Musik: Ludwig van Beethoven, Klaviertrio op. 1 Nr. 1
Alles begann in Wien. Mit den drei Trios Opus 1, die auf Anhieb reißenden Absatz fanden, legte Beethoven den Grundstein seiner Karriere. Wien war es auch, wo sich 1999 der dänische Pianist Jens Elvekjær und die koreanischen Schwestern Soo-Jin und Soo-Kyung Hong zusammenfanden. Die Cellistin Soo-Kyung Hong wurde Elvekjærs Frau. Zusammen mit Soo-Jin, einer fabelhaften Geigerin, gewannen sie reihenweise Wettbewerbe – darunter im Jahr 2002 auch den der ARD – und haben seither mehr als ein halbes Dutzend CDs veröffentlicht, zuletzt zwei Folgen einer auf drei CDs angelegten Gesamteinspielung der Beethoven-Trios. Nachdem diese Werke so lange schon das Herzstück ihrer Arbeit waren, sagte Elvekjær kürzlich in einem Interview, schien nun der richtige Zeitpunkt für eine Aufnahme gekommen.
Musik: Ludwig van Beethoven, Klaviertrio op. 70 Nr. 1
Den guten Geistern der Vergangenheit – wo wäre man ihnen näher als im sogenannten Geistertrio op. 70 Nr. 1? Als »geisterhaft schauerlich« hat es Beethovens Schüler Carl Czerny beschrieben und eine Verbindung zu Shakespeares ›Hamlet‹ hergestellt. Ein Skizzenblatt läßt allerdings vermuten, dass Beethoven eher an Shakespeares schottisches Highland-Drama ›Macbeth‹ gedacht hat. Für Samuel Beckett wurde die Musik 1975 zum Ausgangspunkt seines eigenen ›Ghost Trio‹, einem experimentellen Fernsehstück.
Inszenierter Spuk mit gehörigem Theatersinn
Ob Highlands oder Helsingör – das Kopenhagener Trio inszeniert den Spuk mit gehörigem Theatersinn, gerade so, dass es nicht in Klamauk umschlägt und der Phantasie genügend Raum bleibt, im geheimnisvoll verhangenen Largo-Mittelsatz wie auch im Schluss-Presto an vorüberhuschende Gespenster und klappernde Knochengerippe im Flackerlicht zu denken.
Musik: Ludwig van Beethoven, Klaviertrio op. 70 Nr. 1
Nicht der Welt der Shakespeare-Dramen, sondern dem Wiener Theatermilieu mit seinen Kasperl-Opern ist der ›Schneider Kakadu‹ entsprungen, ein Gassenhauer, den Beethoven in den Variationen op. 121a einem schwindelerregenden Veredelungsprozess mit grandiosem Fugato-Finale unterzogen hat.
Musik: Ludwig van Beethoven, Klaviertrio op. 121a
Zu den Nebenwerken des Repertoires gehört ein B-Dur-Trio in einem Satz. Beethoven komponierte es für die kleine ›Maxe‹, die zehnjährige Tochter einer befreundeten Familie. Gegen seine sonstige Gewohnheit schrieb er die Noten äußerst ordentlich und gab der Klavierstimme noch Fingersätze aus Meisterhand hinzu. Maximiliane Brentano, so hieß das Kind, sollte es nicht zu schwer haben, schließlich war das Stück ausdrücklich zur "Aufmunterung im Klavierspielen" gedacht. Es funktionierte. Neun Jahre später widmete Beethoven ihr seine große E-Dur-Klaviersonate op. 109.
Musik: Ludwig van Beethoven, Klaviertrio B-Dur WoO 39
Symbiotischer Streicherklang
Der Allegrettosatz in B-Dur aus Beethovens privatem Umfeld darf im Programm des Kopenhagener Familientrios natürlich nicht fehlen. Stets aufs Neue verblüffend ist der symbiotische Streicherklang des koreanischen Geschwisterpaars, das von klein auf zusammen musizierte und auch Instrumente ungefähr gleicher Herkunft spielt: eine Guarneri-Geige und ein Grancino-Cello aus der Blütezeit des norditalienischen Geigenbaus. Am Klavier erweist sich Jens Elvekjær als Fingerspitzenkünstler von Ausnahmeformat. Auf einem Innenfoto der CD mit dem Geistertrio sind die drei bei einer Séance abgebildet, das Cover zeigt sie gespensterhaft umspielt von ihren eigenen Schatten. Auf der zweiten CD mit den jeweils zweiten Werken aus Opus 1 und Opus 70 präsentieren sie sich auf Bruchholz hockend vor einer Waldkulisse. Wer es als Hinweis auf die Interpretationshaltung verstehen mag, findet Bestätigung im G-Dur-Trio am Schluss des ersten Satzes, wenn der Streichbogen auch ohne ausdrückliche "col legno"-Anweisung – also "mit dem Holz" zu spielen – auf die Saiten knallt und im Allegretto des Es-Dur-Trios die Sforzati wie Axtschläge niedersausen. Dennoch geht nichts von dem verloren, was es an Rascheln, Wispern, Zwitschern und anderen Zwischentönen in dieser augenscheinlich naturnahen Partitur so alles gibt. Das Ohr freut sich auch an rhythmischen Finessen, zu denen sich Beethoven, gängiger Auffassung zufolge, von kroatischer Folklore inspirieren ließ.
Musik: Ludwig van Beethoven, Klaviertrio op. 70 Nr. 2
Sforzati wie Axtschläge
Der Feuereifer verwundert nicht bei einem Trio, das sich "con brio" auf die Fahnen geschrieben hat. Auch Vielfalt und Farbigkeit der Artikulation sind nicht wirklich überraschend angesichts dreier Künstler, die als Solisten auf jedem großen Podium bestehen könnten und es auch regelmäßig tun. Frappierend ist vielmehr ihre Fähigkeit, der Intuition des jeweils anderen zu folgen, als wäre es die eigene. Wie Fische im Wasser, die sich zum Schwarm zusammenschließen und eine Art höherer Intelligenz zunutze machen – so beschreibt es Soo-Kyung Hong. Der Vergleich mag hinken. Aber ein intelligenter Schwarm sind die "Brios" allemal.
Musik: Ludwig van Beethoven, Klaviertrio op. 70 Nr. 2. CD II, Tr. 8
Das war in einer beim Label Orchid im Vertrieb von Naxos erschienenen Neuaufnahme der Schluss des Trios in Es-Dur op. 70 Nr. 2 von Ludwig van Beethoven. Die dritte und letzte CD im Rahmen dieser Gesamteinspielung der Beethoven-Klaviertrios mit dem Trio con Brio Copenhagen ist in Vorbereitung. Die beiden vorliegenden liefern allen Anlass, mit Vorschusslorbeeren großzügig zu sein, vielleicht sogar auf einen neuen Beethoven-Goldstandard zu spekulieren, denn an diesem Trio aus Kopenhagen kommt so bald wohl niemand mehr vorbei.
Beethoven-Trios Vol. I / II mit dem Trio con Brio Copenhagen
Soo-Jin Hong, Violine
Soo-Kyung Hong, Violoncello
Jens Elvekjær, Klavier
Orchid (LC 20037), Best.nr. 5060189560813 und 5060189560912 (EAN)
Soo-Jin Hong, Violine
Soo-Kyung Hong, Violoncello
Jens Elvekjær, Klavier
Orchid (LC 20037), Best.nr. 5060189560813 und 5060189560912 (EAN)