Er ist zurück. Donald Trump wird in wenigen Tagen zum zweiten Mal das Amt des Präsidenten der Vereinigen Staaten von Amerika übernehmen. Am 6. Januar findet die gemeinsame Sitzung beider Kongresskammern statt, bei der das Ergebnis der Präsidentschaftswahl beglaubigt werden soll – genau vier Jahre nachdem Trump-Anhänger diese Feststellung des Wahlergebnisses mit einem gewalttätigen Sturm auf das US-Kapitol beinahe verhinderten.
2020 war Präsident Trump bei der Wahl seinem Herausforderer Joe Biden unterlegen. Trump akzeptierte die Niederlage nie, sondern startete eine jahrelange Lügenkampagne über angeblichen Wahlbetrug.
Im November 2024 gelang dem Republikaner Trump ein politisches Comeback. Er gewann die Wahl gegen Vizepräsidentin Kamala Harris, die nach dem Rückzug von Biden als Kandidatin der Demokraten ins Rennen ging. Trump erhielt laut CNN landesweit 49,8 Prozent der Stimmen, Harris kam auf 48,3 Prozent – im
Electoral College
erzielte der Republikaner eine klare Mehrheit. Am 20. Januar beginnt Trumps zweite Amtszeit offiziell.
Wo liegen die Unterschiede zu Trumps erstem Amtsantritt 2017?
Der 78-jährige Trump hat beim Start in seine zweite Amtszeit klare Vorteile gegenüber 2017, als er zum ersten Mal ins Weiße Haus einzog: Er ist erfahrener und besser vorbereitet. Zudem hat er die Republikaner vollends zu einer „Trump-Partei“ umgewandelt. Im Supreme Court der USA sitzen außerdem sechs konservative Richter - und nur drei Richterinnen, die von Demokraten ernannt wurden.
Anders als vor acht Jahren kann Donald Trump im US-Kongress heute auf eine ganze Reihe bedingungsloser Gefolgsleute zählen - nicht nur im Repräsentantenhaus, auch im US-Senat. Dort haben sich Republikaner früher als Unterstützer, aber wie von der Verfassung vorgesehen, auch als Kontrolleure des Präsidenten verstanden.
Für den neuen Typus des republikanischen Senators steht beispielhaft der designierte Vizepräsident und bisherige Senator JD Vance - ein radikaler Harvard-Absolvent aus einfachen Verhältnissen.
Wie könnte Donald Trump das Amt diesmal ausüben?
Donald Trump hat erklärt, er werde diejenigen, die er als seine Gegner betrachtet, verfolgen lassen. Er werde Garanten des Rechtsstaats wie das US-Justizministerium und Behörden wie das FBI von Grund auf umkrempeln. Und er werde Normen und Gesetze wie das Verbot des Einsatzes des US-Militärs im Inneren missachten, wenn es seinen Zwecken dient.
Manches hat Donald Trump bereits in seiner ersten Amtszeit versucht und nicht durchsetzen können. Heute ist das anders: In seiner unmittelbaren Umgebung gibt es dem Eindruck nach niemanden mehr, der ihn aufhalten oder sich Trumps Wünschen verweigern würde - auch wenn sie gegen Gesetze und demokratische Normen verstoßen. In Trumps erster Amtszeit widersetzte sich Justizminister William Barr dem Wunsch des US-Präsidenten, Ermittlungen zu fiktivem Wahlbetrug anzustrengen. Für seine zweite Amtszeit hat Donald Trump deshalb bedingungslose Ergebenheit zum obersten Prinzip seiner Personalauswahl gemacht.
Seine Ankündigung, am ersten Tag wie ein Diktator zu regieren, sei scherzhaft gemeint gewesen, erklärte Trump später. Aber diese wie viele andere Äußerungen schüren die Angst, dass Trump nicht als US-Präsident, sondern als Autokrat, als Alleinherrscher regieren wird.
Die Republikanerin und Trump-Kritikerin Liz Cheney sagte schon im Wahljahr: Die USA seien schlafwandelnd auf dem Weg in eine Diktatur. Historikerin Anne Applebaum sieht die Demokratie in den USA im Niedergang. Schon jetzt habe sich eine autokratischere oder illiberale Regierungsform entwickelt.
Donald Trump könne angesichts der knappen Mehrheit der Republikaner in Senat und Repräsentantenhaus „durchregieren“, sagt der Politikwissenschaftler Stephan Bierling. „Und das Durchregieren ist ziemlich gefährlich, weil er eben auch schon viele Richter ernannt hat, die ihm breitere Kompetenzen zugestehen wollen.“ Zudem interpretiere Trump das Präsidentenamt „immer extensiver", und wolle "weit über das, was eigentlich die Verfassung ihm zuschreibt," hinausregieren. Bierling geht davon aus, dass Trump nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus „gewillt ist, seinen autoritären Instinkten freien Lauf zu lassen“.
Was ist von dem Bündnis mit Elon Musk zu erwarten?
Tech-Oligarch Elon Musk war vom künftigen US-Präsidenten Donald Trump zum Sonderberater berufen worden. Gemeinsam mit dem Geschäftsmann Vivek Ramaswamy soll Musk das "Department of Government Efficiency" (DOGE) leiten. Musk sagte im November, der Regierungshaushalt im Umfang von 6,8 Billionen Dollar könne um mindestens zwei Billionen Dollar gekürzt werden. Angestrebt wird ein massiver Personalabbau im öffentlichen Dienst sowie die Streichung von Subventionen und mehr Deregulierung.
Der Politologe Bierling rechnet „eigentlich nicht“ damit, dass die Allianz Trump/Musk dauerhaft hält. „Weil Trump eines nicht toleriert: dass es eine Sonne in seinem Universum neben ihm gibt“. Auch ideologisch passe vieles nicht zusammen. Trump habe versprochen „Make America Great Again“. Aber im Grunde halluziniere er seine Anhänger zurück in die 1950er- und 1960er-Jahre, als die Industrie noch wichtiger war, so Bierling. Die heutigen USA seien eine Informationsgesellschaft mit hohem Dienstleistungsanteil, das verkörpere unter anderem Elon Musk.
Wer kontrolliert Trump? Wer kann ihm politisch Paroli bieten?
Konkret wird sich dies bei den einzelnen politischen Vorhaben Trumps erweisen. Ein Beispiel ist das Thema Migration. Während republikanische Bundesstaaten Pläne in der Schublade haben, wie sie die von Trump geführte US-Regierung bei der geplanten Abschiebung von Migranten unterstützen wollen, haben einige demokratisch regierte US-Bundesstaaten Widerstand angekündigt. Sie haben Klagen vorbereitet.
Eigentlich schützt die US-amerikanische Verfassung das Land gegen Autokraten: Legislative und Judikative sind starke Gegengewichte. Der Kongress, bestehend aus Senat und Repräsentantenhaus, wie auch die Gerichte kontrollieren die Machtfülle des Präsidenten. So steht es in der Verfassung. Doch die Kräfteverteilung muss auch gelebt werden.
Für Verfassungsjurist Gregg Nunziata sind die Anhörungen von Trumps Regierungsteam im Senat der erste Test, ob Donald Trump Grenzen gesetzt werden - und wie eng diese sein werden. „Es ist überhaupt nicht die Pflicht der republikanischen Senatoren, die Entscheidungen des Präsidenten reflexartig zu bestätigen“, sagt Nunziata. Selbst wenn die republikanische Mehrheit der Senatoren mit Trumps politischer Agenda übereinstimmten, „haben sie die Pflicht, sicherzustellen, dass die Personen, die er für die Leitung dieser US-Behörden ernennt, inhaltlich und charakterlich geeignet sind“.
Seine wichtigsten Personalvorschläge hat der künftige US-Präsident präsentiert, ohne dass das FBI die Kandidaten überprüft hätte. Damit ist Trump von einer seit Jahrzehnten von US-Präsidenten geübten Praxis abgewichen. Erst Anfang Dezember stimmte sein Team der Einbeziehung des FBI zu. Zuvor hatte Matt Gaetz seine Kandidatur für das Amt des Justizministers zurückziehen müssen. Zu viele republikanische Senatoren hatten deutlich gemacht, dass sie den skandalbelasteten früheren Abgeordneten nicht bestätigen würden.
Für Kevin Kosar, der sich am American Enterprise Institute mit dem US-Kongress beschäftigt, ist das ein gutes Zeichen, dass die Senatoren ihren Kontrollauftrag ernst nehmen: „Mit nur 53 Republikanern im Senat muss man alle überzeugen, denn alle 47 Demokraten werden wohl mit Nein stimmen. Einige Senatoren der Republikaner mögen Herrn Trump nicht sonderlich. Sie ertragen ihn, aber sie wollen nicht seine Fußabtreter werden.“
Doch nach dem erzwungenen Rückzug von Wunschkandidat Matt Gaetz will Donald Trump nun offenbar seine Kandidaten gegen alle Bedenken von Senatoren durchsetzen: Tulsi Gabbard als Geheimdienstkoordinatorin mit Sympathien für Putin. Der Impfgegner Robert Kennedy soll das Gesundheitsministerium leiten. Kash Patel, einer der bedingungslosesten Vertrauten Trumps mit einer 60 Namen umfassenden „Feindesliste“, soll das FBI übernehmen. Mit Russell Vought an der Spitze des Office of Management and Budget bekommt ein radikaler Stratege Macht über US-Bundesbehörden und ihr Personal.
Den designierten Pentagon-Chef Pete Hegseth verfolgen angebliche Sex- und Alkoholprobleme. Trumps Umfeld und seine Basis reagierten auf kritische Senatoren mit Einschüchterung und Drohungen. Kritiker in den eigenen Reihen sollen auf Linie gebracht werden. Das Fazit des Politologen Kevin Kosar: „Wie oft können Sie diesem Mann Widerstand leisten? Das muss jeder Senator für sich beantworten.“
Hintergrund von Doris Simon, tei