Netanjahu im Weißen Haus
Trump für dauerhafte Umsiedlung von Palästinensern - "USA sollten Gazastreifen kontrollieren"

US-Präsident Trump sorgt mit Aussagen zur Zukunft des Gazastreifens für Irritationen. Nach dem Treffen mit Israels Premierminister Netanjahu im Weißen Haus erklärte er, die USA sollten künftig die Kontrolle über das palästinensische Küstengebiet übernehmen.

    Donald Trump und Benjamin Netanjahu sitzen zusammen vor einem Kamin im Oval Office des Weißen Hauses.
    US-Präsident Trump hat nach seinem Amtsantritt als ersten Staatschef Israels Premierminister Netanjahu im Weißen Haus empfangen. (Evan Vucci / AP / dpa)
    Trumps Ansicht nach könne der vom Krieg zerstörte Gazastreifen neu aufgebaut und wirtschaftlich entwickelt werden. Später könnten sich dort "Menschen aus aller Welt" niederlassen. Trump sagte, dass die USA den Gazastreifen übernehmen und besitzen würden (Audio-Link). Dabei schloss er nicht aus, dass zur Absicherung dieser Pläne im Zweifel auch US-Truppen dorthin geschickt werden.

    Ägypten und Jordanien lehnen Vorschlag ab

    Die rund zwei Millionen Palästinenser, für die der Gazastreifen ihre Heimat ist, sollen nach Trumps Willen künftig in anderen arabischen Staaten der Region leben. Man könne jetzt nicht in Gaza leben. Wenn man Jahrzehnte zurückschaue, gebe es nur Tod in Gaza. Ägypten und Jordanien lehnten dies umgehend ab. Saudi-Arabien erklärte, man wende sich gegen jegliche Verletzung der legitimen Rechte des palästinensischen Volkes, sei es durch israelische Siedlungspolitik, die Annexion von Land oder Versuche, die Bevölkerung zu vertreiben. Die Hamas nannte die Vorschläge Trumps lächerlich und absurd.
    Trump spricht sich schon länger dafür aus, den Gazastreifen komplett zu räumen und die dort lebenden Palästinenser in arabische Länder "umzusiedeln". Die Umsiedlung von Menschen gegen ihren Willen wird als Zwangsumsiedlung oder Vertreibung bezeichnet. 
    Netanjahu sprach von unkonventionellen Denkweisen und frischen Ideen, die Aufmerksamkeit verdienten. Er ist der erste offizielle ausländische Staatschef im Weißen Haus seit Trumps Amtsantritt vor rund zwei Wochen.

    Trump spricht von "Riviera des Nahen Ostens"

    Trump bezeichnete das Potenzial des Gazastreifens als unglaublich. Dort könnten künftig Menschen aus aller Welt leben. Auch Palästinenser würden dort wohnen. Aus dem Gebiet könne eine "Riviera des Nahen Ostens" werden. Man werde sich darum kümmern, alle nicht explodierten Bomben und andere Waffen auf dem Gelände zu beseitigen und es es dann wieder aufzubauen, führte Trump aus. Auf diese Weise sollten eine unbegrenzte Anzahl von Arbeitsplätzen und Wohnraum für die Menschen in diesem Gebiet geschaffen werden. Die Vereinten Nationen schätzten im Januar, dass 50 Millionen Tonnen Schutt beseitigt werden müssen, was 21 Jahre dauern und bis zu 1,2 Milliarden Dollar kosten könnte.
    In den USA äußerte sich der republikanische Senator Graham aus South Carolina zurückhaltend zum Vorschlag seines Parteikollegen. Man werde sehen, was die arabischen Freunde dazu sagen würden, sagte er dem Sender CNN. Die meisten Bürger seines Bundesstaates wären wahrscheinlich nicht begeistert, Amerikaner zur Übernahme des Gazastreifens zu entsenden. Der demokratische Senator Murphy erklärte, Trump habe völlig den Verstand verloren.

    Israelischer Historiker Segev: "Verrückte Idee"

    Der israelische Historiker und Journalist Tom Segev bezeichnete die Äußerung von US-Präsident Trump, den Gazastreifen übernehmen und wirtschaftlich entwickeln zu wollen, als "verrückte Idee". Er sagte im Deutschlandfunk, bei den Palästinensern im Gazastreifen handele es sich nicht um eine normale Nachbarschaft, sondern um eine Gemeinde mit einer gemeinsamen nationalen Identität. Es sei schwer zu verstehen, was in Trumps Kopf vor sich gehe.

    Enges Verhältnis zu Israel

    Die USA sind der wichtigste Verbündete Israels. Trumps Vorgänger Biden hatte zwar trotz der zunehmenden Kritik am Vorgehen in Gaza zu Israel gehalten, gegenüber Netanjahus Regierung aber deutlich schärfere Töne angeschlagen. Das Verhältnis zwischen Biden und Netanjahu war angespannt. Trump dagegen ist als enger Verbündeter Netanjahus bekannt. Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte Trump eine Reihe einseitig proisraelischer Entscheidungen getroffen und damit die Palästinenser gegen sich aufgebracht.
    Diese Nachricht wurde am 05.02.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.