Die prorussischen Separatisten hätten den Beschuss ukrainischer Stellungen seit gestern Abend erheblich erhöht, und zwar entlang der gesamten Waffenstillstandslinie in den Gebieten Luhansk und Donezk. Das berichtet das ukrainische Militär. Besonders intensiv sei der Beschuss in Schirokine nahe der ukrainisch kontrollierten Hafenstadt Mariupol gewesen. Fotos zeigen dichte Rauchwolken über Schirokine. Ein Sprecher des ukrainischen Militärs sagte, die Separatisten hätten das Feuer zuerst eröffnet, die Ukraine würden zurückschießen.
"Die ukrainischen Stellungen bei Schirokine und Talakovka wurden aus 152-Millimeter-Haubitzen beschossen, Berdjansk mit 122-Millimeter-Artillerie. Schirokine wurde außerdem mit Granatwerfern beschossen. Schwere Minenwerfer trafen außerdem Leninskoje, Kirovo, Schastje und das Dorf Luganskaja."
Waffen mit einem Kaliber von mehr als 100 Millimeter müssten gemäß dem Waffenstillstandsabkommen von Minsk längst abgezogen sein. Ein Vertreter der Separatisten, Denis Puschilin, äußerte heute, es werde möglicherweise noch diese Woche ein neues Abkommen zum Abzug der schweren Waffen unterzeichnet. Und er warf Kiew vor, den Waffenstillstand zu verletzen.
Angst vor neuer Offensive der Separatisten
Die ukrainische Seite aber sieht sich bestätigt. Der Generalstab hatte mehrfach gewarnt, die Separatisten könnten die vorübergehende relative Waffenstille der vergangenen Wochen nutzen, um ihre Kräfte neu zu ordnen und dann in mehreren Richtungen anzugreifen.
In Brüssel warnte heute auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, die schweren Kämpfe in der Ostukraine könnten noch in diesem Sommer wieder aufflammen. Er warf Russland vor, die Separatisten weiterhin mit Ausbildung, Waffen und Soldaten zu unterstützen. Die NATO-Verteidigungsminister haben mit Vertretern aus Kiew in Brüssel verabredet, künftig im Bereich der Flugsicherheit enger zusammenzuarbeiten. Außerdem wolle man einen gemeinsamen Fonds zur Minenräumung einrichten. Details wurden nicht bekannt.
Humanitäre Hilfe von beiden Seiten
Das russische Katastrophenministerium hat heute einen weiteren Konvoi mit humanitärer Hilfe in den Donbass geschickt. Es ist bereits der 31. Hilfskonvoi seit August letzten Jahres. Nach Angaben russischer Behörden haben die mehr als hundert Fahrzeuge rund tausend Tonnen Lebensmittel, Medikamente und Hygienearktikel geladen. Die Ukraine verdächtigt Russland, in den Lieferungen Hilfe für die Separatisten zu transportieren.
Ein wesentlich kleinerer Hilfskonvoi der ukrainischen Seite soll heute Morgen bei der Rückkehr aus Donezk von Separatisten beschossen worden sein. Das berichtet das Rote Kreuz, das die Hilfslieferung organisierte. Mitarbeiter wurden nicht verletzt.