Der G20-Gipfel stand noch vor einer langen Nacht der Verhandlungen, da konnte der amerikanische Außenminister Rex Tillerson bereits Erfolge verkünden: Das mit Spannung erwartete Treffen zwischen den Präsidenten der Vereinigten Staaten und Russlands am Rande des Hamburger Gipfel dauerte zwei Stunden und 15 Minuten – und war damit nicht nur viel länger als geplant, sondern offenbar auch viel erfolgreicher, als gedacht.
Nicht in der Vergangenheit verheddern
Das Treffen sei sehr konstruktiv gewesen, sagte der US-Außenminister: Die beiden Staatspräsidenten hätten schnell Kontakt zueinander finden können. Jedermann wisse, dass die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Russland derzeit sehr belastet seien – deshalb sei es gut gewesen, sich in diesem ersten Gespräch nicht in der Aufarbeitung der Vergangenheit zu verheddern.
Die Chemie zwischen Trump und Putin hat offenbar auch insoweit gestimmt, als der Zusammenprall der beiden Elemente der Macht auch in einer der heikelsten Fragen nicht zur Explosion führte. Für die amerikanische Öffentlichkeit dürfte jener Teil des Gesprächs von besonderer Bedeutung gewesen sein, der sich mit der russischen Rolle während des amerikanischen Wahlkampfes auseinandersetzte. Denn die Intervention Moskaus zugunsten Trumps und zulasten Hillary Clintons hat zu der sogenannten Russland-Affäre geführt, die das ganze Land in Atem hält, mittlerweile einen Sonderermittler beschäftigt und wie eine dunkle Wolke über der Präsidentschaft Donald Trumps liegt. Er habe versucht, den russischen Präsidenten zu einer klaren Antwort zu nötigen: Was hat Russland da wirklich getan?
Putin habe darauf nach Beweisen verlangt. In dieser Situation habe sich der amerikanische Präsident entschieden, die Aufklärung dieser Affäre anderen zu überlassen – und lieber nach vorne zu schauen.
Syrien-Konflikt als weiteres Thema
Das galt wohl auch für das strittige Thema des Syrien-Konflikts. Trumps Versuch, Russland beim Kampf gegen die Milizen des IS ins gemeinsame Boot zu holen, ist in den vergangenen Wochen und Monaten durch immer neue Konflikte konterkariert worden. Jetzt vereinbarten beide Seiten einen Waffenstillstand. Die Einzelheiten müssten noch ausgehandelt werden, sagte Tillerson – er sehe jedoch einen entscheidenden Unterschied zu früheren Waffenstillstandsinitiativen: Die russische Seite fühle sich heute viel mehr zu Fortschritten verpflichtet.
Keine leichte Übung für die USA
Auch das Thema Nordkorea, das sich als neuer Krisenherd auf die Tagesordnung des G 20-Gipfel geschoben hat, kam beim Treffen zwischen Donald Trump und Vladimir Putin zur Sprache. Russland ist Anrainer zu Nordkorea und ebenso noch Geschäftspartner des Regimes in Pjöngjang wie China – Moskau und Peking haben sich bereits im Vorfeld dieses G20-Gipfels miteinander abgestimmt und auf ein Moratorium für die nordkoreanischen Raketentests verständigt, falls die USA ihre gemeinsamen Manöver mit Südkorea einstellen.
Keine leichte Übung also für die USA, sich mit eigenen Initiativen wieder ins Spiel zu bringen. Doch offenbar ist es Trump gelungen, dem russischen Präsidenten die amerikanische Haltung näher zu bringen, unter keinen Umständen den Status quo des nordkoreanischen Atom- und Raketenprogramms zu akzeptieren.
Das Thema Nordkorea wird auch bei Trumps Gespräch mit Südkoreas neuem Präsidenten Shi am Samstag zur Sprache komme. Fazit: Am Rande des G20–Gipfels hat eine Begegnung stattgefunden, die noch keinen einzigen Konflikt gelöst hat. Aber Trump und Putin haben über sie gesprochen. Und das ist ein Fortschritt.