
US-Präsident Donald Trump hat in den ersten Wochen seiner zweiten Amtszeit mehr Anordnungen erlassen als jeder seiner Vorgänger. Er feuert Beamte, verschärft die Migrationspolitik und lockert Umweltauflagen. Vieles spricht mittlerweile dafür, dass er einem festen Drehbuch folgt – dem "Project 2025", entworfen von der rechtskonservativen Denkfabrik Heritage Foundation.
Das radikale Programm ist mehr als ein Leitfaden für die Regierung; es zielt darauf ab, den Staatsapparat radikal umzubauen und Trumps Macht auszuweiten. Fast zwei Drittel seiner bisherigen Erlasse sollen direkt oder indirekt aus dem Plan "Project 2025" stammen, zeigt eine Analyse der US-amerikanischen Zeitschrift "Time".
Welche Ziele verfolgt "Project 2025"?
"Project 2025" ist ein politischer Masterplan erzkonservativer Denkfabriken wie der Heritage Foundation. Ziel ist es, den Einfluss der US-Bundesinstitutionen zu schwächen und die Macht des Präsidenten auszuweiten. Das 2023 veröffentlichte Programm beschreibt detailliert, wie eine republikanische Regierung in den ersten 180 Tagen weitreichende Veränderungen durchsetzen kann. Geplant sind unter anderem der Abbau der Bundesverwaltung, massive Deregulierung, eine härtere Migrationspolitik mit Massendeportationen, die Abschaffung von Diversitäts-Programmen und die verstärkte Förderung fossiler Brennstoffe.
Einer der führenden Köpfe hinter "Project 2025" ist Russell Vought. Im Februar bestätigte der US-Senat ihn mit republikanischer Mehrheit als Leiter des Haushaltsbüros. Die Demokraten scheiterten mit dem Versuch, seine Ernennung zu verhindern, und warnten, er sei der gefährlichste aller von Trump nominierten Kandidaten.
Was hat Donald Trump bereits aus "Project 2025" umgesetzt?
Den rechten Vordenkern hinter "Project 2025" geht es um weit mehr als nur konservative Inhalte, sagt die US-amerikanische Politikwissenschaftlerin Laura Field. „Sie wollen Präsident Trump die Instrumente an die Hand geben, mit denen er in einigen Fällen die rechtlichen oder verfassungsrechtlichen Grenzen der Exekutive überwinden kann“, erklärt sie. Erste Maßnahmen von Trump überschneiden sich in vielen Punkten mit dem Fahrplan von "Project 2025":
Regierungsumbau und Bürokratieabbau
Ein zentrales Ziel von "Project 2025" ist der Umbau der Bundesverwaltung – ein Vorhaben, das Trump mit mehreren Dekreten vorantreibt. So reaktivierte er etwa die von seinem Vorgänger Joe Biden blockierte „Schedule F“-Verordnung, die es erleichtert, Beamte in Bundesbehörden und Ministerien durch politische Angestellte zu ersetzen.
Trump setzte rund zwei Millionen Bundesbedienstete unter Druck, indem er ihnen eine Frist setzte, innerhalb derer sie gegen eine Abfindung freiwillig kündigen konnten. Laut Weißem Haus haben 40.000 Beschäftigte davon gebraucht gemacht. Ein Bundesrichter hat diese Maßnahme aber vorerst gestoppt. Zusätzlich verhängte Trump einen Einstellungsstopp für Bundesbeamte, um die Verwaltung weiter zu verkleinern – auch eine Maßnahme, die das "Project 2025" empfiehlt.
Zahlreiche Beamtenentlassungen
30 Staatsanwälte wurden entlassen, weil sie an den Ermittlungen zum Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 beteiligt waren – ebenso hochrangige FBI-Führungskräfte. Auch bei der Agentur für internationale Entwicklung (USAID) kam es zu Entlassungen, nachdem Sicherheitsbeamte Elon Musks Mitarbeitern den Zugang zu geheimen Bereichen verweigert hatten.
Der Tech-Milliardär, ein enger Verbündeter Trumps, gilt als „besonderer Regierungsangestellter“. Auf Musks Vorschlag hin gründete die Regierung das „Department of Government Efficiency“ (DOGE) – ein direkt dem Weißen Haus unterstelltes Gremium, das Bürokratie abbauen und Staatsausgaben senken soll.
Einwanderung und Grenzsicherung
Der Schutz der US-Grenze zählt zu den Prioritäten von "Project 2025". An der Südgrenze zu Mexiko soll Trumps Grenzmauer fertig gebaut und die Einwanderungsgesetze verschärft werden. Die Inhaftierung und Abschiebung illegal Eingereister sei von „entscheidender Bedeutung, wenn wir die Kontrolle über die Grenze zurückgewinnen“ wollen, heißt es im Fahrplan.
Kurz nach Amtsantritt rief Trump den nationalen Notstand an der Südgrenze aus und ließ Truppen entsenden. Kein illegaler Migrant soll mehr über die Südgrenze in die USA gelangen - so das erklärte Ziel. Gleichzeitig verschärft Trump die Asylpolitik. Er plant unter anderem Massenabschiebungen und hat direkt nach Amtsantritt zehn Dekrete unterzeichnet, um die Migrationspolitik zu verschärfen. Dazu zählen Razzien zur Festnahme illegaler Migranten, die Abschaffung von Schutzorten für Migranten. Auch das entspricht der Strategie von "Project 2025".
Umwelt- und Energiepolitik
Trumps Umwelt- und Energiepolitik folgt ebenfalls den Empfehlungen von "Project 2025", das Klimaschutzmaßnahmen entschieden ablehnt. Gleich am ersten Tag seiner zweiten Amtszeit ordnete Trump per Dekret an, die Energiegewinnung in Alaska auszuweiten und dort verstärkt Öl- und Gasbohrungen zu betreiben.
Trump zog die USA erneut aus dem Pariser Klimaabkommen zurück – ein zentraler Punkt der "Project 2025"-Agenda, die internationale Klimaziele als wirtschaftsschädlich einstuft. Zudem erklärte das Weiße Haus einen landesweiten Energie-Notstand. Das gibt dem Präsidenten Hebel in die Hand, um den Ausbau der fossilen Energien zu fördern.
Zudem entließ die US-Regierung 1300 Mitarbeiter der Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA. Auf ihre Daten greifen Klimaforscher weltweit zurück.
Gleichberechtigung und Diversität
"Project 2025" setzt sich gegen Abtreibung, LGBTQ-Rechte und Maßnahmen zur Förderung der Gleichberechtigung ein. Trump folgt dieser Linie und hat per Dekret festgelegt, dass es nur zwei Geschlechter gibt – eine Maßnahme, die auch im Handbuch konkret empfohlen wird.
Außerdem beschloss Trump, Transgender-Athletinnen aus dem Frauensport auszuschließen. "Project 2025" fordert dies zwar nicht explizit. Der Ausschluss von Transgender-Athletinnen vom Frauensport lässt sich jedoch daraus ableiten, da es vorschlägt, Geschlecht ausschließlich biologisch zu definieren. Außerdem hob Trump den Schutz für Transgender-Personen in der Armee wieder auf – ebenfalls ein Vorschlag aus dem Masterplan.
Eine rechtsgerichtete Gruppe, die von der Heritage Foundation, also der Denkfabrik hinter "Project 2025", finanziert wird, soll laut einem Bericht der britischen Zeitung "The Guardian" Listen von Regierungsangestellten erstellt haben. Ziel sei es, „linke Bürokraten“ zu identifizieren, die die „America First“-Agenda“ behindern könnten. Betroffen sind vor allem schwarze Beamte im Gesundheitswesen, Mitarbeiter des Bildungsministeriums und Einwanderungsbeamte.
Trump ordnete die Abschaffung von Diversity-, Equity- und Inclusion-Programmen (DEI) in der Bundesverwaltung an – eine zentrale Empfehlung des „Project 2025“. Diese Programme sollen sicherstellen, dass Menschen unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Behinderung gleiche Chancen im Berufsleben erhalten und strukturelle Diskriminierung abgebaut wird. Kritiker warnen, dass ohne DEI vor allem Frauen, ethnische Minderheiten und Menschen mit Behinderungen wieder größere Hürden beim Zugang zu Jobs und Bildungseinrichtungen haben könnten.
Internationale Organisationen
Trump ordnete den Austritt der USA aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an. Obwohl "Project 2025" den Austritt aus der WHO nicht ausdrücklich empfiehlt, rät es den USA, die „blinde Unterstützung“ für internationale Organisationen zu beenden. Auch dazu passt, dass Trump bestimmte Formen der Auslandshilfe gestoppt hat, mit der Begründung, dass viele internationale Hilfsprogramme nicht im Interesse der USA seien. Er will unter anderem die US-Behörde für internationale Entwicklung USAID auflösen.
Wo stößt Trump an seine Grenzen – und warum?
Trump stößt bei der Umsetzung seiner Politik auf verschiedene rechtliche und institutionelle Grenzen. Seine Strategie, durch eine Flut von Dekreten und Provokationen die öffentliche Aufmerksamkeit zu dominieren – genannt „Flood the zone“ –, hat zu zahlreichen rechtlichen Anfechtungen geführt.
So haben beispielsweise Gewerkschaften Klagen gegen die Verletzung des Kündigungsschutzes für Bundesbeamte eingereicht. Zehntausende Regierungsmitarbeiter waren zuvor laut US-Medienberichten bereits gefeuert worden - zehntausende weitere Beschäftigte müssen damit rechnen.
Es zeichnet sich ein Machtkampf zwischen Trump und Teilen der US-Justiz ab. Hunderte Menschen ließ der Präsident abschieben, obwohl ein Bundesrichter dies verboten hatte. Mehr als 120 Klagen gegen Trumps Politik sind anhängig. Marco Overhaus von der Stiftung Wissenschaft und Politik sieht die US-amerikanische Demokratie an einem "Kipppunkt".
Viele Klagen gegen Trumps Politik könnten vor dem Supreme Court landen, in dem es jedoch eine konservative Mehrheit gibt. Allerdings scheint es auch am Obersten Gericht der USA Bedenken am Vorgehen des Präsidenten zu geben. Zumindest wird eine Äußerung von John Roberts, Chief Justice of the United States, als Kritik an Trump gedeutet.
Wenn man mit der Entscheidung eines Richters nicht einverstanden sei, sei es keine angemessene Reaktion, ein Amtsenthebungsverfahren zu verlangen, rügte der Chef des Supreme Court. Zuvor hatte Trump gedroht, Bundesrichter James Boasberg abzusetzen, nachdem dieser versucht hatte, Abschiebungen von mehreren Venezolanern nach El Salvador vorübergehend zu stoppen.
In der Bevölkerung gibt es bereits vielerorts Widerstand. In mehreren US-Städten wurde gegen Trumps Politik, Musk und seinem Department of Government Efficiency sowie "Project 2025" demonstriert.

Welche Punkte aus "Project 2025" könnten noch umgesetzt werden?
Einige zentrale Forderungen aus "Project 2025" sind noch nicht umgesetzt, könnten aber bald folgen, sagen Experten. Viele davon dürften auf erhebliche rechtliche und politische Widerstände stoßen.
Einschränkung von Abtreibungsmedikamenten
Trump hielt sich im Wahlkampf zur Abtreibungsfrage zurück. Er lobte die Aufhebung von Roe v. Wade, lehnte ein landesweites Verbot aber zunächst ab. Später deutete er Einschränkungen für späte Abtreibungen an, ohne eine Frist zu nennen. "Project 2025" geht weiter: Die Abtreibungspille Mifepriston soll verboten oder strenger reguliert werden. Falls das nicht reicht, könnte Trump das Comstock-Gesetz von 1873 nutzen, um den Versand von Abtreibungspillen ganz zu verbieten. Ob er diese Pläne umsetzt, bleibt offen.
Schulen und Universitäten
Trump will das Bildungswesen in den USA radikal nach seinen Vorstellungen umgestalten - das Bildungsministerium auf Bundesebene will er zerschlagen. Private Schulen und Homeschooling sollen gestärkt werden, Lehrer ihren Kündigungsschutz verlieren, und Eltern mehr Einfluss auf die Entlassung von Schulleitern erhalten. Zudem will er das unabhängige Akkreditierungssystem staatlich kontrollieren.
Große Universitätsvermögen, besonders von Hochschulen mit Diversity-Programmen, sollen stärker besteuert werden. Die Einnahmen fließen in eine „wokeness-freie“ Online-Universität. Viele dieser Pläne überschneiden sich mit "Project 2025", das ebenfalls stärkere Kontrolle über Hochschulen und höhere Steuern auf Universitätsvermögen fordert.
Schutzzölle und Steuersenkungen
Trump setzt auf eine protektionistische Wirtschaftspolitik: Er erhebt neue Strafzölle gegen Mexiko und Kanada und hält an den China-Zöllen fest. "Project 2025" befürwortet diesen „America First“-Kurs, ohne direkt staatliche Einnahmen durch Zölle zu verlangen. Außerdem will Trump das Gesetz zu den 2017 beschlossenen Steuersenkungen, die vor allem Unternehmen und Spitzenverdienern zugutekommen, verlängern. Die Maßnahme ist ein zentrales Anliegen von "Project 2025".
Arbeitsrecht lockern
"Project 2025" will das Arbeitsrecht deutlich abschwächen: Überstunden sollen weniger vergütet, der Mindestlohn gelockert und der Arbeitsschutz für junge Beschäftigte reduziert werden. Plattformarbeiter wie Uber-Fahrer sollen einfacher als Selbstständige gelten, was ihren rechtlichen Schutz schwächt. Trump hat sich dazu noch nicht klar positioniert, doch "Project 2025" drängt zumindest auf eine rasche Umsetzung.
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