Mineralwasser wird meistens aus Grundwasser hergestellt. Obwohl das oft uralt ist, schmeckt es ziemlich gut und frisch. Und das ist kein Zufall.
"Man kann bei sehr altem Wasser sicher sein, dass man auch sauberes Wasser hat und es zumindest von modernen Verschmutzungen nicht betroffen ist. Das spielt schon eine Rolle für die Wasserqualität."
Für Werner Aeschbach-Hertig vom Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg ist das Alter eines Grundwassers ein Gütesiegel. Aber Physiker hatten es bislang nicht leicht, einzelne Grundwasservorkommen zu datieren. Das liegt daran, dass Wasser nur wenige gelöste Stoffe enthält, die etwas über sein Alter verraten. Kohlenstoff gehört dazu. Die Datierungsmethode C-14 ist aber zu ungenau für Ereignisse, die nur Jahrhunderte zurückliegen. Für solche eher kurzen historischen Zeiträume gibt es Argon. Ein ungefährliches Edelgas, das in Spuren in der Atmosphäre vorkommt und sich auch im Wasser löst. Eines von einer Billiarde dieser Argonatome ist radioaktiv – und das macht es interessant.
Immer wenn es nämlich regnet, versickert leicht argonhaltiges Wasser im Boden und eine natürliche Uhr beginnt zu ticken.
"Argon-39 ist ein Isotop, was sehr selten ist. Und es ist deshalb selten, weil es zerfällt."
Atomfalle zur Altersbestimmung
Das seltene Isotop Argon-39 wird zwar schon gelegentlich zur Altersbestimmung von Wasser benutzt. Trotzdem wollte Markus Oberthaler vom Heidelberger Kirchhoff-Institut für Physik die Methode weiter verbessern. Denn bisher ist sie so mühselig, dass er selten eingesetzt wurde. Der Grund: Die Methode beruht auf dem Zählen der extrem seltenen radioaktiven Zerfälle.
"Das ist die klassische Methode: Da kann man sich sehr vorstellen, dass wenn etwas sehr selten ist, ich also nur zwei bis drei habe, dann passiert das nicht sehr oft innerhalb der Messzeit von typischerweise einem Monat."
Die Doktoranden von Markus Oberthaler arbeiten an einem anderen Ansatz, nämlich einer Atomfalle. Hinter der Labortür liegt ein schmaler Raum, an der Seite ein massiver Tisch, vollgestellt mit allerlei Spiegeln, Lasern und vor allem einer gut drei Meter langen Vakuumkammer. Hier analysieren die Atomphysiker gerade Argongas aus einem Grundwasser – bloß ein Billiardstel dieses Argons ist aus Argon-39.
"Um das Gas, was wir bekommen, mit Laserlicht nachweisen zu können, müssen wir noch etwas tun. Wir müssen es anregen. Das heißt, man muss es in einen anderen Zustand bringen, sodass es auch mit Licht wechselwirken kann."
Wie in einer Neonröhre wird das Argongemisch zum Leuchten angeregt, danach schießt es als ein feiner Strahl weiter durch die Vakuumkammer und wird abgebremst.
"Laserlicht wird die Atome langsamer machen, einsammeln, komprimieren, fokussieren: Was immer man sich vorstellen kann, um etwas konzentriert in einen Punkt zu bringen."
Und an diesem Punkt sitzt die Teilchenfalle, an der dank exakt justierter Laser die wenigen Atome Argon-39 hängen bleiben.
Markus Oberthaler: "Denn um ein Teilchen nachzuweisen, muss man lange hinschauen können. Ein Teilchen streut Licht. Das sieht man jeden Tag. Das ist das Licht, das wir sehen vom Material. Aber ein einzelnes streut eben wenig. Und deshalb muss man es festhalten. Das macht man wieder mit Laserlicht."
Mithilfe der Atomfallen haben die Doktoranden nun erstmals erfolgreich ein Grundwasser datiert – weltweit als erste Forschergruppe. Weil die Methode verspricht, günstig zu sein, denken Umweltforscher jetzt darüber nach, das Jahrhunderte alte Grundwasser weltweit wie Bohrkerne aus dem Eis zu verwenden – als Informationsquelle über das Klima der Vergangenheit.
Ob ein Wasser aus der Tiefe wirklich Jahrhunderte alt ist, lässt sich bald also nicht nur schmecken, sondern auch schnell und sicher überprüfen.