Angesichts der schleppenden Verhandlungen über die griechische Reformliste wird der Ton innerhalb der Eurofinanzminister zunehmend schärfer. So musste sich der griechische Finanzminister Jannis Varoufakis beim informellen Treffen in Riga von seinen 18 Amtskollegen harsche Kritik gefallen lassen. Nach Angaben von Teilnehmern sei Varoufakis dabei auch persönlich als "Zeitverschwender" und "Spieler" angegriffen worden. Offiziell klingt das zwar etwas freundlicher, aber nicht weniger deutlich. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem:
"Es gab wohl zuletzt Fortschritte, aber wir sind noch immer weit von einem Durchbruch entfernt. Wir sind uns alle bewusst, dass die Zeit davon läuft - es müssen jetzt endlich substanzielle Fortschritte erzielt werden."
Fehlende Reformliste
Weiterhin fehlt eine umfassende Reformliste, die aber wiederum Voraussetzung ist für die Auszahlung der noch ausstehenden 7,2 Milliarden Euro an Hilfsgeldern. Dabei wurde in Riga erneut klar, dass die Eurogruppe nur einer Paketlösung zustimmen wird. Eine vorherige Auszahlung von kleineren Subtranchen zur Überbrückung der griechischen Finanznöte, wie von Athen verschiedentlich gefordert, schloss Dijsselbloem aus. Doch auch die EU-Kommission, anfangs der griechischen Linksregierung durchaus gewogen, wird zunehmend ungeduldiger. EU-Währungskommissar Pierre Moskovici:
"Die Zeit wird zunehmend knapp. Wir alle wollen eine Einigung. Lassen sie uns deshalb einen Gang hochschalten und diesen Prozess erfolgreich zu Ende bringen. Im Interesse aller Europäer."
Denn viel Zeit bleibt nicht mehr: Ende Juni läuft das zweite Hilfsprogramm aus, bis dahin muss also eine Einigung gefunden werden. Dabei wird angesichts der griechischen Finanznöte längst über ein drittes milliardenschweres Hilfspaket spekuliert. Doch an konkrete Verhandlungen, so Dijsselbloem, sei derzeit nicht zu denken:
"Eigentlich müssten die Gespräche über die Zeit danach beginnen. Aber klar ist, dass wir jetzt erst das laufende Hilfsprogramm abschließen müssen. Auch als vertrauensbildende Maßnahme für die Zeit nach dem Juni."
Varoufakis unbeeindruckt
Varoufakis selbst zeigte sich nach außen hin unbeeindruckt. Es gebe zwar noch erhebliche Differenzen, räumte der griechische Finanzminister ein. Dabei geht es etwa um die von den Institutionen, also der Extroika geforderte Rentenkürzungen, die Höhe der Freibeträge bei Zwangsvollstreckungen von Immobilien und die weiteren Strukturreformen. Und doch sei er zuversichtlich:
"Wir sind uns alle einig, dass es nicht einfach ist, eine Vereinbarung zu erreichen. Aber das wird passieren, weil es keine andere Option gibt."
Eine Einschätzung, die angesichts der Hängepartie um die Reformliste wohl nicht mehr alle Ressortkollegen teilen wollen. Gleichzeitig ist weiterhin unklar, wie lange sich die griechische Regierung finanziell noch über Wasser halten kann. Nach Angaben von Diplomaten gibt es auch beim notwendigen Datenaustausch kaum Fortschritte. Auch wenn es grundsätzlich heißt, dass die Finanzierung der Regierungsgeschäfte zumindest in den nächsten Wochen wohl sichergestellt ist.