Auf rund 2.500 Quadratmetern verteilt stehen die drei großen Werkstatthallen von Spiess Krane in Solingen. Überall schwere Maschinen, Werkbänke, Kabeltrommeln, Eisenrohre und die obligatorischen Kalender an den Wänden. Für den 21-jährigen Jens Cüppers ist es sein Ausbildungsplatz. Hier will er, wenn alles gut läuft, seinen Meister machen. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg, denn noch will die Kran-Schaltung, an der er gerade arbeitet, nicht so wie er:
"Das Problem an meiner Steuerung ist, dass ich noch nicht so richtig hinkriege, die Entfahrt, die Schnellfahrt abzuschalten. Man hat halt einen Wendeschütz und ein Umschaltschütz. Über den Wendeschütz wird die Drehrichtung umgeschaltet, ob man hoch fährt oder runter fährt. Und über den Umschaltschütz werden halt die Drehzahlen angesprochen und jetzt ist das Problem bei mir, dass ich das Abschalten kann, das Schnellfahren, aber nur in eine Richtung."
Schon länger tüftelt Jens Cüppers an diesem Problem. Aufgeben ist nicht drin. In dem mittelständischen Betrieb mit dreißig Angestellten ist er im Moment der einzige Auszubildende. Seine Fachrichtung: Elektroniker für Maschinen- und Antriebstechnik. Dafür ist auch eine Menge Fingerspitzengefühl gefragt. Vor allem, wenn er sich an die Verdrahtung von einem Steuerschrank macht:
"Man kann es sich vorstellen wie Malen nach Zahlen. Man hat also auf den bestimmten Bauteilen Bezeichnungen wie bei dem Frequenzumrichter '1A1'. Nur dieses Bauteil hat diese Bezeichnung und das hat verschiedene Ausgänge, die auch nochmal bezeichnet sind. Und so kann man die Drähte komplett alle rein legen."
Bei seiner Arbeit schaut ihm Prokurist Ralf Holzhäuser über die Schulter:
"Sobald man es anmacht, dann sieht man es, wenn es nicht raucht, war es meistens schon gut und kann nur besser werden. Und wenn was nicht funktioniert, dann muss man Fehler suchen."
Fehler finden durch Berufserfahrung
Den Fehler finden ist eine der Hauptaufgaben von Jens Cüppers, drinnen in den Werkstatthallen und auch draußen beim Kunden - wenn es beim Kran mal hakt:
"Der Kunde erklärt so die Problematik, was mit dem Krahn ist und allein durch die Berufserfahrung kann man schon das Feld, wo jetzt der Fehler liegen könnte, sehr stark eingrenzen. Man muss halt wissen, wo lang fließt der Strom, was soll er schalten. Wenn jemand richtig viel Erfahrung hat und der Kunde hört da ein Geräusch und übermittelt das per Telefon, dann kann der erfahrene Mitarbeiter am Telefon schon sagen, das wird die Bremse sein."
Bis es bei dem 21-Jährigen soweit ist, wird es wohl noch etwas dauern. Neben seinem Studium macht er im Betrieb so gut wie jede Aufgabe: Lackieren, Flexen, Schleifen, Bohren und kleinere Schlosserarbeiten. Bei Ralf Holzhäuser kommt diese Kombination ziemlich gut an:
"Ich denke, die Intention der Handwerkskammer liegt darin, dass sie Leute finden, die später auch Handwerksbetriebe leiten können, einfach weil die Aufgaben so komplex geworden sind. Wenn jemand ein meisterlich guter Schreiner ist, dann hat er immer noch nicht alle Anforderungen parat, die heute die EU mit Regeln stellt. Das Handwerk wird gut gemacht, aber wir haben so viele Regeln und Richtlinien und wenn man da eine fundierte Ausbildung in Betriebswirtschaft hat, hilft das."
Wenn es nach Ralf Holzhäuser geht, würde er Cüppers später auch gerne übernehmen. Er selbst hat ein klassisches Studium als Maschinenbauingenieur abgeschlossen:
"Als ich da raus kam und hatte dann in einem mittelständischen Betrieb zu tun, da haben sich die Leute darüber gewundert, was ich alles nicht wusste: 'Wieso weißt du denn nicht, was ein Kilo Stahl kostet?‘ Ja, das hat uns auf der Uni nicht interessiert. Nur was man damit machen kann."
Praktische Arbeitserfahrung ist hier das Schlüsselwort, das bekommt Jens Cüppers deutlich im Betrieb zu spüren. Gerade in scheinbar nebensächlichen Dingen machen Kleinigkeiten in der Praxis den Unterschied:
"Zum Beispiel beim Motorenwickeln selber, sagte mir der Meister, der mir das zeigt, dass ich bestimmte Zahlen einfach im Kopf haben muss, wie zum Beispiel Wurzel 3,71 gerundet. Das sind so Zahlen, die man routinemäßig verwendet, dass man die nicht immer in den Taschenrechner eingeben muss."
In seiner Ausbildung muss der 21-Jährige richtig mit ranklotzen, auch bei den ganz großen Baustellen:
"Da haben wir zweimal, ich glaube an einem Samstag war das, zwei Kräne auf einmal runter genommen. Da waren wir 15 Stunden mit beschäftigt. Dementsprechend muss alles stimmen. Wir müssen unter den einzelnen Kollegen, die vor Ort sind, kommunizieren, wer jetzt welchen Handgriff macht, dass da auf jeden Fall nichts passiert, jeder Bescheid weiß, was da gerade passiert. Wenn ich da unter den Hubwerken arbeite, muss ich mich natürlich absichern. Dann hänge ich dort am seidenen Faden. Angst vor der Höhe habe ich nicht, aber Respekt."