Donald Trumps erste Wochen als 47. US-Präsident sind zugleich Deutschlands entscheidende Wochen im Bundestagswahlkampf. Aus seiner ersten Amtszeit weiß man, dass der Mann mit dem Motto MAGA („Make America Great Again“) nicht gerade für seine Vorhersehbarkeit bekannt ist und Überraschungen mag. Dennoch hat Trump einige seiner Pläne bereits angekündigt.
Zölle und ein möglicher Handelskrieg
Deutschland ist nicht nur ein politischer Verbündeter, sondern auch wirtschaftlich eng mit den Vereinigten Staaten von Amerika verflochten. Trump hat im Wahlkampf allerdings Zölle in Höhe von 10 bis 20 Prozent angekündigt – auf alle Importwaren aus Europa.
Wie stark diese Maßnahme Deutschlands Wirtschaft treffen könnte, zeigt ein Beispiel aus der Autoindustrie: Nahezu jeder dritte Porsche und immerhin jeder sechste BMW wurden 2024 in Nordamerika verkauft, bei Audi, Mercedes und VW lag der Anteil bei 12 bis 15 Prozent.
Nach Berechnungen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung könnte Trumps künftige Zollpolitik alleine in Deutschland bis zu 300.000 Arbeitsplätze bedrohen – je nach tatsächlicher Höhe der Zölle.
Natürlich wären auch andere europäische Staaten davon betroffen. Ein sogenannter Handelskrieg ist nicht ausgeschlossen. Denn sollte Trump seine Ankündigungen wahr machen, will die EU wiederum reagieren: mit Vergeltungszöllen auf US-Importe.
Der Vorsitzende des europäischen Handelsausschusses, Bernd Lange (SPD), sagt über Trump: „Ich mache mir schon Sorgen, weil alle Anzeichen darauf deuten, dass er zumindest Teile dessen, was er angekündigt hat, auch umsetzen wird.“
Erhöhte Verteidigungsausgaben
Neben wirtschaftlichen Verflechtungen sind Europa und die Vereinigten Staaten vor allem bei der Verteidigung verbunden. Diese Partnerschaft wird durch Trumps Forderung nach mehr Verteidigungsausgaben mitunter auf eine harte Probe gestellt. Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte der Republikaner immer wieder verlangt, dass nicht zuletzt Deutschland mindestens zwei Prozent seines Bruttoinlandprodukts ins Militär investiert. Mittlerweile fordert er von den NATO-Staaten fünf Prozent – auch, um neuen Bedrohungen gerecht zu werden, die aus einer veränderten Weltlage hervorgehen könnten.
Zumindest die Zwei-Prozent-Marke hat Deutschland 2024 wieder erreicht – erstmals seit Jahrzehnten. Fünf Prozent in die Wehrfähigkeit zu investieren, würden 2025 allerdings Ausgaben von mehr als 200 Milliarden Euro bedeuten – bei einem geplanten Gesamtetat von knapp 500 Milliarden (angenommenes Bruttoinlandsprodukt: 4.400 Milliarden Euro). Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat bereits gesagt, dass solch hohe Ausgaben nur mit massiven Steuererhöhungen möglich seien oder mit starken Kürzungen in anderen wichtigen Bereichen. Der Kanzler ging deshalb auf Distanz zu Trumps Fünf-Prozent-Ziel.
Allerdings gibt es in Europa auch gegenteilige Stimmen: Mark Rutte, NATO-Generalsekretär und früherer Ministerpräsident der Niederlande, lobt Trump bei jeder Gelegenheit für seinen Druck, den er auf die Europäer ausübt: Ohne die USA müssten die europäischen Staaten acht oder zehn Prozent für ihre Verteidigung ausgeben, wenn sie atomwaffenfähig sein wollen, sagt er.
Kürzungen der Ukraine-Hilfe
Unter Trumps Vorgänger Joe Biden waren die USA bislang der wichtigste Unterstützer der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland. Donald Trump hat mehrfach betont, die Hilfen für die Ukraine kürzen zu wollen – mutmaßlich, um Kiew an den Verhandlungstisch zu zwingen.
Als zweitgrößter Waffenlieferant der Ukraine nach den USA könnte Deutschland dann unter Zugzwang geraten, wiederum mehr zu investieren. Kanzler Scholz rechnet nach eigenen Angaben aber nicht mit einem kompletten Abbruch der US-Unterstützung für die Ukraine.
Beistand der USA ungewiss
Mehrmals hat Trump in der Vergangenheit erwähnt, dass die USA aus der NATO aussteigen könnten. Dadurch will der neue US-Präsident nicht zuletzt Druck auf die anderen Mitgliedsländer des Militärbündnisses aufbauen, damit diese ihre Verteidigungsausgaben dauerhaft erhöhen.
Ob nur leere Drohung oder doch mehr, fest steht: Die Weltmacht USA ist mit Abstand größtes und stärkstes Mitglied der NATO.
Der ehemalige Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, fordert, dass die EU mit einer Stimme sprechen müsse: „Aus chinesischer Sicht sind wir alle Zwergstaaten, auch das 80-Millionen-Volk Deutschland. Und wir werden nur richtig ernst genommen werden, wenn wir dort auftreten mit dem Satz: ‚Wir vertreten hier 450 Millionen Menschen, den größten Wirtschaftsblock der Welt.‘“
Helena Melnikov, Hauptgeschäftsführerin der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) fordert in der „Rheinischen Post“, dass Deutschland mehr Handelsabkommen mit anderen Ländern abschließen solle, beispielsweise mit Indien und Indonesien.
jma