
Donald Trump setzte am ersten Tag seiner Amtszeit ein Signal, dessen Bedeutung 50 Tage später sonnenklar geworden ist. Mit der Begnadigung aller Aufständischen vom 6. Januar 2021 deutete er den Angriff auf die amerikanische Demokratie zu einem Akt des Widerstands um – und setzt ihn nun selbst unter dem Vorwand fort, Amerika retten zu wollen.
Projekt 2025 als Blaupause
Während der Sturm des Kongresses durch seine gewaltbereiten Anhänger am wehrhaften Staat scheiterte, versucht der wiedergewählte Präsident, die Institutionen jetzt mit einem „stillen Coup“ in die Knie zu zwingen. Die Blaupause dafür bietet das Projekt 2025 der rechten Heritage Foundation, die auf über 900 Seiten eine detaillierte Anleitung für den Umbau der USA zu einer Autokratie liefert.
Während Trump 2016 selbst von seinem Wahlsieg überrascht war und Mühe hatte, Schlüsselposten zu besetzen, ist er dieses Mal bestens vorbereitet. Er kann sich auf eine Armee rechter Ideologen, fundamentalistischer Frömmler und gleichgeschalteter Republikaner stützen. An seiner Seite stehen steinreiche Oligarchen wie Mark Zuckerberg und Jeff Bezos, die in vorauseilendem Gehorsam „Meta“ und die „Washington Post“ auf Kurs bringen.
Als Abrissbirne gegen die als „tiefen Staat“ denunzierten zwei Millionen Bundesbediensteten volontiert der in Südafrika geborene Elon Musk. Ein Normenbrecher, wie Trump selbst, der aus seiner Missachtung für die Institutionen der amerikanischen Demokratie kein Geheimnis macht. Die Bilder aus dem Oval Office, die ihn in Jeans, T-Shirt und schwarzer MAGA-Kappe mit Sohn „X“ auf den Schultern zeigen, vermitteln eine klare Botschaft. Hier ist einer, der seine eigenen Regeln macht.
Musks Scheinbehörde für Regierungseffizienz
Dass er an der Spitze einer Scheinbehörde für Regierungseffizienz mit dem Kürzel DOGE steht, macht den Freiwilligeneinsatz Musks noch dystopischer. Die klugen Zwerge in seinen Diensten leisten dennoch ganze Arbeit. Sie zerstören im Eiltempo und ohne Mandat den Entwicklungsdienst USAID, die Klimaschutzbehörde NOAA, das Bildungsministerium, die Steuerbehörde IRS sowie zahlreiche Institutionen aus Forschung, Kultur und Gesundheitswesen.
Die bereits etablierte Verwendung des Begriffs „Behörde für Regierungseffizienz“ unterstreicht den Erfolg des „stillen Coups“. Tatsächlich kann ein Präsident nicht per Dekret eine Behörde schaffen oder ihr nur einen Cent an Steuergeld geben. Dieses Recht steht allein dem Kongress zu. DOGE ist so sehr ein Fantasielabel, wie Donald Trumps Dekrete den Wert der goldumrandeten Diplomurkunden seiner ehemaligen Privatuniversität haben.
Massenentlassungen und Flut an Dekreten
Die Massenentlassungen von DOGE, die Flut an Dekreten und gezielte Provokationen wie die Deportationsflüge nach Guantánamo oder das schockierende Vorgehen gegen den missliebigen Palästinenser-Aktivisten Mahmoud Khalil gehören zur „Shock and Awe“-Strategie, die auf Überwältigung abzielt. Der Aktivismus soll ein Gefühl der Hilflosigkeit schaffen, Widerspruch abwürgen, Kritiker einschüchtern und den Widerstand lähmen.
Ein Kalkül, das angesichts der schwachen Opposition der Demokraten aufzugehen scheint. Die haben dem „stillen Coup“ bisher nicht mehr als pinkfarbene Blusen und schwarze Papptafeln entgegenzusetzen.
Die letzte Bastion gegen Trumps Angriff auf die Demokratie in Amerika ist einmal mehr der Rechtsstaat. Mindestens in 44 Prozessen haben Richter Dekrete und DOGE gestoppt. So mussten etwa die Massenentlassungen Tausender Staatsdiener rückgängig gemacht werden. Tag und Nacht kommen weitere Klagen zu den mehr als hundert bereits eingereichten hinzu.
Falls sich der Möchtegernautokrat nicht an die Urteile hält, steuern die USA auf eine Verfassungskrise zu. Deren Ausgang wird darüber entscheiden, ob nach dem Scheitern des Aufstands vom 6. Januar 2021 Trump mit seinem „stillen Coup“ gegen Amerikas Demokratie Erfolg haben wird.