Wenn der amerikanische Präsident einen Truppenrückzug aus einem Mitgliedsland plant, ohne vorher darüber zu informieren oder sich auch nur abzusprechen und das ganze unverblümt als Strafaktion verkauft, dann lässt das die NATO bestimmt nicht kalt. Selbst wenn eine Verlegung von Truppen innerhalb Europas keine gravierenden Folgen für die Verteidigungsfähigkeit hätte. Eine bilaterale Vereinbarung, aber die US-Präsenz in Deutschland ist natürlich relevant für das ganze Bündnis.
Wer zwischen den Zeilen lesen wollte, der konnte gestern beobachten, dass sich der NATO-Generalssekretär nicht wie in anderen Fällen ohne Zögern an die Seite der USA stellte, sondern wortreich die Bedeutung der US-Truppen in Europa betonte. Jens Stoltenberg spricht für das ganze Bündnis, und das Unbehagen nicht nur in Deutschland dürfte ihm bewusst sein. Offenbar hatte er Trump am Telefon noch mal erklären müssen, weshalb seine Soldaten in Europa sind, nämlich nicht in erster Linie zur Verteidigung der Deutschen.
Nichts ist bisher entschieden
Die NATO als amerikanische Machtprojektion. Diese Grundüberzeugung galt vielen Militärs als Hauptgrund, weshalb der unberechenbare Präsident das Bündnis schon nicht in Frage stellen würde. Doch Trumps unabgestimmte Schachzüge können indirekte politische Konsequenzen haben, lassen sie doch Zweifel an der Einheit und Abstimmungsfähigkeit des Bündnisses aufkommen, so eine Befürchtung der Kritiker von Trump. Doch nichts ist bisher entschieden, wie und wann die Pläne umgesetzt werden, war gestern selbst der US-Botschafterin beim Bündnis nicht klar.
Soweit wir wissen, sagte Kay Bailey Hutchison, der Präsident hat das Militär beauftragt die Truppenstärke in Europa zu prüfen und zu schauen wo sie am besten der Verteidigung und Abschreckung in Europa dient.
Eine Truppenanpassung oder Verlegung ist nicht ungewöhnlich
Kein Zeitplan bisher und nichts sei in Beton gegossen. Das war die zweite Beobachtung gestern: Selbst die US-Botschafterin bei der NATO war erschreckend wenig über die Pläne informiert. Sie gab sich alle Mühe, Deutschland als starken Partner zu loben, der inzwischen auch mehr für Verteidigung ausgibt und eine wichtige Rolle bei den Einsätzen in Afghanistan und im Irak spielt.
Eine Truppenanpassung oder Verlegung ist nicht ungewöhnlich, auch die Briten haben tausende Soldaten aus Deutschland abgezogen. Vor allem ist es wieder einmal der Stil, der für so viel Wirbel sorgt. In einer Zeit, in der die NATO ihre eigene Verteidigungsfähigkeit zu stärken sucht.
Sie wird heute unter anderem Reaktionen auf die neuen russischen Marschflugkörper beschließen, die Russland an seiner Westgrenze stationiert hat. Es ist ein Paket mit Maßnahmen, unter anderem soll die konventionelle Luftverteidigung ausgebaut und mehr Übungen eingeplant werden. Wie der geplante US-Teilabzug aus Deutschland in dieses Konzept passt, dürfte heute bei der NATO ein Thema sein.