US-Regierung
Angriff auf den Rechtsstaat

US-Präsident Donald Trump und sein Vertrauter Elon Musk gehen gegen Staatsanwälte vor, wickeln Bundesbehörden ab und wollen offenbar tausenden Bundesbeamten kündigen. Vollzieht sich in den USA ein schleichender Staatsstreich?

    US-Präsident Donald Trump auf der rechten und sein Vertrauter Elon Musk auf der linken Seite laufen vor Palmen auf die Kamera zu. Trump trägt ein MAGA-Basecap.
    Elon Musk beschimpft Beamte als faul und korrupt und plant, Bundesbehörden radikal zu schrumpfen. US-Präsident Trump betont, dass Musk nicht ohne seine Zustimmung handelt. (picture alliance / AP / Brandon Bell)
    Der Tech-Milliardär Elon Musk mischt seit Tagen US-Regierungsbehörden auf. Als „besonderer Regierungsangestellter“ hat ihn Präsident Donald Trump mit der Senkung der Staatsausgaben beauftragt.
    Um sein Ziel radikaler Entlassungen und Kürzungen im US-Bundesapparat zu erreichen, nutzt Musk dieselben Methoden wie in seinen Unternehmen X: „Weggabelung“ lautete der Betreff der E-Mail, in der in der vergangenen Woche mehr als zwei Millionen Bundesbedienstete aufgefordert wurden, bis zum 6. Februar zu kündigen. Genauso hatte sich Musk nach seiner Übernahme von Twitter an alle Angestellten gewandt.
    Musks Mitarbeiter haben inzwischen fast überall Zugang - mit oder ohne Sicherheitsüberprüfung. In vielen Behördenprogrammen und E-Mail-Systemen haben sie KI-Software installiert, um Beschäftigte und Ausgaben zu kontrollieren.
    Selbst in Trumps Umgebung gebe es ein Gefühl der Hilflosigkeit, dass Elon Musk niemandem gegenüber rechenschaftspflichtig sei, berichtet die "New York Times" aus Gesprächen mit hochrangigen Beamten.

    Inhalt

    Musk als „besonderer Regierungsangestellter“

    Seit Tagen mischt Tech-Milliardär Elon Musk US-Regierungsbehörden auf. Doch auf welcher rechtlichen Grundlage? Das Weiße Haus äußerte sich nun zum ersten Mal dazu.
    Er sei ein „besonderer Regierungsangestellter“, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt. Dabei seien auch alle zutreffenden Gesetze eingehalten worden. US-Präsident Trump hatte ihn mit der Senkung der Staatsausgaben betraut. Dafür wurde nach einem Namensvorschlag von Musk ein Gremium mit dem Namen DOGE (Department of Government Efficiency) gegründet. Es ist ein Gremium, das ans Weiße Haus angeschlossen ist. 

    Welche Kritik gibt es daran?

    Der Status als „besonderer Regierungsangestellter“ (Special Government Employee) bringt einige Einschränkungen mit sich. Unter anderem ist er für Personen gedacht, die in einem Zeitraum von 365 Tagen nicht länger als 130 Tage für die Regierung arbeiten. Musk hatte die Kürzungspläne für DOGE ursprünglich auf zwei Jahre angelegt.
    Auch gelten für solche Beschäftigten Ethik-Regeln. Dazu gehört, dass sie nicht in Angelegenheiten involviert sein dürfen, die ihre finanziellen Interessen betreffen. Musk ist unter anderem Chef des Elektroautobauers Tesla und der Raumfahrtfirma SpaceX, die auch viele Raketenstarts im Auftrag der US-Regierung durchführt. SpaceX wird von der Luftfahrtaufsicht FAA kontrolliert und gegen Tesla laufen mehrere Ermittlungsverfahren bei der Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA.

    Entlassungen hochrangiger Beamter

    30 Staatsanwälte wurden bereits entlassen, weil sie an den Ermittlungen zum Umsturzversuch am Kapitol am 6. Januar 2021 beteiligt waren. Jetzt sind auch hochrangige Führungskräfte des FBI betroffen. Tausende von FBI-Beamten mussten in einem zwölfseitigen Fragebogen ihre Rolle bei den Ermittlungen offenlegen. Es werden großflächige Kündigungen erwartet. US-Präsident Trump hat seit Jahren Rache geschworen als Vergeltung für die Ermittlungen gegen seine Beteiligung am Umsturzversuch.

    US-Entwicklungshilfe USAID wird eingefroren

    US-Außenminister Marco Rubio hat vorübergehend die Leitung der von Präsident Donald Trump heftig kritisierten Entwicklungshilfe-Agentur USAID übernommen. Für ein solches Vorgehen ist eigentlich die Zustimmung des US-Kongresses nötig. Rubio kündigte an, den "Ungehorsam" der Behörde gegenüber Trumps Agenda zu beenden.
    USAID ist für die Entwicklungshilfe sowie humanitäre Hilfen im Ausland zuständig. Die USA sind bislang entscheidender Geldgeber in vielen Bereichen von Notfallhilfe bis HIV-Vorbeugung. Die Behörde hat ein jährliches Budget von 42,8 Milliarden Dollar (rund 41,9 Milliarden Euro).
    Rubio kritisierte nun, dass sich USAID oft verhalte wie eine "unabhängige Nichtregierungs-Einheit". Oft betreibe die Behörde Programme, die der "nationalen Strategie" der Regierung entgegenlaufen würden.
    Auch Musk hatte USAID zuletzt hart kritisiert und diese sogar als "kriminelle Organisation" bezeichnet. In einem Live-Gespräch auf seiner Onlineplattform X sagte Musk, er und Trump hätten sich darauf geeinigt, dass USAID "geschlossen" werden solle.
    So weitgehend äußerte sich Trump selbst aber noch nicht über die Zukunft der Behörde. Er betonte am Montag auch, dass Musk keine autonome Entscheidungsbefugnis habe. Musk "kann und wird" nichts ohne "unsere Zustimmung" tun, sagte der Präsident.
    Der Sender CNN berichtete, dass zwei hochrangige USAID-Sicherheitsbeamte suspendiert worden seien, nachdem sie Musk-Mitarbeitern die Einsicht in Verschlusssachen verwehrt hätten. Die zwei DOGE-Vertreter wollten sich demnach auch Zugang zu Personalakten und Sicherheitssystemen in der USAID-Zentrale verschaffen. Ein Trump-Sprecher dementierte den Bericht.

    Welche Gesetze und Vorschriften sprechen gegen das Vorgehen?

    Die Demokraten sind der Meinung, dass ein US-Präsident nicht die verfassungsmäßige Befugnis hat, um USAID abzuschaffen. Unklar ist jedoch, was Trump davon abhalten könnte. Eine Mini-Version dieses Rechtsstreits spielte sich bereits in Trumps erster Amtszeit ab, als er versuchte, den Haushalt für Auslandseinsätze um ein Drittel zu kürzen.
    Als der Kongress sich damals weigerte, griff die Trump-Administration auf Einfrierungen und andere Taktiken zurück, um Mittel für Auslandsprogramme, die bereits vom Kongress bewilligt worden waren, zu kürzen. Das sogenannte Government Accountability Office stellte später fest, dass dies ein Gestzesverstoß gegen den Impoundment Control Act war.

    Zugang zum Zahlungssystem des Finanzministeriums

    Für Wirbel sorgen in Washington auch die Berichte, wonach der neue Finanzminister Scott Bessent Musk-Mitarbeitern den vollen Zugriff auf das Auszahlungssystem seines Hauses gewährt hat. Von hier gehen Zahlungen in Höhe von mehr als sechs Billionen Dollar üblicherweise an Dienstleister der US-Regierung, an Krankenversicherte, Rentner und Bundesbeschäftigte aus. Da das System zahlreiche sensible Daten enthält, erhielt den Berichten zufolge bisher nur eine kleine Zahl von Laufbahnbeamten den Zugriff darauf.
    Musk hat auf X behauptet, dass Beamte im US-Finanzministerium stündlich die Gesetze brechen würden, ohne dafür Beweise vorzulegen. Nachdem sich der zuständige Beamte des Finanzministeriums geweigert hatte, Musks Team ohne die erforderliche Sicherheitsüberprüfung Zugang zu gewähren, hat ihn US-Finanzminister Scott Bessent daraufhin in den einstweiligen Ruhestand versetzt.
    Jetzt könnten Musks Leute also Auszahlungen der US-Regierung verhindern - das wäre ein klarer Verstoß gegen das Haushaltsrechts des US-Kongresses. Doch die republikanische Mehrheit dort bleibt bislang stumm. Von der Zahlstelle werden auch Rechnungen von Musks Konkurrenzunternehmen beglichen - viel Raum für Korruption, befürchten Kritiker.
    US-Präsident Trump betonte hingegen, Ziel sei lediglich, dass Musk Informationen sammeln könne, auf deren Basis Regierungsbeschäftigte entlassen werden können, wenn der Tech-Milliardär dies für nötig halte – „und wir mit ihm einverstanden sind“.

    Welche Möglichkeiten gibt es, das Vorgehen zu stoppen?

    Die Demokraten reagierten äußerst beunruhigt. Ihr Fraktionschef im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, kündigte einen Gesetzesantrag an, um den "unrechtmäßigen Zugang" zum Auszahlungssystem zu stoppen.
    Gewerkschaften wollen ihrerseits mit einer Klage den Zugriff von Musk und seinen Vertrauten auf das Zahlungssystem des US-Finanzministeriums verhindern. Sie argumentieren in der Klageschrift, der Zugang für Vertreter von Musks Kostensenkungs-Gremium DOGE sei illegal und verletze vor allem Datenschutz-Regeln.
    Über das System werden auch Zahlungen an Regierungsangestellte und Ruheständler abgewickelt. Die zwei Gewerkschaften und eine Ruheständler-Vertretung sehen deswegen Rechte ihrer Mitglieder verletzt. Verklagt wurden Finanzminister Scott Bessent und sein Ministerium.

    Warum ist das Vorgehen problematisch?

    Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren bezeichnete es in einem Brief an US-Finanzminister Scott Bessent als "außerordentlich gefährlich", mit dem Auszahlungssystem "herumzupfuschen". Sie sei "alarmiert" darüber, dass Bessent als eine seiner ersten Amtshandlungen offenbar ein System mit den privaten Daten von Millionen Bürgern "einem nicht gewählten Milliardär und seinen unqualifizierten Lakaien ausgehändigt" habe.
    Warren warnte auch, dass die Marginalisierung von erfahrenen Beamten im Finanzministerium das Risiko eines Schuldendienstverzugs der USA steigere, "was eine globale Finanzkrise auslösen könnte".

    tha