Dirk-Oliver Heckmann: 38,5 Grad Celsius – das ist bisher Hitzerekord in einem Juni, aufgestellt 1947. Und heute soll er geknackt werden. Es könnte ein schlechtes Omen sein, dass ausgerechnet heute der Deutsche Bauerntag beginnt. Denn wenn der Sommer weiter so heiß bleibt, wird es die Bauern noch härter treffen als vergangenes Jahr. Ursula Mense aus unserer Wirtschaftsredaktion: Der Bauerntag steht unter dem Motto: Wandel braucht Verlässlichkeit. Kann das helfen gegen die befürchtete Dürre?
Ursula Mense: Ja - in gewisser Weise. Denn da steckt zweierlei drin: Man will - ob aus der Notwendigkeit geboren oder aus Einsicht – den Wandel in der Landwirtschaft. Aber den dann doch mit staatlicher Hilfe im Rücken. Das heißt aus Sicht des Deutschen Bauernverbands: Die Politik soll verlässliche Rahmenbedingungen schaffen, damit beim Wandel hin zu einer nachhaltig ökologischen Landwirtschaft die Ökonomie nicht zu kurz kommt.
Dass sich der Verband inzwischen aber überhaupt zu einem solchen Wandel bekennt, hat natürlich mit den Klimaveränderungen und den bedrohlichen Wetterkapriolen zu tun. Und insofern kann der Wandel, wenn er denn richtig gemacht wird, helfen.
Die Klimakrise bedeutet ja nicht unbedingt nur bedrohliche Hitzewellen mit Dürre. Im Gegenteil: Wir haben sintflutartige Überschwemmungen, heftige Unwetter erst gerade am vergangenen Wochenende in großen Teilen Italiens erlebt, in der Schweiz. Also das Merkmal ist eher: Unberechenbarkeit des Wetters. Und dem muss man in der Landwirtschaft anders begegnen als bisher. Wenn Bauernpräsident Rukwied ankündigt, die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft bis 2030 um 30 Prozent zu senken und sagt: Die Landwirtschaft sei Teil der Lösung, dann stimmt das. Kleine Ergänzung: sie ist - mit rund 60 Prozent der gesamten Methan-Emissionen in Deutschland – aber eben auch Teil des Problems.
Monokulturen und Diversifizierung
Heckmann: Wie könnten die Lösungen denn aussehen, zu der die Landwirtschaft beitragen kann?
Mense: Eine ist: weg von den Monokulturen und hin zu mehr Diversifizierung. Das heißt aus Sicht vieler Forscher, die daran arbeiten: Wir brauchen individuelle Lösungen, weil sich eben auch der Klimawandel nicht nur auf eine Weise zeigt. Auf den Ackerbau bezogen würde das bedeuten: Es müssen, angepasst an die jeweilige Region, die richtigen Arten für den Anbau gefunden und gezüchtet werden. Oder, wie es ein Bauer in der Oberlausitz versucht, der alte Saatgutsorten sucht, die dem Klimawandel trotzen und der nebenbei als Konsequenz aus der Dürre im vergangenen Jahr, seinen Raps jetzt im Winter anbaut.
Oder man setzt Bäume mitten in die Felder. Die sind ein prima Windschutz, schützen vor der Sonne und helfen gegen die Erosion der Böden. Diese Kombi nennt man Agrarforstwirtschaft, kennt man aber eigentlich schon aus Südeuropa.
Möglich wäre das auch in unseren Breiten, sagen die Fachleute. Allerdings erfordert das mehr Wissen aus der Forstwirtschaft, denn man kann auch die falschen Pflanzen kombinieren. Also Sie merken: Das ist komplex. Aber genau dahin müsste sich die Landwirtschaft entwickeln.
Heckmann: Und bis es soweit ist, gibt es in diesem Jahr wieder Dürrehilfen?
Mense: Ja, das könnte passieren, wenn es so heiß bleibt. Aber die gleichen nur punktuell einen finanziellen Schaden aus oder mildern ihn. Langfristig brauchen wir anderes. Mal abgesehen davon, dass viele Kritiker der Dürrehilfen, sie für ungerecht halten, weil sie zu Wettbewerbsverzerrungen führten.