wenn eine Agentur das schreibt, dass das dann selbstverständlich auch ernst genommen wird. Das ist auch gut so. Aber das entspricht nicht der Realität, denn wir haben überhaupt nicht darüber gesprochen. Kein Mensch hat heute in Luxemburg darüber gesprochen."
    Zumindest nicht während des Treffens der Minister. Am Morgen hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière allerdings erklärt: "Die Verteilung derjenigen, die aus der Türkei kommen, sollen im Rahmen der EU-Türkei-Verhandlungen, da wird es sicher am Rande heute Gespräche geben. Die Zahlen sind ja nicht so hoch. Das ist auch gut so."
    Einhundert Syrer pro Monat?
    Einhundert Syrer pro Woche werde man aufnehmen bis zu einer Obergrenze von 1.600. Direkt im Anschluss korrigierte ein Sprecher: Einhundert Syrer pro Monat! Die Verwirrung war perfekt. Den ganzen Tag über kursierten verschiedenste Zahlen, bis am Ende feststand: Es gibt keine festgelegte Verteilung. Bisher ist unklar, ob diese tatsächlich - wie von Jean Asselborn erklärt - gar nicht diskutiert wurde. Oder ob das Papier der Niederländer auf so großen Widerstand stieß, dass es direkt zu Beginn beerdigt wurde.
    Innenminister de Maizière soll bereits, bevor das Thema auf den Tisch kam, die Sitzung aus Zeitgründen verlassen haben. Auch für eine Erklärung gegenüber der Presse blieb keine Zeit. Der niederländische Migrationsminister Klaas Dijkhoff bestätigte jedenfalls: Einige Mitgliedsstaaten haben sich bereit erklärt, weitere Syrer aufzunehmen.
    Streit bei der Reform des Dublin-Systems
    Bei anderen Themen wurde es dann konkreter. Es habe eine große Zustimmung zum Europäischen Grenz- und Küstenschutz gegeben, erklärte Dijkhoff. Das Projekt solle schnellstmöglich gestartet werden - am besten noch im Sommer. Jetzt muss sich der Rat mit dem Parlament darauf einigen.
    Deutlich mehr Streit gibt es bei der Reform des Dublin-Systems: "Wir sind uns alle einig, dass das jetzige System nicht funktioniert und es so nicht weitergehen kann", so Dijkhoff. Uneinig ist man sich hingegen, ob Dublin um eine Notfallklausel erweitert werden soll - also dass Ländern wie Griechenland, wo besonders viele Flüchtlinge ankommen, diese zum Teil abgenommen werden. Oder ob das System generell mit einem Verteilungsschlüssel ausgestattet wird. Der Streit darum dürfte noch andauern. Ungarn stellte heute einen Gegenentwurf vor, nach dem gar keine Flüchtlinge mehr in der EU aufgenommen werden sollen.