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Treffen von Merkel und Trump
"Trump ist ein Partner"

US-Präsident Donald Trump und die Europäer verbänden trotz drohender Strafzölle gemeinsame Werte, sagte der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber im Dlf. Durch die "harte Haltung Trumps" auf internationaler Bühne böten sich den Europäern auch Chancen mit Partnern wie Mexiko oder Japan.

Manfred Weber im Gespräch mit Peter Sawicki |
    27.04.2018, USA, Washington: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird von US-Präsident Donald Trump im Oval Office im Weißen Haus empfangen.
    Kanzerlin Angela Merkel vertrat in Washington die europäische Linie: das Iran-Abkommen halten, Handelsstreitigkeiten verhindern und ein Entgegenkommen der EU im Militärbereich signalisieren (picture-alliance / dpa / Kay Nietfeld)
    Peter Sawicki: Merkel findet eine Art Draht zu Trump, inhaltlich geht es aber kaum voran. Das Iran-Abkommen bleibt prekär, und die Strafzölle gegen die EU sind nicht vom Tisch. Was bedeutet das für die Europäische Union? Darüber sprechen wir jetzt mit Manfred Weber. Er ist Vorsitzender der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament. Schönen guten Morgen, Herr Weber.
    Manfred Weber: Guten Morgen, Herr Sawicki!
    Sawicki: Macron und Merkel sorgen für gute Atmosphäre. Sind Sie als Europäer beruhigt?
    Weber: Ich freue mich zunächst, dass Europa geschlossen auftritt, obwohl wir diese Woche mit Merkel und Macron zwei Arten sozusagen erlebt haben, wie man in Washington ankommt, die Stilfragen wurden da intensiv diskutiert. Das Wichtige ist aber in dieser Woche, Europa ist geschlossen, Europa ist geeint. Die Botschaft, die wir in Washington hinterlegen, ist die gleiche. Wir wollen das Iran-Abkommen halten, wir wollen Handelsstreitigkeiten verhindern, und wir Europäer sind auch bereit, im Militärbereich mehr zu machen, wir haben das auch verstanden, das Signal aus Washington.
    "Sind bereit, Gegenmaßnahmen einzuleiten"
    Sawicki: Lassen Sie uns auf den Punkt der Geschlossenheit gleich noch mal zurückkommen. Aber ist es dann tatsächlich schon ein Erfolg, wenn die gute Atmosphäre im Vordergrund steht?
    Weber: Nein. Die Fakten und die Entscheidungen sind es, was am Schluss zählt. Und deswegen wird man sich jetzt den Themen zuwenden müssen. Die Gespräche sind geführt, und Amerika muss wissen, wenn es am Dienstag zu Strafzöllen, zu verschärften Zöllen gegenüber den Stahl- und Aluminiumproduzenten Europas käme, dann sind wir bereit, Gegenmaßnahmen einzuleiten. Ganz klar müssen diese Maßnahmen verhältnismäßig sein. Die Liste, die wir in Brüssel jetzt bereits vorbereitet haben, ist aus meiner Sicht verhältnismäßig. Wir wollen keine weitere Eskalation, aber auch die USA müssen wissen, wenn sie aktiv werden, dann wird es Gegenmaßnahmen geben.
    Sawicki: Würden das Maßnahmen sein, von denen schon die Rede gewesen ist, oder würde das darüber hinausgehen?
    Weber: Die Basis sind die Punkte, die bereits auf dem Tisch liegen. Deswegen verweise ich darauf, dass sie aus meiner Sicht verhältnismäßig sind. Und wir müssen das immer verbinden, das ist, denke ich, zentral, wir müssen es immer verbinden mit dem Vorschlag, mit der Idee, jederzeit bereit zu sein, über einen neuen Anlauf, über ein neues Freihandelsabkommen zu reden. Donald Trump hat eine Methode, Politik zu machen, die sehr provokativ ist, auch sehr konfrontativ ist, aber im Kern, wenn man sich anschaut, will er ja auch Handelsschranken abbauen. Auch er sagt, warum haben wir denn so viele Zölle von US-Autos, die nach Europa exportiert werden. Und insofern wollen wir alle das Gleiche, die Zölle möglichst abbauen und den Handel möglichst verbessern. Seine Art, sein Stil ist ein anderer, aber eigentlich führt es zum Ziel, sich an den Tisch zu setzen und Freihandelsabkommen zu verhandeln.
    "Wenn Trump Mauern aufbaut, dann sollten wir Brücken bauen"
    Sawicki: Also ist Donald Trump immer noch Partner, kein Gegner?
    Weber: Ja, absolut ist er Partner. Wir vertreten in weiten Bereichen gemeinsame Wertvorstellungen, gemeinsame Ideen, und wir Europäer sollten bei der Handelsdebatte auch nicht übersehen, dass uns die Art, wie Donald Trump international auftritt, auch Chancen eröffnet. Wir hatten beispielsweise letztes Wochenende die positive Botschaft, dass die Europäische Union mit Mexiko ein sehr weit gehendes Freihandelsabkommen abschließen kann. Auch mit Japan, einem sehr wichtigen Handelspartner für Europa, werden die Gespräche zu einem guten Ergebnis führen. Das heißt, durch die harte Haltung Trumps, die er ja nicht nur gegenüber der EU praktiziert, öffnen sich viele andere Türen mit Handelspartnern, die wir Europäer durchgehen sollten. Und ganz klar, wenn Trump eher Mauern aufbaut, dann sollten wir Europäer weiterhin Brücken aufbauen mit der Welt.
    Sawicki: Und die harte Haltung von Donald Trump, wenn wir zum Thema Iran gehen, die könnte, das befürchten Kritiker, das befürchten Beobachter, zu einem nuklearen Wettrüsten im Nahen Osten, vielleicht zu einer kriegerischen Auseinandersetzung mit dem Iran führen. Vertreten Sie wirklich da immer noch die gleichen Werte?
    Weber: Na ja, gut, in der Außenpolitik muss man sehen, dass die harte Haltung von Trump in der Korea-Frage jetzt zumindest Bewegung erzielt hat, mit beigetragen hat zu dieser Bewegung, die wir dort erleben. Deswegen sollte man nicht zu schnell urteilen, welche Methode da die richtige ist. Der Iran ist einerseits bereit, mit dem Iran-Abkommen jetzt dafür zu sorgen, dass wir im Iran prüfen dürfen, dass wir kontrollieren dürfen, ob es den Weg zur Atomwaffe gibt, ja oder nein. Andererseits ist der Iran in Syrien und in anderen Gebieten ein echtes Problem, weil er Radikalisierung unterstützt, weil er den Bürgerkrieg weiter befeuert. Insofern gibt es Licht und Schatten, ganz konkret.
    Sawicki: Ja, aber das ist ja nichts Neues, Herr Weber, und bislang hieß es ja immer, dass Iran-Abkommen sei wirklich eine historische Errungenschaft gewesen. Jetzt sagt Angela Merkel selbst, das Ganze ist nur ein erster Schritt. Kommt man da Trump nicht zu weit entgegen?
    Weber: Nein, kommt man nicht. Ich glaube, dass die Frage, was da langfristig draus wird, die Kosten und vor allem die Überwachung dauerhaft, ein Punkt ist, den die Amerikaner zu Recht ansprechen. Das ist aber kein Argument, jetzt den bestehenden Erfolg zu übersehen oder ihn leichtfertig aufs Spiel zu setzen.
    Sawicki: Das macht Trump ja offensichtlich.
    Weber: Genau. Wir Europäer stehen zu diesem Abkommen, wir glauben, dass das ein großer Erfolg ist in der Region für Frieden – was heißt für Frieden, für Stabilität, ist zunächst mal zu sagen. Und darauf kann dann wirklicher Frieden aufgebaut werden. Und ein jetziges Scheitern des Iran-Abkommens wird die Region weiter destabilisieren und zum Wettlauf in der Atomfrage führen. Das kann sich niemand wünschen.
    "Europa muss erwachsen werden"
    Sawicki: Würde die EU bereit sein, ein neues Abkommen, ein erweitertes Abkommen auszuhandeln?
    Weber: Der Iran ist dazu ja nicht bereit im Moment, darüber hinaus zu gehen. Ich glaube, dass wir trotzdem die Gespräche führen müssen. Grundlage muss aber sein, dass wir das bestehende Abkommen akzeptieren und respektieren. Und der Punkt, den wir dort dann wieder in dieser Frage lernen, ist, dass Europa in all diesen Fragen der internationalen Verantwortung erwachsen werden muss. Wir können uns nicht mehr länger an der Schulter der Amerikaner ausruhen. Wir müssen einfach einen eigenständigen Weg finden als Europäer. Und ganz konkret in der Außenpolitik bedeutet das für unsere internen Regeln wir müssen wegkommen von der Einstimmigkeit bei den außenpolitischen Entscheidungen. Wir brauchen die Mehrheitsentscheidung. Nur so kann Europa als starker und wichtiger und für Grundwerte stehender Kontinent auch global wirklich durchsetzungsfähig sein.
    Sawicki: Blicken wir noch mal auf das, was Sie vorhin angesprochen haben. Sie haben gesagt, die Besuche von Macron und Merkel hätten die Geschlossenheit Europas im Verhältnis zu den USA untermauert. Nun könnte man das ja auch so sehen, dass Emmanuel Macron da eine Art Konkurrenz ist zu Angela Merkel im Verhältnis zu Donald Trump, speziell, wenn man auf dieses ganz enge persönliche Verhältnis blickt. Ist es nicht eher Zeit, Macron da ein bisschen einzufangen?
    Weber: Nein. Ich sehe inhaltlich keine Divergenzen zwischen den beiden und auch zwischen dem, was wir auf europäischer Ebene machen. Und alle beide sind sich bewusst, dass sie nur eine Chance haben, ihre Interessen, auch die nationalen Interessen, die dahinter stehen, die deutschen, die französischen, durchzusetzen, wenn wir als Europäer geschlossen sind. Bei den Handelsstreitigkeiten wird am Schluss die EU-Kommission entscheiden, Jean-Claude Juncker, entscheiden. Und wir Deutschen sollten uns auch bewusst sein, wie wertvoll es für uns ist, dass wir in diesen Handelsstreitfragen die europäische Solidarität ja genießen dürfen.
    Man stelle sich vor, wir Deutsche würden jetzt mit Amerika über diese Handelsfragen allein entscheiden und diskutieren müssen, dann wären wir viel schwächer, und wir würden auch unsere Interessen viel schwächer durchsetzen können, viel weniger gut durchsetzen können. Die Tatsache, dass wir für einen Kontinent wie Europa gemeinsam unsere Interessen verteidigen, gibt auch Deutschland mehr Möglichkeiten, seine Interessen durchzusetzen.
    Sawicki: Wird vor dem 1. Mai die EU noch einen Versuch unternehmen, die Strafzölle abzuwenden?
    Weber: Ich glaube, die Gespräche sind geführt, die Fakten liegen auf dem Tisch, und jetzt muss Trump entscheiden.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.