Dass es schnell Zweifel an der Erkrankung des US-Präsidenten gegeben habe, liege daran, dass von US-Präsident Donald Trump vor allem zwei Aussagen zu Corona und COVID-19 bekannt seien, sagte Michael Butter, Amerikanist und Kulturhistoriker an der Universität Tübingen, im Deutschlandfunk:
"Die eine Aussage ist: Das ist alles komplett harmlos, und das wird vorübergehen und ist bald vorbei. Aber durch die Aufnahmen von Bob Woodward wissen wir ja, dass er von Anfang an wusste, wie problematisch und gefährlich diese Krankheit sein kann. Deshalb entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass wir das jetzt nicht glauben können und irgendwelche anderen Dinge dahinter vermuten."
Unscharfe Grenze zwischen Verschwörungs- und Nicht-Verschwörungstheoretikern
Dass auch in Deutschland sehr schnell die Idee einer nur vorgetäuschten Erkrankung im Raum stand, zeige vor allem zwei Dinge:
"Das eine ist, dass die Grenze zwischen Verschwörungstheoretikern und Nicht-Verschwörungstheoretikern nicht immer ganz genau zu ziehen ist, sondern das das eher ein graduelles Phänomen ist: In jedem von uns steckt vielleicht ein kleiner Verschwörungstheoretiker. Aber der entscheidende Unterschied ist, dass man, wenn einem der Gedanke gekommen ist, sagt: Moment, das stimmt ja wohl doch nicht. Und ich denke jetzt nochmal drüber nach, und dann tue ich das weg"
Zum anderen sei zu erkennen, so Butter, warum solche Theorien in den USA doch noch verbreiteter sind als in Deutschland:
"Das hat natürlich mit einem extrem polarisierten System zu tun, das Donald Trump noch einmal auf die Spitze getrieben hat. Denn der Gedanke, dass das alles nur vorgetäuscht ist, kam ja vor allen Leuten, die Trump eher kritisch gegenüberstehen. Und da sieht man die Tendenz, die in den USA täglich zu beobachten ist, dass man Leuten, deren Position man ablehnt, dem politischen Gegner, ganz schnell ganz ganz viel zutraut."
Folgen von Trumps Infektion seien noch nicht abzuschätzen
Die Erkrankung des Präsidentenpaares ändere aber nichts an der Realität, an der Trump und seine Anhänger im Hinblick auf die Gefährlichkeit der Pandemie glauben. Momentan sei auch überhaupt noch nicht abzuschätzen, wie sich Trumps Erkrankung auf den amerikanischen Wahlkampf auswirkt. Ein Wahlkampf, der durch "Fake news" und Verschwörungstheorien ausgehebelt wird, sei einerseits zwar etwas sehr Neues, habe aber auch in den USA durchaus eine lange Geschichte:
"Im Wahlkampf von 1800 zwischen Thomas Jefferson und dem damaligen Amtsinhaber John Adams behaupten die Anhänger von Adams eine Zeitlang, Jefferson sei tot, den könne man gar nicht mehr wählen. Das war natürlich in einem Land ohne Fernsehen und Radio, was es damals noch nicht gab, einfach zu behaupten, weil Jefferson nicht überall auftauchen konnte."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.