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Tropische Fußball-WM
Kühl-Akkus und Kältebäder gegen das Heißlaufen der Körpertemperatur

Physiologie. - Die Temperaturen im WM-Land Brasilien sind bereits ausführlich erörtert worden. Doch Spieler wie Fans müssen sich mit tropischer Hitze und Luftfeuchtigkeit arrangieren. Sportwissenschaftler geben Tipps.

Von Volker Mrasek |
    Im Fluss Rio Baia Bonito schnorcheln Touristen nahe der Gemeinde Bonito im Bundesstaat Mato Grosso do Sul.
    Ganz so stark abkühlen wie diese Schnorchler im Rio Baia Bonito muss man sich auf dieser WM vielleicht doch nicht. (picture alliance / dpa / Foto: Ralf Hirschberger)
    "Fußballer kommen mit ihren Freiheiten nicht klar. Das steht fest!"
    Der frühere Bundestrainer Berti Vogts hat das einmal gesagt. Jetzt bei der Weltmeisterschaft in Brasilien fragt man sich, ob die Spieler mit etwas ganz anderem klarkommen.
    Oliver Kahn: "Darf man nicht vergessen: die Hitze!"
    Reporter: "Das geht ja hier mit Blitz und Donner los!"
    Aber es gibt Tricks, um auch bei tropischer Schwüle körperlich auf der Höhe zu sein – bei Temperaturen von 30 Grad und mehr. Und bei einer Luftfeuchtigkeit, die an manchen Spielstätten 90 Prozent übersteigt.
    Reporter: "Alle geben ihr Bestes und sind zum Teil auch mit 90, 80 Prozent Leistungsfähigkeit dabei."
    Diese Tricks drehen sich um Flüssigkeitsausgleich und Temperatur-Regulation des Körpers. Sie stammen von Experten wie Jürgen Freiwald, Professor für Trainingswissenschaften an der Universität Wuppertal. Zusammen mit einigen Fachkollegen veröffentlicht der Sportwissenschaftler jetzt einen Übersichtsartikel zu dem Thema. Bei einer Tropen-WM haben die Fußballer demnach ...
    "bis zu drei, vier Liter Wasserverlust pro Spiel. Und das macht motorisch, aber auch kognitiv Beeinträchtigungen."
    Man könnte es auch salopp ausdrücken: Beine - und Birne - werden weich!
    "In komplexen Spielsituationen nehme ich Dinge vielleicht nicht richtig wahr. Oder schätze Abstände, Verhalten des Gegen- oder Mitspielers falsch ein. Auch durch die Leistungserbringung: Sie verbrauchen sehr viel Zucker. Und etwa ein Viertel des Gesamtenergieverbrauchs vom Zucker-Stoffwechsel findet im Gehirn statt. Und wenn ein Zuckermangel entsteht, dann haben Sie natürlich auch Aufmerksamkeitsdefizite und machen Fehler, die im Nachhinein kaum erklärbar sind."
    Also, klare Sache! Viel trinken! Am besten selbst bei Spielunterbrechungen. Und nicht nur in der Halbzeitpause. Wobei die Spieler zu elektrolytreichen Getränken greifen. Denn sie gleichen nicht nur den Verlust von Flüssigkeit aus, sondern auch den von Mineralsalzen, die beim Schwitzen mit verlorengehen. Wobei sich auch das günstig beeinflussen läßt:
    Freiwald: "Ja, das ist ein typischer Trainingseffekt. Wenn man gut trainiert ist im Sinne von: Man hat sehr oft und sehr viel geschwitzt, dann verändert sich die Zusammensetzung des Schweißes. Das heißt, man scheidet – anders als ein Untrainierter – viel weniger Salze aus, die natürlich sehr wichtig sind für die Muskelkontraktion, aber auch, um zum Beispiel Krämpfe zu vermeiden."
    Das Zauberwort, das Jürgen Freiwald hierbei in den Mund nimmt, heißt "Akklimatisierung". Um sich an die Tropenhitze in Brasilien zu gewöhnen, sind die meisten Nationalteams frühzeitig angereist. Auch das deutsche ...
    "Wir haben ja auch empfohlen: mindestens eine Woche Akklimatisation. Und auch Jogi Löw hat das ja wunderbar gemacht. Der trainierte dann zu den Zeitpunkten, zu denen auch das Spiel stattfindet."
    Bei sportlichen Höchstleistungen in tropischer Hitze wie jetzt in Brasilien läuft der Körper regelrecht heiß.
    Freiwald: "Während der Wärmeeinwirkung ist immer die Körperkerntemperatur höher. Das Problem ist folgendes: Das Blut wird natürlich auch erwärmt. Das zirkuliert durch das Gehirn. Und es gibt neue Forschungen, die eindeutig zeigen: Wenn es zu warm ist, dann regelt im Grunde genommen das Gehirn die Leistungsfähigkeit herunter, weil das ja auch ein Schutz ist. Es gibt ja auch Hitzschlag, Kollaps. Und dem muss man eben vorbeugen. Und das macht der Körper erst einmal selbst."
    Bei Fußballern wurden schon Körpertemperaturen von über 40 Grad Celsius gemessen. Sie bekamen praktisch Fieber auf dem Platz. Doch auch das läßt sich laut Freiwald vermeiden – indem die Spieler ihren Körper abkühlen:
    "Das kann man sowohl in der Pause, aber auch schon im Vorfeld machen. Und sei es mit Handtüchern. Auch mit Eispackungen, daß man versucht, die Kopf- und Nackenregion schon einmal zu kühlen. Oder mit Kühlwesten, die solche Kälte-Akkus beinhalten. Eine weitere Möglichkeit ist: Man geht in acht bis zwölf Grad kaltes Wasser. Zumindest die unteren Extremitäten. Und das hat eindeutig eine leistungssteigernde Wirkung und eine regenerative Wirkung. In der Halbzeit kommt das vor. Oder eben auf jeden Fall nach dem Spiel. Das machen sehr viele."
    Auch jetzt bei der WM in Brasilien?
    "Ganz sicher!"
    Und auch die deutschen Nationalspieler?
    "Das ist gut möglich. Ich denke, in der Nationalmannschaft arbeiten die richtigen Leute. Die werden aber auch nicht alles sagen."
    Spieler: "Die Klima war auch sehr heiß. Und jetzt wir müssen auf unsere Trainer hören, was er uns sagen muss. Und weitergehen."