Die weiße Metalltür des Fahrstuhls gleitet zur Seite. Mit Helmen ausgerüstete Schulkinder verlassen den großen Käfig, der an langen Stahlseilen hängt. Im Freiberger Bergwerk können Besucher heute sehen, wo der Wohlstand der Stadt seinen Ursprung hatte. Aber auch Studierende der TU Freiberg gehen hier ein und aus. Das Bergwerk ist Lern- und Forschungsort, erklärt Johannes Drees, 23, Geotechnik-und Bergbau-Student im 11. Semester.
"Und das bedeutet dann gerade für uns Bergbaustudenten, dass wir im Rahmen von den Tiefbaumodulen, Praktika und Ausbildungen unter Tage erhalten und zusätzlich können wir auch in Abstimmung mit dem Institut uns frei bewegen und unseren Freizeitaktivitäten im Rahmen des Studiums nachgehen."
"Glück auf" gehört zum Studium
Drees etwa engagiert sich ehrenamtlich in der Grubenwehr und übt damit auch unter Tage. In Freiberg, so wirkt es, verschmelzen Hobby und Studium. Unter Bergbaustudierenden gibt es eine eigene Kultur, die beim Gruß "Glück auf" beginnt und beim Singen von Bergmannliedern lange nicht endet.
Ein Bergbaustudium, das wird im Gespräch schnell klar, ist keines wie alle anderen. Schon immer sei er technisch interessiert gewesen, nach einem Schülerpraktikum im Tonbergbau stand sein Berufswunsch dann fest, erzählt Drees. Während eines Praktikums im Grundstudium sei sein Herz an der Steinkohle hängengeblieben – deswegen habe er sich im Diplomstudiengang dann auch für die Spezialisierung Bergbau entschieden.
"Einfach dieses Kameradschaftliche, dieser Zusammenhalt. Und auch der Wille für das Unternehmen und für seinen Stand als Bergmann zu arbeiten, das hat mich sehr beeindruckt. Und meine eigene Intention dahinter ist natürlich auch, dass es ein vielfältiges Berufsfeld ist. Was häufig übersehen wird, ist, dass es beim Bergbau nicht nur um den Abbau von Rohstoffen geht, sondern auch um die Herrichtung, also den Schachtbau, Sanierung. Gerade was jetzt momentan auch ein großes Thema ist, die Rekultivierung."
"Es stirbt ein Wirtschaftszweig und eine großartige Kultur"
Das Ende des Steinkohleabbaus mache ihn durchaus emotional, sagt Drees. Weil eine Kultur verloren gehe. Seine Berufschancen sieht er trotzdem positiv, auch in Deutschland, wo es auch jede Menge Mittelständler gebe, die etwa im Steinabbau arbeiteten.
Viele Bergbauingenieure zieht es in die weite Welt, Mitstudent Ansgar Sichler kommt gerade aus Kanada zurück. Er spezialisiert sich in der Tiefbohrtechnik. Und Bohren bedeute für ihn auch Reisen und Abenteuer. Das Auslaufen des Steinkohlebergbaus bedauert auch er.
"Ich finde, dieser Wechsel ist sehr gefährlich. Wir sollten das Schritt für Schritt und nach und nach machen. Vielleicht auch reduzieren, aber gänzlich verwerfen und schließen würde ich sowieso nicht. Wir sollten uns immer die Möglichkeit offen lassen, an unsere eigenen Ressourcen wieder ranzukommen und mit unseren eigenen Ressourcen weiterarbeiten zu können. Das ist das Traurige an der Steinkohle jetzt, die Bergwerke sind verloren, wenn sie geschlossen wurden, die Ressourcen sind damit auch verloren. Es stirbt ein Wirtschaftszweig und eine großartige Kultur gleich mit."
Stein- und Braunkohleabbau stehen weiterhin auf dem Lehrplan, auch weil sie exemplarisch für alles stehen, was einen studierten Bergbau-Ingenieur ausmache, erklären Drees und Sichler. Nur Arbeit werde es dort weniger geben, aber das gelte derzeit auch für Rohstoffe wie Erdöl und Salz, wo der Markt sehr in Bewegung sei, sagt Ansgar Sichler.
"Und dass wir heute Angebote von Unternehmen kriegen, kommt bestimmt vor, aber dass sie hier Schlange stehen nicht. Deswegen: Wir müssen uns schon gut qualifizieren, wir müssen selber gute Leistungen zeigen und auch unsere Flexibilität darstellen können, was wir hier gelernt haben, um wirklich gute Jobs zu kriegen und nicht auch mit unserem angeeigneten Wissen auf der Straße stehen."
Bedarf an Bergbauingenieuren ist da
Für ihn werde es wohl wieder ins Ausland gehen, sagt Sichler. Etwas anders blickt Johannes Drees auf seine Perspektiven:
"Gerade im Bergbau ist die Situation so, dass in den nächsten Jahren viele Fachkräfte in den Ruhestand gehen und damit ist der Bedarf auf jeden Fall vorhanden. Man kann sich nicht darauf ausruhen, dass man ein gutes Studium gemacht hat und dann hofft, dass einen irgendjemand von der Straße aufsammelt. Nur redenden Leuten kann geholfen werden. Wenn ich bei den Firmen anrufe und mich nach der aktuellen Lage erkundige, dann ist es auf jeden Fall möglich, dass schnell ein Job gefunden wird. Und mir ist bisher nicht bekannt, dass einer unserer Absolventen keinen Job gefunden hat."