"Das prägendste war dann auch irgendwie das allererste Mal, als wir da hinkamen, mit der 'Keeper of the seven keys, part I' oder so. Du kommst auf den Bahnhof, und die Fans verhalten sich da wie zu Beatles-Zeiten, wie ich das eigentlich nur aus dem Fernsehen kannte. Und plötzlich mussten sie uns da abschotten. Das ist natürlich prägend."
Die japanischen Metalfans lieben traditionellerweise den German Metal. In einer Abstimmung unter den Lesern des "Burrn!"-Magazins wurde im vergangenen Jahr Michael Kiske zum besten Sänger und Accept zur besten Band gewählt. Beides Künstler, die in den Achtzigern den Zenith ihrer Karriere erreichten und hierzulande allenfalls noch von der Ü40-Fangemeinde gefeiert werden.
Was erklärt also den Dekaden überspannenden Erfolg, den manche Bands trotz hierzulande sinkender Verkaufszahlen in Japan haben?
"Wenn sie was mögen, wenn sie was lieben, lassen sie das auch nicht wieder los, ne. Die sind recht treu. Rockfans sind sowieso recht treu. Die scheinen dieses Traditionelle zu lieben und dann auch irgendwie jahrelang damit sich zu beschäftigen. Die lassen ihre Leute einfach nicht los, wenn sie die erst mal in den Griffeln haben."
Treue den geliebten Bands gegenüber. Eine Tugend, die sich auch auf die Musik-Medienmacher erstreckt. Der Chefredakteur des in Japan sehr erfolgreichen Heavy Metal-Magazins "Burrn!", Kaz Hirose lebt den Metal seit Anfang der Achtziger Jahre und erklärt den Stellenwert deutscher Metal-Bands:
"Für uns ist Deutschland ein großes Heavy Metal Land. Klar, in den 80er-Jahren waren natürlich zunächst Großbritannien und die USA vorne weg, aber in der Vorstellung der Japaner folgt gleich an dritter Stelle Deutschland. Und das zunächst wegen Bands wie Accept und Scorpions: Später wurde aber auch Helloween ganz groß bei uns, deren Musik uns besonders berührt. Einerseits aggressiv, andererseits aber eben auch sehr melodisch. Diese Melodik gefällt uns Japanern ganz besonders gut."
Ob eine bestimmte Musikart gerade angesagt ist oder nicht, scheint in Japan eher zweitrangig zu sein. Während westliche Musikfans in den Neunzigern auf den Grunge-Zug und später die Nu Metal-Welle aufspringen, feiern in Japan Power Metal-Kapellen fröhliche Urständ. Statt schlechter Laune-Musik mit Laut-Leise-Dynamik und heruntergestimmten Gitarren bejubelt man in Japan unverdrossen Metal-Hymnen mit doppelstimmigen Gitarrensoli und an Kinderlieder erinnernden Melodien.
Musik also, die damals – und wahrscheinlich auch heute – in europäischen Ohren überkandidelt bis kitschig klingt. Wenn man denn nun weiß, was Japaner an europäischen Metal-Bands so lieben - wäre es dann nicht theoretisch möglich, Lieder für den japanischen Markt sozusagen "maßzuschneidern"? Im Prinzip ja, sagt Helloween-Bassist Markus Großkopf:
"Das kann man machen. Sie lieben also oftmals im traditionellen Metal-Bereich hohe Stimmen mit langgezogenen Linien, Melodiebögen. Und das haben wir ja schon automatisch auch immer gemacht, ohne an den japanischen Markt zu denken. Aber wenn du das jetzt gezielt für Japan machen wollen würdest, denn sind das traditionelle, oftmals hohe Gesänge mit langgezogenen Gesangslinien und Harmonien. Schöne, viele Harmonien. Und wahrscheinlich, wir haben auch oft Kinderliedmelodien drin sozusagen. Also, wenn einer sagt, Helloween machen hier und da mal ein paar Kinderlieder, dann ist das für mich gar nicht so was Negatives."
Für japanische Musiker ist es im eigenen Land dagegen schwierig, Fuß zu fassen und von den Musikfans wie den ausländischen Künstlern ebenbürtig akzeptiert zu werden. Die Sängerin Saeko Kitamae musste mit ihrer damaligen Band Fairy Mirror die leidvolle Erfahrung machen, dass viele der japanischen Musikfans mit zweierlei Maß messen.
"Die meisten Heavy Metal-Fans hier denken, dass Musik aus dem Ausland besser als unsere eigene ist. Dass ausländische Musiker mehr drauf haben und japanische Musiker nicht spielen können. Und wenn sie dann japanische Künstler entdecken, haben sie sofort im Kopf: 'Oh, aus Japan? Das will ich nicht hören. Ich weiß, dass nur Bands aus dem Ausland gute Musik machen!' Und obwohl es hier einige wirkliche gute Bands gibt, haben sie Probleme, ein Publikum zu finden. Es ist ein Teufelskreis, aus dem ich ausbrechen wollte. Deshalb habe ich Japan verlassen."
Enttäuscht von der japanischen Musikszene, kehrte Saeko ihrer Heimatstadt Osaka 2002 den Rücken und zog nach Hamburg: der Geburtsstadt der deutschen Power Metal-Legenden Helloween und Gamma Ray. Dort vermutete sie eine heilere Heavy Metal-Welt als in Japan. Für sie erfüllte sich der Traum, mit ihrer von Helloween inspirierten Musik, auf dem weltweit größten Metal-Festival, dem Wacken Open Air, aufzutreten.
Derweil erblühten in Japan nicht nur die Kirschblüten, sondern auch der Wunsch der Fans nach noch mehr Musik dieser Art. Mit teils bizarren Auswüchsen, wie sich Kaz Hirose, Chefredakteur des "Burrn!"-Magazins, erinnert:
"Nach diesem Helloween Boom suchten unsere Fans nach weiteren German Metal Bands. Die Nachfrage danach war hier in Japan vielleicht sogar größer als in Deutschland. Die Plattenfirmen hier witterten ein gutes Geschäft und gruben immer neue Bands und Stilrichtungen aus. Das ging so weit, dass bei uns Stile wie 'Brasil German Metal' oder 'American German Metal' auftauchten."
Ist die Frage nach dem Erfolg des Power Metals in Japan also damit beantwortet, dass die Fans dort schlichtweg treuer sind als im westlichen Kulturkreis? Oder Trends, die kommen und gehen, einfach ignorieren? Ist es der ihnen eigene, japanische Sinn für Harmonien und Melodik, die deutsche Metal-Bands dort solche immensen Erfolge feiern lässt?
Wahrscheinlich ist es Schnittmenge aus allen dreien Thesen. In jedem Fall ist Japan weiterhin eine sichere Bank für deutsche Power Metal-Bands, die dort ihre Nische gefunden und damit ein sicheres Auskommen bis zur Rocker-Rente gesichert haben.
Die japanischen Metalfans lieben traditionellerweise den German Metal. In einer Abstimmung unter den Lesern des "Burrn!"-Magazins wurde im vergangenen Jahr Michael Kiske zum besten Sänger und Accept zur besten Band gewählt. Beides Künstler, die in den Achtzigern den Zenith ihrer Karriere erreichten und hierzulande allenfalls noch von der Ü40-Fangemeinde gefeiert werden.
Was erklärt also den Dekaden überspannenden Erfolg, den manche Bands trotz hierzulande sinkender Verkaufszahlen in Japan haben?
"Wenn sie was mögen, wenn sie was lieben, lassen sie das auch nicht wieder los, ne. Die sind recht treu. Rockfans sind sowieso recht treu. Die scheinen dieses Traditionelle zu lieben und dann auch irgendwie jahrelang damit sich zu beschäftigen. Die lassen ihre Leute einfach nicht los, wenn sie die erst mal in den Griffeln haben."
Treue den geliebten Bands gegenüber. Eine Tugend, die sich auch auf die Musik-Medienmacher erstreckt. Der Chefredakteur des in Japan sehr erfolgreichen Heavy Metal-Magazins "Burrn!", Kaz Hirose lebt den Metal seit Anfang der Achtziger Jahre und erklärt den Stellenwert deutscher Metal-Bands:
"Für uns ist Deutschland ein großes Heavy Metal Land. Klar, in den 80er-Jahren waren natürlich zunächst Großbritannien und die USA vorne weg, aber in der Vorstellung der Japaner folgt gleich an dritter Stelle Deutschland. Und das zunächst wegen Bands wie Accept und Scorpions: Später wurde aber auch Helloween ganz groß bei uns, deren Musik uns besonders berührt. Einerseits aggressiv, andererseits aber eben auch sehr melodisch. Diese Melodik gefällt uns Japanern ganz besonders gut."
Ob eine bestimmte Musikart gerade angesagt ist oder nicht, scheint in Japan eher zweitrangig zu sein. Während westliche Musikfans in den Neunzigern auf den Grunge-Zug und später die Nu Metal-Welle aufspringen, feiern in Japan Power Metal-Kapellen fröhliche Urständ. Statt schlechter Laune-Musik mit Laut-Leise-Dynamik und heruntergestimmten Gitarren bejubelt man in Japan unverdrossen Metal-Hymnen mit doppelstimmigen Gitarrensoli und an Kinderlieder erinnernden Melodien.
Musik also, die damals – und wahrscheinlich auch heute – in europäischen Ohren überkandidelt bis kitschig klingt. Wenn man denn nun weiß, was Japaner an europäischen Metal-Bands so lieben - wäre es dann nicht theoretisch möglich, Lieder für den japanischen Markt sozusagen "maßzuschneidern"? Im Prinzip ja, sagt Helloween-Bassist Markus Großkopf:
"Das kann man machen. Sie lieben also oftmals im traditionellen Metal-Bereich hohe Stimmen mit langgezogenen Linien, Melodiebögen. Und das haben wir ja schon automatisch auch immer gemacht, ohne an den japanischen Markt zu denken. Aber wenn du das jetzt gezielt für Japan machen wollen würdest, denn sind das traditionelle, oftmals hohe Gesänge mit langgezogenen Gesangslinien und Harmonien. Schöne, viele Harmonien. Und wahrscheinlich, wir haben auch oft Kinderliedmelodien drin sozusagen. Also, wenn einer sagt, Helloween machen hier und da mal ein paar Kinderlieder, dann ist das für mich gar nicht so was Negatives."
Für japanische Musiker ist es im eigenen Land dagegen schwierig, Fuß zu fassen und von den Musikfans wie den ausländischen Künstlern ebenbürtig akzeptiert zu werden. Die Sängerin Saeko Kitamae musste mit ihrer damaligen Band Fairy Mirror die leidvolle Erfahrung machen, dass viele der japanischen Musikfans mit zweierlei Maß messen.
"Die meisten Heavy Metal-Fans hier denken, dass Musik aus dem Ausland besser als unsere eigene ist. Dass ausländische Musiker mehr drauf haben und japanische Musiker nicht spielen können. Und wenn sie dann japanische Künstler entdecken, haben sie sofort im Kopf: 'Oh, aus Japan? Das will ich nicht hören. Ich weiß, dass nur Bands aus dem Ausland gute Musik machen!' Und obwohl es hier einige wirkliche gute Bands gibt, haben sie Probleme, ein Publikum zu finden. Es ist ein Teufelskreis, aus dem ich ausbrechen wollte. Deshalb habe ich Japan verlassen."
Enttäuscht von der japanischen Musikszene, kehrte Saeko ihrer Heimatstadt Osaka 2002 den Rücken und zog nach Hamburg: der Geburtsstadt der deutschen Power Metal-Legenden Helloween und Gamma Ray. Dort vermutete sie eine heilere Heavy Metal-Welt als in Japan. Für sie erfüllte sich der Traum, mit ihrer von Helloween inspirierten Musik, auf dem weltweit größten Metal-Festival, dem Wacken Open Air, aufzutreten.
Derweil erblühten in Japan nicht nur die Kirschblüten, sondern auch der Wunsch der Fans nach noch mehr Musik dieser Art. Mit teils bizarren Auswüchsen, wie sich Kaz Hirose, Chefredakteur des "Burrn!"-Magazins, erinnert:
"Nach diesem Helloween Boom suchten unsere Fans nach weiteren German Metal Bands. Die Nachfrage danach war hier in Japan vielleicht sogar größer als in Deutschland. Die Plattenfirmen hier witterten ein gutes Geschäft und gruben immer neue Bands und Stilrichtungen aus. Das ging so weit, dass bei uns Stile wie 'Brasil German Metal' oder 'American German Metal' auftauchten."
Ist die Frage nach dem Erfolg des Power Metals in Japan also damit beantwortet, dass die Fans dort schlichtweg treuer sind als im westlichen Kulturkreis? Oder Trends, die kommen und gehen, einfach ignorieren? Ist es der ihnen eigene, japanische Sinn für Harmonien und Melodik, die deutsche Metal-Bands dort solche immensen Erfolge feiern lässt?
Wahrscheinlich ist es Schnittmenge aus allen dreien Thesen. In jedem Fall ist Japan weiterhin eine sichere Bank für deutsche Power Metal-Bands, die dort ihre Nische gefunden und damit ein sicheres Auskommen bis zur Rocker-Rente gesichert haben.