Kommentar zur Ukraine
Ein gerechter Frieden ist in weite Ferne gerückt

Trump hat der Ukraine quasi im Vorbeigehen mitgeteilt, dass er sich mit Putin auf die Aufnahme von Friedensgesprächen verständigt hat. Selenskyjs Mantra, dass sein Land an Verhandlungen beteiligt wird, interessiert den US-Präsidenten nicht.

Von Peter Sawicki |
Das durch eine Mehrfachbelichtung in der Kamera entstandene Bild zeigt den Oberkörper Donald Trumps bis zur Nase. Die Augen sind nicht mehr zu sehen. Links neben ihm spiegelt sich eine USA-Flagge.
Durch Trumps Alleingang wird Aggressor Putin voraussichtlich mit zusätzlicher Landnahme belohnt. (picture alliance / Sipa USA / SOPA Images)
Als Donald Trump vor einem Monat sein Amt als Präsident der USA antrat, gab es in der Ukraine nicht wenige, die darin auch eine Chance sahen. Endlich kommt jemand ins Weiße Haus, so der Tenor, der mit Entschlossenheit und einem unkonventionellen Politikansatz Kriegstreiber Wladimir Putin tatsächlich zum Einlenken zwingen kann. Diese Haltung sprach Bände über Trumps Vorgänger Joe Biden, dessen Unterstützung für die Ukraine bei vielen als bestenfalls halbherzig in Erinnerung bleiben wird.

Die Ukraine in Entscheidung nicht eingebunden  

Doch der 12. Februar dürfte zahlreichen Ukrainerinnen und Ukrainern die Illusion genommen haben, in Trump einen ernsthaften Partner an ihrer Seite zu wissen. Für sie muss dieser Mittwoch geradezu als Tag des Verrats wirken. Da teilte Trump quasi im Vorbeigehen mit, dass er sich mit Putin auf die Aufnahme von Friedensgesprächen verständigt hat. Und noch bevor diese begonnen haben, machte Trumps neuer Pentagon-Chef Pete Hegseth in Brüssel der russischen Seite schon umfassende Konzessionen – kein NATO-Beitritt für die Ukraine, keine Wiederherstellung der territorialen Integrität, und eine etwaige Nachkriegsordnung werde Washington militärisch auch nicht absichern.
Wolodymyr Selenskyj wurde dabei erst nach Trumps Telefonat mit Putin kontaktiert. Selenskyjs Mantra, dass die Ukraine an Verhandlungen beteiligt wird, interessiert Trump nicht. Ein gerechter Frieden, den die Ukraine zu Recht einfordert, ist somit in weite Ferne gerückt. Es ist absehbar, dass sich Putin trotz zahlloser Kriegsverbrechen nicht vor einem Tribunal wird verantworten müssen. Stattdessen wird er als Aggressor voraussichtlich mit zusätzlicher Landnahme belohnt. Für die schätzungsweise sechs Millionen unter russischer Besatzung darbenden Ukrainer ist das eine Katastrophe.
Diejenigen, die auf dem von Kiew kontrollierten Gebiet leben, können jetzt allenfalls darauf hoffen, dass ihr Land souverän bleibt und Moskaus imperialem Wahn nicht völlig ausgeliefert wird. Dafür müsste Selenskyj aber erst formal an den von Trump forcierten Gesprächen teilnehmen können – was gegen Putins Widerstand schwierig genug wird.

Europas Führungskräfte wirken hilf- und ratlos

In die Waagschale kann die Ukraine zumindest noch ein mögliches Abkommen mit den USA über den Abbau von Rohstoffen im eigenen Land werfen. Zudem wird man in Kiew hoffen, dass sich Trumps Sprunghaftigkeit doch noch zum eigenen Vorteil nutzen lässt. Gleichwohl ist die Hoffnung darauf nach den Erklärungen von diesem denkwürdigen Mittwoch spürbar gering geworden.
Bleibt noch die Option, dass Europa doch noch entschiedener in die Bresche springt. Dort jedoch wirken die meisten politischen Führungskräfte vor allem eines: hilf- und ratlos.
Die Ukraine wird sich zwar nicht einfach ihrem Schicksal fügen. Für das gescholtene Land könnten dennoch noch bittere Zeiten bevorstehen.