
Die existenzbedrohenden Einschnitte beim US-Sender Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) sind abgewendet. Vorerst. Der Sender hatte sich vor Gericht gegen die geplante Schließung gewehrt. Daraufhin nahm die Mutterbehörde - die US Agency for Global Media (USAGM) - ihre Kündigung der Finanzierungsvereinbarung zurück.
Die existenzbedrohenden Kürzungspläne erfolgten aufgrund eines Dekrets von US-Präsident Donald Trump. Dieser hatte angeordnet, dass US-Bundesbehörden ihre Aufgaben und ihr Personal stark reduzieren sollen. Das gilt auch für die US Agency for Global Media (USAGM), die für die US-Auslandssender Voice of America, Radio Free Europe/Radio Liberty und Radio Free Asia verantwortlich ist.
Trump-Berater Elon Musk begründete den Schritt mit Verschwendung: Auf X schrieb der Tech-Milliardär, dass niemand mehr diese Auslandssender höre: "Das sind nur radikale Linke und Verrückte, die Selbstgespräche führen und dabei eine Milliarde Dollar Steuergelder im Jahr verbrennen."*
Wie geht es nun weiter mit den US-Auslandssendern?
Inhalt
- Welche US-Auslandssender gibt es und welche Aufgabe haben sie?
- Was hat Trump bezüglich der US-Auslandssender angeordnet?
- Welche Folgen hat die Anordnung von Trump?
- Welche Reaktionen gibt es auf die Anordnung?
- Was verrät Trumps Anordnung über sein Verständnis von Pressefreiheit?
- Wie könnte es jetzt weitergehen?
Welche US-Auslandssender gibt es und welche Aufgabe haben sie?
Die Bundesbehörde USAGM überwacht und koordiniert alle staatlich finanzierten Auslandsrundfunkprogramme der USA, die nicht dem Militär unterstehen. Dazu zählen die Sender Voice of America (VoA) und unter anderem Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) sowie Radio Free Asia (RFA).
Die Programme berichten transparent und unabhängig, das heißt ohne staatliche Einflussnahme, auch über Entwicklungen und Vorkommnisse in Ländern, in denen dies nationalen Medien aufgrund von Einschränkungen der Pressefreiheit nicht möglich ist. So thematisieren sie etwa Menschenrechtsverletzungen und Korruption in Staaten wie China, Russland oder dem Iran und sind eine wichtige Quelle für Informationen zu Themen wie der Lage der Uiguren in Xinjiang und der Verfolgung politischer Dissidenten - auch für Menschen in den Ländern selbst.
Trotz Zensur erreichen die US-Auslandssender über das Internet und VPN-Tunnel ein breites Publikum in diesen Staaten. Das erschwert den dortigen Regierungen, ihre Propaganda durchzusetzen und unerwünschte Berichte und Informationen zu unterdrücken.
Voice of America startete 1942 mit einem Programm in deutscher Sprache, um der Bevölkerung im nationalsozialistisch regierten Deutschland eine Alternative zu den staatlich kontrollierten Rundfunksendungen zu bieten. Schnell baute VoA sein Angebot um weitere Sprachen aus, um ein breiteres Publikum adressieren zu können. Heute erreicht VoA laut eigenen Angaben 300 Millionen Menschen in 48 Sprachen, darunter in autoritär regierten Staaten wie China, Russland und Nordkorea.
Im Zuge des Kalten Krieges wurde 1950 Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) gegründet, 1996 folgte Radio Free Asia, das unabhängige Nachrichten in Asien verbreiten sollte.
RFE/RL gilt in Russland als "unerwünschte Organisation"
RFE/RT spielte nach dem Zweiten Weltkrieg eine entscheidende Rolle im Ost-West-Konflikt, indem es als faktenbasierte Stimme des Westens gegen die sowjetische Propaganda im Osten Europas agierte. Bis heute bietet der Sender besonders in Staaten wie Russland, Iran und Afghanistan unabhängige Berichte und Nachrichten, die nicht von der Regierung kontrolliert werden.
Ursprünglich in München angesiedelt, zog RFE/RL 1995 nach Prag um und sendet heute in 28 osteuropäischen, vorderasiatischen und zentralasiatischen Sprachen, darunter Russisch und Ukrainisch. Im Februar 2024 stufte Moskau den Sender als "unerwünschte Organisation" ein. Laut eigenen Angaben erreicht RFE/RL wöchentlich fast 50 Millionen Menschen in 23 Ländern.
Was hat Trump bezüglich der US-Auslandssender angeordnet?
US-Präsident Trump hat per Exekutivanordnung die Finanzmittel der USAGM erheblich gekürzt und damit die Reichweite sowie die Wirkmacht der staatlich finanzierten Auslandssender Voice of America, Radio Free Europe/Radio Liberty und Radio Free Asia massiv eingeschränkt. Die Trump-Administration begründet den Schritt mit dem Vorwurf, die Sender würden „radikale Propaganda“ verbreiten und eine linke Voreingenommenheit zeigen.
Infolge der Exekutivanordnung wurden laut der Nachrichtenagentur Reuters mehr als 1.300 VoA-Mitarbeiter beurlaubt. Hunderten Mitarbeitern wurde der Zugang zu ihren Büros verboten, sie mussten Presseausweise und Dienstgeräte abgeben. Trump wies die Sender an, alle nicht gesetzlich vorgeschriebenen Funktionen zu beenden und ihren Betrieb auf ein Mindestmaß zu reduzieren.
Zudem kündigte die USAGM Mitte März die Verträge mit den Nachrichtenagenturen AP, Reuters und AFP, angeblich um Kosten zu sparen. Journalisten der US-Auslandssender dürfen damit für ihre Berichterstattung nicht mehr auf die Agenturinhalte zurückgreifen. Den Schritt hatte die von Trump für die Leitung von VoA nominierte frühere Fernsehmoderatorin und republikanische Politikerin Kari Lake zuvor in den sozialen Medien angekündigt. Die Kündigung der „teuren und unnötigen Verträge“ spare 53 Millionen Dollar ein, erklärte Lake. Fast alle Medien weltweit verwenden Angebote von Nachrichtenagenturen, um ihre Berichterstattung zu ergänzen.
Einstweilige Verfügung gegen drastische Kürzungen
Der Sender Radio Free Europe/Radio Liberty konnte jedoch eine einstweilige Verfügung gegen die drastischen Kürzungen erlangen, um den Sendebetrieb erst einmal aufrechtzuerhalten. Die Behörde könne den Anbieter nicht nahezu ohne Erklärung zur Schließung zwingen - "selbst wenn der Präsident sie dazu aufgefordert hat", begründete der zuständige Richter seine Entscheidung. Die Fortführung des Senders liege im öffentlichen Interesse.
Daraufhin hat die übergeordnete US-Behörde für globale Medien (USAGM) die Aufkündigung der Finanzierungsvereinbarung für 2025 erst einmal zurückgenommen. Wie es – auch in den darauffolgenden Jahren und mit den anderen Auslandssendern – weitergeht, ist aber ungewiss. USAGM-Chefin Kari Lake betonte jedenfalls, ihre Behörde habe das Recht, die Finanzierung zu einem späteren Zeitpunkt zu beenden, wenn dies "nach geltendem Recht angemessen" sei.
Welche Folgen hat die Anordnung von Trump?
Die Einsparungen bei den US-Auslandssendern werden als schwerwiegender Angriff auf die journalistische Unabhängigkeit und die Pressefreiheit gewertet. Sie haben zur Folge, dass es zum einen künftig schwieriger werden dürfte, verlässliche Berichte und Informationen aus autoritären Ländern zu bekommen. Zum anderen, dass Menschen in diesen Ländern sich schwieriger oder überhaupt nicht mehr unabhängig von staatlichen Medien informieren können. Das macht es autoritären Regimen leichter, ihre Narrative zu verbreiten und damit auch ihre Macht zu sichern.
Zudem schwächen die Budgetkürzungen den US-Auslandsrundfunk als wichtiges Instrument zur Förderung von Pressefreiheit und Menschenrechten. Das reduziert die internationale Soft Power der USA und verringert ihren Einfluss in vielen Teilen der Welt. Denn während die USA ihre Mittel nun in diesem Bereich kürzen, investieren autoritäre Staaten massiv in staatliche Propaganda und nutzen moderne Technologien, um ihre Botschaften global zu verbreiten.
Viele dieser Länder kontrollieren ihre Medien bereits und überschwemmen soziale Netzwerke mit Fake News. In diesem Kontext trägt Trumps Entscheidung dazu bei, dass autoritäre Narrative zunehmend international Diskurse dominieren, während unabhängige Stimmen immer weniger Gehör finden.
Welche Reaktionen gibt es auf die Anordnung?
Die geplanten Kürzungen bei US-Auslandssendern werden von Experten als Bedrohung für die Medienfreiheit und die unabhängige Berichterstattung über und in autoritären Staaten gesehen. Der Intendant des deutschen Auslandssenders Deutsche Welle, Peter Limbourg, kritisierte die Kürzungen scharf und warnte, dass sie die Medienunabhängigkeit gefährden und autoritären Regimen zugutekommen könnten. Trump arbeite gegen die Interessen der USA.
Tatsächlich wurde die Anordnung des US-Präsidenten in Russland und China mit großer Freude aufgenommen. In China bewertet man die Einschnitte bei VoA als „Geschenk“ für das herrschende Regime.
In Russland, wo RFE/RL als unerwünschte Organisation eingestuft ist, begrüßten russische Staatsmedien die Kürzungen als Vorteil für die Regierung und reagierten mit Spott, Häme und Hass. So lobte etwa die Chefredakteurin des russischen Auslandssenders RT (vormals Russia Today), Margarita Simonjan, Trumps Anordnung als "super". Und der bekannte Moderator Wladimir Solowjow beschimpfte in seiner wöchentlichen Talkshow auf Rossija 1 die RFE/RL-Journalisten als "hinterlistige Vaterlandsverräter" und "Kreaturen".
Was verrät Trumps Anordnung über sein Verständnis von Pressefreiheit?
Trumps drastische Kürzungen bei den US-Auslandssendern zeigen deutlich sein Politikverständnis: Medien sollen nach seinem Willen keine unabhängige demokratische Kontrollinstanz sein. Vielmehr verfolge Trump das Ziel, jede Nachricht, jeden Nachrichtenzyklus und jedes redaktionelle Urteil zu kontrollieren, so der US-amerikanische Journalist David Folkenflik in einem Bericht der Deutschen Welle.
Deutlich wird Trumps autoritäres Medienverständnis auch daran, dass er kritische US-Medien als „Feinde des Volkes“ diffamiert und Journalisten von Pressekonferenzen ausschließt. Pressefreiheit ist für ihn offenbar kein demokratisches Grundprinzip, sondern eine Hürde, die es zu umgehen gilt.
Die Schwächung der US-Auslandssender fügt sich in ein größeres Muster, das Trumps Politik prägt: Der US-Präsident misstraut unabhängigen Institutionen und versucht, sie daher zu kontrollieren, für seine Zwecke zu instrumentalisieren oder zu schwächen. Das gilt neben Medien auch für die Justiz oder die Geheimdienste, deren Aufgaben als demokratische Kontrollinstanzen er ebenfalls attackiert.
Auch geopolitisch offenbart Trumps Entscheidung viel über sein Denken. VoA war jahrzehntelang ein wichtiges Instrument der US-Außenpolitik. Dass China, Russland und Iran die Kürzungen bei den US-Auslandssendern begrüßen, zeigt, wem diese Maßnahme nutzt. Und dass Trump bereit ist, den Einfluss der USA auf dem globalen Informationsmarkt zugunsten vermeintlich kurzfristiger politischer Vorteile aufs Spiel zu setzen.
Wie könnte es jetzt weitergehen?
Nach der einstweiligen Verfügung gegen die Sparmaßnahmen beim Sender Radio Free Europe/Radio Liberty, hat die übergeordnete US-Behörde für globale Medien (USAGM) die Aufkündigung der Finanzierungsvereinbarung für 2025 erst einmal zurückgenommen. Ob Radio Free Europe seine Klage deswegen zurückzieht oder auf Klärung des Sachverhalts vor Gericht besteht, ist noch nicht bekannt.
Rückendeckung bekam der Sender zwischenzeitlich von der Europäischen Union. Die EU wolle den "preisgekrönten Journalismus" unterstützen, erklärte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Zuvor hatten sich auf Initiative Tschechiens zwölf EU-Staaten für eine europäische Finanzierung des Senders stark gemacht, um ihn vor dem Aus zu bewahren.
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*Wir haben die Summe falsch übersetzt.