Immer wieder bekam die Journalistin Carmen Aristegui in den letzten zwei Jahren merkwürdige Nachrichten und SMS. Sie solle auf einen Link klicken, es gebe Probleme mit ihrem Visum bei der amerikanischen Botschaft. "Manchmal waren es sehr persönliche Nachrichten, die hat natürlich geöffnetste, ganz konkret mit Namen", erinnert sie sich. "Dann gab es Nachrichten, die auch andere Betroffene bekommen haben. Wie oft ich nun auf einen infizierten Link geklickt habe, kann ich nicht sagen."
Mitlesen, Abhören, Passwörter abgreifen
Bei Erfolg kann das Spionage-Programm Pegasus Nachrichten und E-Mails mitlesen, Anrufe verfolgen, Passwörter abgreifen, Tonaufnahmen machen und den Aufenthaltsort des Nutzers aufzeichnen. Unter denen, die ausspioniert wurden, sind laut den Recherchen Menschenrechtsanwälte, die sich mit dem Fall der 43 Verschwundenen Studenten befassen, ein Mitarbeiter einer Antikorruptionsorganisation sowie diverse Medienschaffende.
Die Journalistin Carmen Aristegui hat sich immer wieder regierungskritisch geäußert und einen Korruptionskandel aufgedeckt, in den auch die Frau von Präsident Peña Nieto verwickelt war. Für die Journalistin weist alles darauf hin, dass die mexikanische Regierung hinter der Spionage steckt. "Präsident Peña Nieto muss eine Erklärung abgeben", fordert sie. "Wie kann es sein, dass unsere Steuergelder für die Spionage von Journalisten und Menschenrechtlern ausgegeben werden? Für ein schweres Verbrechen?"
Trojaner für Regierungen
Laut den Recherchen der New York Times haben drei mexikanische Regierungsinstitutionen seit dem Jahr 2011 insgesamt 80 Millionen Dollar für die Spionagesoftware ausgegeben. Verkauft wurde sie von der israelischen Firma NSO - keine Unbekannte, wie Aristegui erklärt: "Das Unternehmen hat eine klare Regelung. Es verkauft diese Software ausschließlich an Regierungen, damit sie mit gerichtlichem Beschluss Kriminelle und Terroristen überwachen können. Das heißt, Leute wie den mexikanischen Drogenboss Chapo Guzmán - schwere Verbrecher."
John Scott-Railton arbeitet für das Citizen Lab, das an der Universität von Toronto angesiedelt ist. Dort ist man vor allem damit beschäftigt, Staatstrojaner aufzudecken. "Wir können auf jeden Fall sagen, dass der Kunde, der die Software gekauft hat, tatsächlich zu einer Regierung gehört. Viele Indizien weisen darauf hin, dass es sich dabei um die mexikanische Regierung handelt."
Regierung bestreitet Vorwürfe
In einer schriftlichen Erklärung weist die Regierung jeglichen Vorwurf von sich. Es gebe keine Regierungsinstitution, die Menschenrechtler oder Journalisten ohne gerichtlichen Beschluss überwachen oder ausspionieren würde. Die Betroffenen haben bereits Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft gestellt. Gleichzeitig fordern sie ein unabhängiges Untersuchungsgremium.