Unabhängig, kämpferisch, furchtlos – das ist das Selbstbild der Bundes-Staatsanwaltschaft von Manhattan. Das bekam jetzt auch die Trump-Regierung zu spüren, als sie versuchte, am Wochenende den leitenden Staatsanwalt Geoffrey Berman loszuwerden.
Mimi Rocah arbeitete 16 Jahre lang in der Staatsanwaltschaft. Sie warf Justizminister William Barr bei NPR vor, er habe etwas gegen die traditionelle Unabhängigkeit:
Barr habe einen sehr kompetenten Staatsanwalt nicht nur ohne legitime Begründung entlassen wollen, sondern habe darüber auch noch gelogen.
Barr hatte am Freitagabend mitgeteilt, Berman sei zurückgetreten. Berman entgegnete, er habe von seinem eigenen Rücktritt aus den Medien erfahren und denke nicht daran. Barr habe außerdem gar nicht die Kompetenzen, ihn zu entlassen. Eine Reaktion, die bei früheren Mitarbeitern sehr gut ankam:
Sie seien stolz darauf, dass Berman die Wahrheit gesagt habe.
Ermittlungen in Trumps Umfeld
Barr musste daraufhin eskalieren und bat Präsident Trump, Berman zu entlassen – das nahm der Staatsanwalt hin und übergab die Geschäfte an seine Stellvertreterin.
Damit hat der Präsident auch offiziell seine Finger mit im Spiel. Das ist brisant, denn die Staatsanwälte in Manhattan haben mit mehreren Fällen zu tun, die direkt in Trumps Umfeld spielen. So brachten sie seinen früheren Anwalt Michael Cohen zu Schuldeingeständnissen und ermitteln laut Medienberichten gegen seinen jetzigen Anwalt Rudi Giuliani. Es geht um die Ukraine. Zwei Geschäftspartner von Giuliani wurden von Bermans Staatsanwaltschaft bereits angeklagt.
Präsident Trump unterschrieb die Entlassung, versuchte aber, sich gleich wieder davon zu distanzieren. Am Samstag, kurz vorm Abflug zu seiner Wahlkampfveranstaltung in Tulsa sagte er, dass das Barrs Sache sei, er sei nicht involviert.
Trumps Verteidiger wiesen darauf hin, dass er Staatsanwalt Berman vor zwei Jahren eingesetzt hatte. Der Republikaner Tim Scott sagte bei ABC:
"Alle im Justizministerium arbeiteten nach dem Belieben des Präsidenten".
Formal mag das richtig sein, aber Kritiker verweisen darauf, dass das Justizministerium und seine Mitarbeiter traditionell unabhängig agieren sollen. Außerdem gab es bislang noch keine offizielle Begründung, warum Staatanwalt Berman gehen musste.
Der demokratische Senator Mark Warner schimpfte bei CBS, der Fall sei ein weiteres Beispiel dafür, dass Justizminister Barr lieber Trumps persönlicher Anwalt sein wolle als der Anwalt der USA.
In Trumps Interesse aggiert
Barrs Kritiker werfen ihm vor, von Anfang an hauptsächlich in Trumps persönlichem Interesse agiert zu haben: Er verharmloste den Untersuchungs-Bericht zur Russland-Affäre, startete eine Untersuchung der Untersuchung, um nachzuweisen, dass die Ermittler Vorbehalte gegen Trump hatten. Er überstimmte die Ankläger im Prozess gegen Trumps Freund Roger Stone und plädierte für eine niedrigere Haftstrafe. Er versuchte, die Anklage gegen Trumps ersten Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn fallen zu lassen, obwohl der sich schon schuldig erklärt hatte.
Die Demokraten wollen jetzt den frisch entlassenen Staatsanwalt Berman im Kongress vorladen. Der Abgeordnete Hakeem Jeffries sagte bei ABC: "Berman kann viel sagen über Chaos, Krisen und Korruption in der Trump-Regierung."
Trump und sein Justizminister müssen jetzt im Senat um Stimmen werben, damit ihr neuer Kandidat für den Staatsanwalts-Posten in Manhattan bestätigt werden kann. Es ist Jay Clayton, bislang Chef der Börsenaufsicht SEC. Laut Medienberichten würde er gerne zurück nach New York. Dort hatte er früher als Anwalt gearbeitet, unter anderem auch für die Deutsche Bank. Die wiederum lange Jahre Geschäfte mit Donald Trump gemacht hatte. Erfahrung als Staatsanwalt hat Clayton nicht. Dafür hat er laut New York Times schon häufiger mit dem Präsidenten Golf gespielt.