Der Dialog in Doha hat hinter verschlossen Türen stattgefunden, rund 60 Afghanen unter sich, mit ausländischen Mediatoren. Die Teilnehmer, die sich nun auf Twitter oder in Interviews äußern, berichten vor allem eins: menschlich sei es zu gegangen. Das haben die verfeindeten Parteien seit Jahrzehnten wohl kaum übereinander sagen können. Bei fast allen seien auch Tränen geflossen, als persönliche Geschichte ausgetauscht wurden. Denn die Anwesenden haben allesamt Verwandte, Freunde oder Kollegen im Krieg verloren. Auch während die Afghanen in Doha miteinander gesprochen haben, sind in Afghanistan weiter Menschen getötet und verletzt worden. Die Teilnehmer auf der Konferenz hätten sich nun gemeinsam das Ziel gesetzt, dass es in Zukunft keine zivilen Opfer mehr geben soll. Dabei bleibt die Frage, wie bindend dieses Vorhaben ist. Der Sprecher der Taliban, Suhail Shaheen sagte:
"Das sind keine offiziellen Verhandlungen gewesen. Das waren informelle Gespräche. Aber unsere Absichtserklärung ist eine moralische Verpflichtung auf allen Seiten. Jeder möchte zivile Opfer vermeiden und alle fordern, dass die ausländischen Truppen unser Land verlassen sollen."
Aus Kabul waren auch mehrere Frauen nach Doha gereist. Im Rahmen der islamischen Werte, so sagten es die Taliban, würde aus ihrer Sicht nichts dagegen sprechen, die Rechte der Frauen im Land aufrechtzuerhalten. Die afghanische Abgeordnete Anarkali Honaryar, war, wie alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, als Privatperson bei dem Treffen anwesend.
Extremisten, Aktivistinnen, Politiker, junge studierte Afghanen
Die Taliban lehnen es bislang weiterhin ab, offiziell mit Regierungsvertretern zu sprechen. "Aber hier gemeinsam an einem Tisch zu diskutieren, vor allem auch, dass Frauen anwesend sein konnten, das ist schon eine große Chance", sagt die Abgeordnete nach der Konferenz im afghanischen Fernsehen. "Aber nur die Zeit wird zeigen, ob sich die Taliban auch daran halten, was sie hier gesagt haben. Dennoch, dass wir hier alle zusammen gesessen haben und über unsere grausamen Erfahrungen reden konnten, die wir erleiden mussten, auch als sie in Afghanistan geherrscht haben, allein das ist schon eine gute Entwicklung."
Miteinander reden, statt aufeinander zu schießen. In einem Ballsaal fern der Heimat, ohne die Angst im Nacken zu haben, dass eine Bombe explodieren könnte. Die Teilnehmer: Extremisten, Aktivistinnen, Politiker, junge studierte Afghanen. Wie der junge Chef des Fernsehsenders Tolo News, Lotfullah Najafizada. Bei einem Selbstmordanschlag der Taliban hat er sieben seiner Mitarbeiter verloren. Ein Foto in den Sozialen Netzwerken zeigt ihn im angeregten Gespräch mit Vertretern der Taliban. Najafizada im westlichen Anzug, die Taliban im traditionellen Outfit. Der Bruder des Journalisten hat das Foto gepostet und dazu geschrieben:
"Mein Bruder berichtet Führern der Taliban darüber, was sich in unserem neuen Afghanistan alles gewandelt hat. Früher haben er und ich uns hinter unserer Mutter verstecken müssen, als die Taliban bei uns die militanten Truppen angeführt hatten. Jetzt ist die Zeit gekommen, zu argumentieren und Gedanken auszutauschen."
Diese Gespräche sollen bald fortgesetzt werden. Heute allerdings werden sich nun wieder Vertreter der Taliban mit den USA zusammensetzen, um über einen Abzug der Truppen, über Terrorbekämfpung in Afghanistan und einen Waffenstillstand zu verhandeln.