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Trend zum Mobile Gaming
Zocken auf dem Smartphone

Spiele-Apps für Smartphones und Tablets kreieren laut dem Branchenverband „Game“ mehr Umsatz als Titel für PC und Konsolen. Eine halbe Milliarde Euro gaben die Deutschen vergangenes Jahr für mobile Spiele aus - Tendenz steigend. Besonders beliebt ist eine scheinbar recht altmodische Spielmechanik.

Von Tobias Nowak |
    Eine 13-jährige Jugendliche spieltauf ihrem Smartphone das Spiel "Candy Crush".
    Eine Jugendliche spielt auf ihrem Smartphone das populäre Game "Candy Crush" (picture alliance / dpa / Henning Kaiser)
    An der Bushaltestelle spielt eine ältere Dame auf ihrem Smartphone eine Runde "Candy Crush Saga". An einem vielseitigen, experimentierfreudigen Spiel-Angebot hat sie kaum Interesse. Sie will sich ja nur die Zeit vertreiben, bis der Bus kommt. Die Statistik macht die ältere Damen trotzdem sofort zum "Nutzer digitaler Spiele". So kann der Branchenverband Game stolz verkünden, dass mittlerweile über 40 Prozent der Deutschen daddeln.
    Eine Veränderung der Games-Kultur
    Allerdings geht mit dieser wirtschaftlichen Entwicklung auch eine Veränderung der Games-Kultur einher. Denn eine wichtige Käuferschicht für Spiele sind eben nicht die eh schon leidenschaftlichen Gamer, sondern tendentiell spielferne Gruppen, wie vor allem Rentnerinnen und Rentner.
    Jana Reinhardt: "Bei Mobile hast Du das Problem, dass die Mobile-Zielgruppe wenig Games-Magazine ließt oder Streams schaut von YouTubern, sowas eben." Jana Reinhardt ist Spielentwicklerin im unabhängigen Game-Studio Ratking. Vor drei Jahren gewann ihr Team mit dem Spiel "Tri" den Deutschen Computerspielpreis in der Kategorie "Bestes Jugendspiel". "Ein Großteil der Leute guckt wirklich nur in die Charts. Die suchen selten von sich aus Titel, die sie interessieren könnten."
    Der kuratierende Effekt von dezidierten Games-Magazinen oder -Websites entfällt für diese Menschen. Sie laden sich im App-Store herunter, was eh beliebt ist. Die eher aufregenden Handy-Spiele sind Strategiespiele, in stressiger Echtzeit etwa bei "Clash of Clans", etwas besonnener im rundenbasierten "Summoners War". Einen Spitzenplatz hält auch nach wie vor das ziemlich eigenständige "Pokémon Go", das die Spielenden auf Monsterjagd in der Echtwelt schickt. Sehr populär sind Geschicklichkeitsspiele wie "Temple Run" oder "Super Mario Run".
    Puzzle-Games sind besonders beliebt
    Als Genre am beliebtesten sind aber vor allem Puzzles beziehungsweise sogenannte "Match-Three-Games", in denen es gilt, auf einem vollen Spielfeld jeweils mehrere gleichfarbige Bonbons, Muscheln, Knöpfe und so weiter nebeneinander anzuordnen und damit verschwinden zu lassen. Spitzenvetreter hier: diverse "Candy Crush"-Spiele und ihre Klone, "Gardenscapes" oder "Jewels". Dass Chartplatzierungen zunehmend die Kaufentscheidung leiten und nicht umgekehrt, macht es für Entwickler immer schwieriger, neue Games mit frischen Ideen zu verkaufen.
    Jana Reinhardt: "Das ist so ein Markt, wo du kaum noch Präsenz haben kannst, wenn du nicht ein riesen Marketing-Budget hast oder eine fette Marke."
    Eintauchen unmöglich
    Smartphones sind als Plattform natürlich sehr weit weg von PC und Videospielkonsolen. Sie können graphisch keine Immersion erzeugen, weil es sehr schwer ist, in die auf einem Handybildschirm dargestellten Welten einzutauchen. Und die Rechenpower ist selbst bei den neuesten Smartphones meilenweit von einer Videospielkonsole oder einem PC entfernt. Es ist wie auf dem Buchmarkt: Ein dicker Wälzer kann mehr Inhalt und Vielfalt bieten als ein dünnes Heft. Über die Qualität sagt das natürlich nichts, aber die Möglichkeiten unterscheiden sich erheblich.
    Wie sich die Kultur um digitale Spiele in den kommenden Jahren verändert, ist kaum absehbar. Neue Plattformen, neue Vetriebswege, neue Erlösmodelle, neue Spielprinzipien und vor allem eine immer umfassendere Verbreitung sorgen für eine große Dynamik. Gaming ist und bleibt spannend.