Tobias Armbrüster: "Kein Messias in Sicht!" Oder noch etwas ironischer: "Irgendwas mit Frieden." Mit diesen Worten wird heute in den Kommentaren von vielen Tageszeitungen die Nahost-Reise von Donald Trump zusammengefasst. Der US-Präsident war bis gestern Nachmittag in Israel und in den besetzten Gebieten zu politischen Gesprächen unterwegs. Er hat immer wieder zum Kampf gegen Terror und Extremismus aufgerufen und die Gegner im Nahost-Konflikt aufgefordert, religiöse Gräben zu überwinden. Aber konkret ist er nicht geworden, was genau die USA machen wollen, um diesen Konflikt zu beenden. Dazu gab es kaum ein Wort.
Wie ist dieser Besuch von Donald Trump in Israel zu bewerten? Das wollen wir jetzt besprechen mit Abdallah Frangi. Er war lange Jahre palästinensischer Diplomat in Bonn und Berlin. Heute arbeitet er vor allem als politischer Berater von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas. Schönen guten Morgen, Herr Frangi.
Abdallah Frangi: Guten Morgen, Herr Armbrüster.
Armbrüster: Herr Frangi, war das gestern ein guter Tag für die Palästinenser?
"Es gibt keinen Frieden, ohne diesen Staat Palästina"
Frangi: Ich würde sagen, insgesamt ist die Entwicklung ermutigend für die Palästinenser, weil es gibt was Neues jetzt seitens des amerikanischen Präsidenten, denn Herr Trump ist dem Ziel verpflichtet, ein Friedensabkommen zwischen Israelis und Palästinensern zu erreichen. Das hat er wiederholt getan, während dem ersten Besuch von Netanjahu bei Präsident Abbas, auch bei dem Treffen vor 50 arabischen und islamischen Staaten in Riad. Ich glaube zum ersten Mal, dass es eine große Demonstration zu Gunsten der Palästinenser eigentlich in der Richtung gibt, dass man uns zur Kenntnis nehmen muss, wenn man tatsächlich Frieden will. Er redet jetzt die ganze Zeit, er möchte gerne ein Friedensabkommen zwischen Israelis und Palästinensern machen, und wir sind dabei und wir haben eine große Unterstützung von allen Teilen der Welt und von der öffentlichen Meinung überall. Das heißt, der amerikanische Präsident wird es nicht wagen, zu laut zu reden über den Frieden, wenn er nicht etwas vorhat, und was er gehört hat von Netanjahu und was er gehört hat von Präsident Abbas, aber auch von Präsident Sisi in Kairo und von Erdogan und von vielen, die damit zu tun haben in der Region, von diesen Mächten, die eigentlich viel zu sagen haben, ich glaube, alle haben darauf bestanden, dass man die Zwei-Staaten-Lösung weiterhin behält und einen Staat wie die Palästinenser unterstützt.
Armbrüster: Herr Frangi, wenn Sie kurz erlauben? Ich muss da eine Zwischenfrage kurz stellen, weil Sie kommentieren das alles jetzt sehr viel optimistischer, als wir das heute von vielen Kommentatoren und Analysten lesen. Da wird eher ein verheerendes Bild dieses Besuchs gezeichnet, ein sehr oberflächlich denkender US-Präsident, der unter anderem auch das Wort "Zwei-Staaten-Lösung" bei diesem Besuch mit keinem einzigen Wort erwähnt hat. Wie kommen Sie dann zu dem Schluss, das war ein produktiver Besuch eines US-Präsidenten, ein guter Besuch für die Palästinenser und für eine Zwei-Staaten-Lösung?
Frangi: Weil Präsident Abbas ihm bei seinem Besuch in den USA deutlich gemacht hat, es gibt keinen Frieden, ohne diesen Staat Palästina zu gründen.
Armbrüster: Aber ist das wirklich bei Donald Trump angekommen?
"Die Lage ist für die Palästinenser viel günstiger"
Frangi: Trump ist nicht ein Politiker, der keine Ahnung hat. Er hat jetzt gesehen auch die Macht von Saudi-Arabien, die Macht von den islamischen Ländern, die Macht auch von den westlichen Teilen, die darauf bestehen, diesen Staat anzuerkennen. Und ich glaube, er hat das auch registriert. Wissen Sie, es gibt manche Punkte, die nicht in die Öffentlichkeit kommen, wenn Nachrichten zum Beispiel über Hunderte von Milliarden rauskommen und Abmachungen hier und dort. Aber man vergisst tatsächlich den hauptsächlichen Punkt und der amerikanische Präsident hat immer wieder betont bei diesen Besuchen, den Frieden als ein Ziel von ihm zwischen Palästinensern und Israelis zu erreichen.
Natürlich, die Palästinenser haben einen anderen Standpunkt als die Israelis, aber inzwischen würde ich sagen, die Lage ist für die Palästinenser viel günstiger, und ich sage Ihnen auch warum, weil wir Palästinenser jetzt mehr Anerkennung haben als Israel überall in der Welt, weil jetzt die Welt nicht mehr bereit ist, die Besetzung der palästinensischen Gebiete zu akzeptieren, weil die Welt nicht mehr bereit ist, die Siedlungspolitik zu akzeptieren, und der Weltsicherheitsrat und die UNO, die sind der Meinung, dass diese Schritte der Israelis illegal sind.
Armbrüster: Herr Frangi, haben Sie denn bei diesem Besuch irgendwo Anzeichen dafür gesehen, dass Donald Trump mit Benjamin Netanjahu irgendwann mal zusammengesessen hat und gesagt hat, Benjamin, Du musst das jetzt aufhören mit der Siedlungspolitik und Du musst wieder eintreten in Verhandlungen mit den Palästinensern? Ist das an irgendeinem Punkt dieses Besuchs geschehen?
"Man kann uns einfach nicht ausklammern"
Frangi: Nein, er hat das nicht erwähnt. Er hat ihn fest an die Hand und vor die Brust genommen, als sie über Iran gesprochen haben, als sie andere Ziele angesprochen haben. Sie haben gemeinsame Punkte woanders, sehr viele gemeinsame Punkte, und sie haben das sehr betont. Für Israel und für den amerikanischen Präsidenten hat dieser Punkt Iran anscheinend Priorität. Aber das bedeutet nicht, dass wir ausgeklammert worden sind, und das bedeutet nicht, dass wir nicht existieren. Wissen Sie, heute sind die Palästinenser zwölf Millionen Menschen. Wir sind fast so viel wie die Juden überall in der Welt. Und da kann man diese Menschen einfach nicht ausklammern oder überspringen und sagen, die existieren nicht mehr.
Armbrüster: Herr Frangi, ich glaube, das ist genau das, was sehr viele Analysten und Kommentatoren auch an diesem Mittwochmorgen so sehen, und genau da sehen sie den großen Widerspruch zu dem Besuch des amerikanischen Präsidenten, dass er genau diese Notwendigkeit nicht sieht, dass er die Zwei-Staaten-Lösung mit keinem Wort erwähnt hat und dass es ihm bei diesem Besuch vor allen Dingen darum gegangen ist, Geschlossenheit gegenüber dem Iran zu zeigen. Und tatsächlich: Die Palästinenser spielen die zweite Geige.
Frangi: Wissen Sie, von den Aussagen jetzt von Journalisten und von denjenigen, die immer Erwartungen schaffen in ihren Köpfen und diese Erwartungen nicht sehen, dann sind sie auch enttäuscht. Ich bin überzeugt, dass der amerikanische Präsident uns nicht überspringen kann und nicht uns ausklammern kann. Wir sind da, ob er will oder nicht. Und wenn er scheitert, dann scheitert er als Präsident und nicht wir. Wir sind da, wir haben die Anerkennung und wir sind überzeugt von unserem Recht und wir wissen auch, dass wir Recht bekommen werden.
Armbrüster: Was erwarten Sie dann als nächstes vom amerikanischen Präsidenten in dieser Sache?
"Die Amerikaner haben den Standpunkt der Palästinenser ernst genommen"
Frangi: Ja, dass die Gespräche jetzt intensiviert werden zwischen uns und den Amerikanern, und wir haben eine große Delegation dort hingeschickt. Wir haben gute Gespräche geführt mit den Amerikanern. Wir haben mit Landkarten gezeigt, was machbar ist und was nicht machbar ist, und die Amerikaner haben alles genau angeguckt und sie haben den Standpunkt der Palästinenser, würde ich sagen, ernst genommen.
Armbrüster: Abdallah Frangi, der palästinensische Diplomat und politische Berater, live hier bei uns heute Morgen in den "Informationen am Morgen" im Deutschlandfunk. Vielen Dank, Herr Frangi, für das Gespräch.
Frangi: Ich danke Ihnen auch.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.