Seit Wochen fehlt in den allermeisten Regionen Deutschlands Regen. Das Frühjahr hatte mit extremen Niederschlägen noch gute Hoffnungen auf ein nicht so trockenes Jahr wie 2018 und 2019 gemacht. Doch danach blieb im April und Mai der benötigte Niederschlag größtenteils aus. Dabei beginnt der Sommer gerade erst. Die Wälder sehen nach zwei vorausgegangenen extremen Dürresommern krank aus und stehen blatt- und nadelarm da. Viele Fluss-Ökosysteme kippen wegen des Wassermangels und dem Temperaturanstieg.
Der Dürremonitor des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung (UFZ) hat am Montag einen Überblick über die momentane Situation gegeben. Vor allem in der Wirtschaft habe der zunehmende Wassermangel Auswirkungen, sagte sagte Grünen-Politiker Oliver Krischer im Dlf. Wegen des Niedrigwassers könnten viele Unternehmen ihre Materialien nicht mehr über den Wasserweg geliefert kriegen und müssten Produktionen herunterfahren.
Britta Fecke: Herr Krischer, welche Regionen sind denn in diesem Dürreatlas besonders hervorgehoben worden?
Oliver Krischer: Besonders problematisch ist es in Ostdeutschland und in großen Teilen von Norddeutschland. Aber es ist in ganz Mitteleuropa und damit auch in ganz Deutschland ein Problem. Wir haben im Grunde genommen keine Region mehr in Deutschland, wo man sagen könnte, da haben wir im Moment normale Wasser- und Niederschlagsverhältnisse. Es ist nicht mehr die Frage, ob wir in den dritten Dürresommer laufen, sondern die Frage ist eigentlich nur noch, wie schlimm es diesen Sommer wieder werden wird.
Fecke: Wenn Sie Ostdeutschland hervorheben, liegt das an den besonders sandigen Böden, oder weil da einfach insgesamt schon weniger Wasser runterkommt?
Krischer: Die Niederschläge in Ostdeutschland sind insgesamt schon auch in früheren Jahrzehnten geringer gewesen, und das hat sich jetzt noch mal dramatisch weiterentwickelt. Aber wie gesagt: Es ist nicht nur ein Problem von Ostdeutschland. Ich glaube, wenn man sich die Börderegion im Rheinland beispielsweise anguckt, auch da sieht man trotz Regen in den letzten Tagen, auch wenn da einiges an Niederschlag gefallen ist, die Böden sind immer noch staubtrocken.
"Es hat auch für Unternehmen inzwischen existenzielle Auswirkungen"
Fecke: Nun gibt es allerdings manchmal Regenereignisse, Starkregen, wo sehr, sehr viel auf einmal runterkommt. Was könnten da Lösungen sein – Speicherbecken?
Krischer: Ja das ist genau das Problem. Wir haben lange Zeiten, wo Dürre ist, wo Trockenheit ist. Das haben wir jetzt im März und April wieder erlebt. Da ist nur vier Prozent des Niederschlags gefallen. Und dann plötzlich gibt es in wenigen Stunden extreme Starkereignisse und da müssen wir einfach drüber reden, wie können wir unter Umständen auch diese Wassermengen dann auffangen.
Wenn man in Länder schaut, die schon länger mit solchen Klimaverhältnissen leben müssen, da gibt es entsprechend auch solche Dinge. Das war bisher in Deutschland nicht üblich und das wird einfach auch eine starke Veränderung der gesamten Wasserwirtschaft bedeuten, dass wir uns auch mit neuen Technologien auseinandersetzen müssen.
Fecke: Wenn Sie von Wasserwirtschaft sprechen – wie stark ist denn eigentlich die Binnenschifffahrt betroffen?
Krischer: Für die Binnenschifffahrt ist das ein Riesenproblem, weil gerade der Rhein als Hauptwasserstraße in Deutschland, aber auch die anderen großen Flüsse - wenn da Niedrigwasser auftritt, können die Schiffe nicht mehr so viel laden.
Wir haben im Dürresommer 2018 und 2019 erlebt, dass Industriebetriebe beispielsweise wie die BASF in Ludwigshafen oder Thyssen-Krupp in Duisburg dreistellige Millionenverluste gemacht haben, weil sie mit Materialien nicht mehr beliefert werden konnten, Produktionen herunterfahren müssen. Es gab Einschränkungen bei der Mineralölversorgung in Baden-Württemberg. Das sind alles Folgen dieser Dürre und Folgen der Klimakrise.
Fecke: Wie sinnvoll sind denn dann noch die Vertiefungen der Elbe oder auch an anderen Stellen - der Oder?
Krischer: Das mit wasserbaulichen Maßnahmen zu lösen, glaube ich, das wird am Ende keine Antwort sein, sondern wir werden hier einfach darüber diskutieren müssen, wie sind Veränderungen an den Schiffen möglich, brauchen wir Schiffe, die geringere Tiefgänge haben, was können andere Verkehrsträger, umweltfreundliche CO2-freie Verkehrsträger wie die Eisenbahn übernehmen. Das sind alles verkehrspolitische Reaktionen darauf.
Aber man sieht einfach, wie dramatisch die Auswirkungen sind, dass es am Ende nicht nur um Land- und Forstwirtschaft geht. Das ist schon sehr schlimm, was da im Wald passiert. Aber es hat auch für Unternehmen inzwischen existenzielle Auswirkungen.
"Die Qualität des Wassers ist oft auch ein Problem"
Fecke: Wo kommt es denn schon zu spürbaren Konkurrenzsituationen um Trinkwasser?
Krischer: Wir erleben das in vielen Regionen Deutschlands, wo Bewässerung eigentlich bisher kein Thema war. Da wurde Ackerbau ganz normal betrieben und das Wasser kam allein vom Regen. Heute beobachten wir, dass Bewässerung eigentlich an ganz, ganz vielen Stellen stattfindet. Wir haben das gestern auch in Gesprächen erlebt, wo Landwirtschaftsvertreter und Vertreter der kommunalen Wasserwirtschaft, die Trinkwasserversorgung, gleich aneinander gerieten und die Konkurrenzsituation deutlich wird.
Wenn beispielsweise – und das kann uns diesen Sommer ja wieder blühen – die Wasserwerke sagen, liebe Menschen, schränkt euren Verbrauch ein, wir dann aber gleichzeitig auf den Feldern beobachten, dass große Mengen zur Bewässerung der Äcker genutzt werden, dann ist da real die Konkurrenzsituation schon vorhanden und dann werden Menschen sagen, warum muss ich meinen Wasserverbrauch einschränken, wenn der Bauer den Maisacker damit weiter bewässert. Und schon sind wir mitten in der Diskussion drin.
Fecke: Was bedeutet das denn für den Grundwasserspiegel und die Qualität des Trinkwassers, wenn dieses Wasser auf den Maisacker kommt?
Krischer: Das haben wir heute schon als Problem. Es ist ja nicht nur die Frage, dass wir zu wenig Wasser haben, sondern die Qualität des Wassers ist oft auch ein Problem. Wir können heute an vielen Stellen Grundwasser schon nicht mehr nutzen, weil es sehr stark mit Nitrat belastet ist, das vor allen Dingen aus der Landwirtschaft kommt.
Und es kommt noch ein Faktor hinzu, der, glaube ich, für viele Menschen gar nicht selbstverständlich ist. Wenn diese Hitzeperioden, wie wir sie in den letzten Jahren auch hatten, weiter anhalten – und dafür spricht im Moment alles -, dann wird auch das Temperaturniveau in den Leitungssystemen deutlich ansteigen, weil die Hitze einfach in die Erde eindringt, und dann wird auch unter Umständen das Wasser dort nicht mehr genießbar sein.
Das sind alles Herausforderungen, die diese Dürre- und Hitzeperioden mit sich bringen in ganz, ganz vielen Bereichen, und das wird noch insgesamt ein Problem werden, das alles zu bewältigen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.