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Treffen Schröder-Putin
Mützenich: Bilder haben eine Botschaft

Das Treffen zwischen Alt-Kanzler Gerhard Schröder und Vladimir Putin stößt auf heftige Kritik. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, stellte im Deutschlandfunk jedoch klar, dass es sich dabei um ein privates Treffen gehandelt habe. Dennoch sei er davon überrascht gewesen.

Rolf Mützenich im Gespräch mit Friedbert Meurer |
    Blick auf mehrere Personen, unter anderem der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder.
    Mützenich: Wenn solche privaten Gespräche zu einer Lösung des Konflikts führen, sind sie zumindest noch hilfreich. (Anatoly Maltsev, dpa picture-alliance)
    Friedbert Meurer: Darf der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin befreundet sein? Dagegen ließe sich wohl prinzipiell nichts sagen. Die beiden haben sich eben als Chefs ihrer beiden Staaten kennen und schätzen gelernt. Aber Schröder arbeitet seit Jahren indirekt für Gazprom. Er hat jetzt Putins Einmarsch auf der Krim verteidigt mit dem Hinweis, auch er selbst habe damals im Kosovo das Völkerrecht gebrochen.
    Gestern Abend gab es eine herzliche Umarmung zwischen den beiden in St. Petersburg – eine Szene, die seitdem für etliche Aufregung sorgt.
    Die brüderliche Umarmung gestern zwischen Altkanzler Gerhard Schröder und Wladimir Putin – wenn man heute, wenn man die Agenturen liest oder die Online-Medien ein bisschen durchklickt, dann hagelt es Kritik auf Gerhard Schröder. Großes Thema: "Schröders russische Geburtstagsparty" - schöner feiern mit Putin" titelt zum Beispiel die FAZ Online. Oder der Spiegel spricht online von "Schröders Irrfahrt". – Rolf Mützenich ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD und zurzeit auf dem Petersberg bei Königswinter, bei dieser gemeinsamen Konferenz von SPD und CDU, über die wir berichtet haben. Guten Tag, Herr Mützenich.
    Rolf Mützenich: Guten Tag, Herr Meurer.
    Meurer: Sind Sie fassungslos darüber, was der frühere Kanzler gestern Abend gemacht hat?
    Mützenich: "Ich war überrascht"
    Mützenich: Nun, ich bin ja wie viele und wie Sie auch mit diesen Bildern oder mit diesem einen Bild konfrontiert worden heute Morgen, und ich war überrascht.
    Meurer: Wie kann man nur auf die Idee kommen, jetzt in dieser Situation eine Geburtstagsparty quasi sich organisieren zu lassen, an der dann Alexei Miller teilnimmt oder eben auch Wladimir Putin?
    Mützenich: Gerhard Schröder hat kein öffentliches Amt. Es war offensichtlich auch eine private Feier. Das muss ich nicht bewerten und ich kann es ja auch nicht verhindern.
    Meurer: Sie können das schon bewerten.
    Mützenich: Ich denke, dass in solchen Möglichkeiten vielleicht dann, wenn sie auch genutzt werden – und darauf kommt es letztlich an -, auch den Entscheidungsträgern in Russland deutlich gemacht wird, wie besorgt wir, aber auch die Bevölkerung in Gesamteuropa im Hinblick auf die Sicherheitslage sind, auf die Vorkommnisse, die es in der Ukraine gibt, und wir haben ja eben auch gehört, dass OSZE-Beobachter (nicht nur deutsche) inhaftiert worden sind, und wenn in solchen Gesprächen, die dann privat sind, aber wenigstens diese Dinge auch angesprochen werden und in den nächsten Tagen es auch hier zu Lösungen kommt, dann wäre es zumindest noch hilfreich.
    Meurer: Gegen Gespräche, die das Ziel haben, Geiseln frei zu lassen, wird niemand was haben, Herr Mützenich. Aber muss man gleich sich um den Hals fallen? Die Bilder gehen um die Welt und man stößt vermutlich auch mit einem Glas Sekt oder Champagner an.
    Mützenich: Ich bin froh, dass ich nicht in eine solche Lage komme oder mich begebe. Ich glaube auch, dass Bilder eine Botschaft haben, und ich würde mir einfach wünschen, dass zurzeit wirklich diese Krise im Vordergrund steht, die, wie ich glaube, auch uns in den nächsten Jahren in Europa beschäftigen wird, und deswegen hoffe ich, dass alle diejenigen, die Kontakte zu den wichtigen Entscheidungsträgern in Russland haben, das, was die Bundesregierung auch tut, das, was die Bundeskanzlerin, der Außenminister, aber auch die Europäische Union, unterstützt, und das werden wir dann in den nächsten Tagen, hoffe ich, auch hören.
    Meurer: Haben Sie in der letzten Zeit, Herr Mützenich, einmal Gelegenheit gehabt, mit Gerhard Schröder darüber zu reden, ob er wirklich da versucht, etwas herauszuholen, um die Krise beizulegen?
    Mützenich: Nein, das habe ich nicht. Ich bin kein ausgewählter Gesprächspartner von Herrn Schröder.
    Meurer: Haben Sie denn irgendeinen Anlass, dass er das tut?
    Schröder sollte seine Möglichkeiten nutzen
    Mützenich: Ich denke, unsere Appelle – und das tue ja nicht nur ich öffentlich, sondern es gibt viele andere auch, die einen unmittelbaren Kontakt zu ihm haben – bitten schon, die Möglichkeiten zu nutzen, die er offensichtlich hat, und ich hoffe auch, dass er das in den letzten Stunden getan hat.
    Meurer: Wie groß ist der außenpolitische Schaden, den Gerhard Schröder mit solchen Partys anrichtet?
    Mützenich: Ich glaube, der außenpolitische Schaden und insbesondere der sicherheitspolitische Schaden wird seit den letzten Wochen sowohl durch die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland, aber insbesondere auch das Verhalten Russlands nach einem hoffnungsvollen Zeichen, nämlich in Genf, wo es ja auch das erste Mal akzeptiert worden ist, dass die Übergangsregierung als Verhandlungspartner existiert, ich hoffe, dass in dieser Situation die Dinge, die in den letzten Wochen versäumt worden sind, jetzt hoffentlich konstruktiv aufgenommen werden. Wenn es zu einem Ende des russischen Manövers an der unmittelbaren Grenze zu der Ukraine gekommen ist, könnte es zumindest eine wage Andeutung sein, dass auf den Grundlagen von Genf jetzt auch wieder angeknüpft werden könnte.
    Meurer: Da sitzen die EU-Außenminister oder auch EU-Staats- und Regierungschefs zusammen, demnächst wieder, Herr Mützenich, und beraten über Sanktionen, soll man die verschärfen oder nicht. Was glauben Sie, was die Bundeskanzlerin zu hören bekommt, wenn man ihr sagt, was ist denn mit Deinem Ex-Kanzler los?
    Mützenich: Gesprächskontakte aufrechterhalten und deeskalieren
    Mützenich: Nun, ich bedauere jeden Politiker und jede Politikerin, die auch konfrontiert wird in solchen Gesprächen. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass die Bundeskanzlerin, aber auch der Außenminister professionell genug sind, und auch Ihre Kolleginnen und Kollegen, dass wir über die wesentlichen Dinge reden, und da geht es zurzeit darum, Gesprächskontakte, die wenigen Gesprächskanäle aufrecht zu halten und auf der anderen Seite zu deeskalieren. Ich glaube, darauf ist die Politik angelegt.
    Meurer: Rolf Mützenich, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, bei uns heute Mittag im Deutschlandfunk zur Diskussion über den Geburtstagsempfang für Gerhard Schröder gestern Abend in St. Petersburg. Herr Mützenich, danke und auf Wiederhören.
    Mützenich: Danke für die Einladung, Herr Meurer.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.