Weltwirtschaft
Trumps Zölle und die Gefahr eines Handelskriegs

In den USA sind die ersten Zölle in Kraft getreten, die Präsident Trump verhängt hat. China hat bereits Gegenzölle angekündigt. Es droht ein globaler Handelskrieg. Was die Zölle für Deutschland bedeuten und über welche Reaktion die EU berät.

    seitliches Porträt von Donald Trump, während er am 3. April das Weiße Haus verlässt
    Donald Trump hat seine Ankündigungen wahrgemacht. Mit neuen Zöllen riskiert der US-Präsident einen Handelskrieg. (picture alliance / Anadolu / Celal Gunes)
    Für die meisten Einfuhren in die USA gelten ab sofort pauschale Zölle von zehn Prozent. So will es das Zollpaket von US-Präsident Donald Trump. Noch höhere Zölle von 20 Prozent gelten künftig für Importe aus Deutschland und der EU.
    Für Importe aus China planen die USA mit Zöllen von 34 Prozent. Peking reagierte bereits mit der Ankündigung von Gegenzöllen in gleicher Höhe sowie Kontrollen für den Export von Seltenen Erden in die Vereinigten Staaten. Die Börsen weltweit reagierten mit Kurseinbrüchen auf die Entwicklung.
    Denn es droht ein globaler Handelskrieg. Der sollte jedoch nach Ansicht von Wirtschaftsexperten unbedingt vermieden werden. Was bedeutet Trumps Zollpolitik für den Welthandel - und speziell für Deutschland und die EU?

    Inhalt

    Gegen welche Länder erheben die USA Strafzölle?

    Seit dem 5. April gelten für Importe in die USA pauschal Zölle von zehn Prozent. Strategisch wichtige Waren wie Arzneimittel, Halbleiter und Holz bleiben grundsätzlich ausgenommen.
    Außerdem hat die US-Regierung einen ab dem 9. April geltenden Mechanismus angekündigt, der für Einfuhren aus vielen Staaten noch höhere Zölle vorsieht: Importe aus allen EU-Staaten, also auch aus Deutschland, werden mit einem Zoll von 20 Prozent belegt. Für Importe aus China fallen Einfuhrzölle in Höhe von 34 Prozent an. Besonders hart trifft es das afrikanische Lesotho und ein französisches Überseegebiet, die Inselgruppe Saint-Pierre und Miquelon: Hier fallen auf Importe sogar Zölle in Höhe von 50 Prozent an.
    Besondere Strafabgaben gibt es auf bestimmte Waren: So wird etwa seit dem 3. April auf alle Importautos ein Strafzoll von 25 Prozent erhoben, egal, wo auf der Welt sie produziert wurden. Für Autoeinzel- und Ersatzteile soll diese Strafmaßnahme spätestens am 3. Mai greifen. Auf alle Stahl- und Aluminiumimporte erheben die USA Zölle in Höhe von 25 Prozent.
    Das Weiße Haus stellte klar, dass sich zu den gegen spezifische Branchen verhängten Zöllen keine der neuen Länder-Zölle addieren: Für ein Auto, das von Deutschland in die USA importiert wird, werden also 25 Prozent Zoll fällig.
    Einige Länder sind von den neuen Zöllen jedoch ausgenommen: Gegen Kanada und Mexiko richten sich die neuen Importaufschläge nicht. Bereits am 4. März hatte Trump auf Importe aus den beiden Nachbarstaaten Zölle von 25 Prozent festgelegt. Größtenteils setzte er diese Zölle nur wenig später bis auf Weiteres aus. Von den neuen Zöllen sind außerdem Kuba, Belarus, Nordkorea und Russland nicht betroffen. Das Weiße Haus erklärte dazu, dass diese Länder bereits mit Sanktionen belegt seien, die "jeden sinnvollen Handel ausschließen".
    Bereits am 3. April, einen Tag nach Verkündung des Zollpakets, signalisierte der US-Präsident Verhandlungsbereitschaft bezüglich der neuen Zölle: Betroffene Länder müssten dafür etwas anbieten, das "phänomenal" sei, antwortete er auf die Frage einer Journalistin, ob er offen für Deals sei.

    Wie rechtfertigt Trump die US-Zölle?

    Donald Trumps Motto „America first“ bedeutet, dass er die US-Wirtschaft unter allen Umständen „schützen“ möchte. Dabei sind ihm alle Mittel recht, Protektionismus ist eines davon.
    Mit Verweis auf das bestehende Handelsbilanzdefizit der USA hatte er schon während seines Wahlkampfs mehrfach behauptet, die Vereinigten Staaten würden von ihren Handelspartnern ausgenutzt. Dem widerspricht beispielsweise die EU-Kommission: Betrachte man nicht nur Waren, sondern auch Dienstleistungen, „so verzeichnet die EU gegenüber den USA einen geringen Überschuss von 48 Milliarden Euro, was gerade einmal drei Prozent des gesamten Handels zwischen den beiden Ländern entspricht“, heißt es in einer Pressemitteilung.
    Trump sieht es anders: Viel zu lange hätten andere Länder die USA als ihr Sparschwein missbraucht und bestohlen, sagte er.

    Wie reagieren die Börsen?

    Die Börsen weltweit reagierten mit empfindlichen Kurseinbrüchen auf die US-Zölle und die absehbaren Handelsstreitigkeiten. Schon direkt nach Trumps Ankündigung gerieten Wertpapiere unter Druck.
    Nach dem ersten April-Wochenende beschleunigte sich die Talfahrt. Der deutsche Aktienindex DAX verlor zwischenzeitlich gut zehn Prozent - ein historischer Einbruch, vergleichbar mit dem in Folge der Finanzkrise 2008 und der Corona-Pandemie. Zuvor hatten schon die Märkte in Asien nachgegeben: der Nikkei-Index verlor sieben Prozent, der Hongkonger Hang-Seng-Index rauschte um 12,3 Prozent abwärts. Auch die Werte im Dow Jones fielen rasant.
    Seit Donald Trump seine Zölle bekanntgegeben hat, haben die Unternehmen des S&P 500 mehr als vier Billionen Dollar an Börsenwert verloren. Der US-Präsident gibt sich dennoch unbeirrt: "Ich will nicht, dass irgendetwas nach unten geht, aber manchmal muss man Medizin nehmen, um etwas in Ordnung zu bringen", sagte Trump zu Journalisten und betonte er sei verhandlungsbereit.  

    Was bedeuten die US-Zölle für die EU und Deutschland?

    Ökonomen warnen vor den Konsequenzen für Europa und insbesondere Deutschland: Das Münchner Ifo-Institut prognostiziert, die Zölle könnten zu einem dauerhaften Rückgang des deutschen Bruttoinlandsproduktes um 0,3 Prozent führen. Einige Schlüsselbranchen wie Pharma, Auto und Maschinenbau dürften stärker betroffen sein. „Es trifft gerade Deutschland hart, weil wir eine sehr offene Volkswirtschaft sind und unsere Exportunternehmen in einer schwierigen Situation sind“, sagt Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.
    Beispielsweise dürften die Zölle auf Fahrzeugimporte Europa - und vor allem die deutsche Autoindustrie - stark belasten. Die USA sind ihr wichtigster Absatzmarkt, zeigen jüngste Zahlen des Statistischen Bundesamts. Kein anderes Land nahm demnach so viele neue Pkw aus Deutschland ab wie die Vereinigten Staaten: Sie lagen mit einem Anteil von 13,1 Prozent an den Exporten vorn, gefolgt von Großbritannien und Frankreich. Fast jeder dritte Porsche und jeder sechste BMW wurden 2024 in Nordamerika verkauft, bei VW, Audi und Mercedes-Benz lag der Anteil jeweils bei zwölf bis 15 Prozent.
    Hinzu kommt, dass sich Strafzölle gegenüber anderen Ländern indirekt auch auf die deutsche Wirtschaft auswirken: Beispielsweise die Strafzölle gegenüber Mexiko. Hier sind mehr als 2.000 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung ansässig, darunter Audi, BMW, Volkswagen oder Siemens. Die Mehrzahl von ihnen beliefert von Mexiko aus die USA, und ihre Produkte werden während der Herstellung bis zu acht Mal hin und zurück über die US-mexikanische Grenze geführt.
    Laut dem Branchenverband Wirtschaftsvereinigung Stahl sind die USA außerdem der wichtigste Absatzmarkt für die europäische Stahlindustrie. Aus der gesamten EU seien 2023 rund vier Millionen Tonnen in die USA exportiert worden. Allein aus Deutschland seien es jährlich rund eine Million Tonnen, zumeist Spezialstahl.
    Außerdem werden durch die Zölle Handelsketten auf den Kopf gestellt. Wirtschaftswissenschaftler sprechen in dem Zusammenhang von Umleitungseffekten, die sich auch negativ auf Deutschland auswirken könnten: Waren, die es aufgrund der hohen Zölle nicht mehr in die USA schaffen, werden in andere Märkte umgeleitet. Das bedeutet, dass beispielsweise chinesische Produkte verstärkt den Weg nach Europa suchen und in Konkurrenz mit deutschen Produkten treten könnten.

    Wie kann die EU auf die US-Zölle reagieren?

    Die EU kann auf Zölle zurückgreifen, die sie bereits in Trumps erster Amtszeit als Reaktion auf seine Zollpolitik erhoben hatte. Inzwischen gibt es eine Liste mit US-Produkten, auf die Aufschläge erhoben werden sollen, etwa Jeans, Motorräder, Mandeln und Reis. Nicht auf der Liste steht diesmal Bourbon-Wiskey. Ab dem 15. April will die EU-Kommission die Zölle in Kraft setzen.
    Die Reaktion der EU soll US-Importe möglichst im gleichen Ausmaß treffen wie die USA Importe aus der EU mit Zöllen belegen. Deshalb arbeiten die Kommission und die EU-Staaten an einer Liste weiterer EU-Zölle, die ab dem 15. Mai fällig werden sollen. Diese könnten für einige Stahl- und Aluminiumprodukte, Textil- und Lederwaren sowie Rindfleisch und Sojabohnen gelten. Nach dem gleichen Prinzip kommen auch weitere EU-Zölle in Frage.
    Gleichzeitig signalisiert EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Verhandlungsbereitschaft. Sie hoffe, dass auch die US-Regierung "wirklich an einer Zusammenarbeit mit der EU interessiert" sei, betont von der Leyen.
    Die EU kann aber auch noch weitere Gegenmaßnahmen ergreifen. Möglich wäre, den Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen in der EU für US-Firmen einzuschränken oder sogar den Vertrieb bestimmter Produkte blockieren, zum Beispiel von digitalen Angeboten.
    "Ich bin überzeugt, dass Europa hart bleiben muss und dagegenhalten muss", sagt der Ökonom Marcel Fratzscher. Er plädiert dafür, dass Euro mit Gegenzöllen in der gleichen Höhe reagiert und indem es gegen US-Digitalkonzerne wie Apple, Google und Meta vorgeht, die in Deutschland und Europa keine Steuern zahlen sowie Regeln missbrauchen und umgehen. Die Instrumente dafür - etwa Wettbewerbsrecht, Regeln zum Datenschutz - seien alle da, betont Fratzscher. Aber ein Vorgehen gegen die Digitalkonzerne erfordere jetzt auch politischen Mut.
    Statt mit Gegenzöllen zu reagieren, wären aber auch Zollsenkungen möglich, schlägt Rolf Langhammer vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel vor. "Es gilt jetzt, die alte Handelsordnung wieder hochzuhalten", sagt Langhammer. Man könne beispielsweise anbieten, einen aus der Zeit gefallenen Zoll wie den EU-Autozoll in Höhe von zehn Prozent zu senken - und zwar gegenüber allen Handelspartnern. So würde man eine Vertrauensallianz von Partnern gründen und gleichzeitig Trumps Taktik untergraben. Denn dieser wolle immer bilaterale Abkommen zu seinen Gunsten schließen wollen.

    Welche Auswirkungen könnten die Zölle auf die US-Wirtschaft haben?

    Die USA werden selbst besonders stark unter den Zöllen leiden, sagt DIW-Präsident Marcel Fratzscher: „Dort rechnen wir mit einem starken Rückgang der Exporte. Die Preise werden deutlich steigen, die Wirtschaft wird sich deutlich abschwächen, viele Arbeitsplätze werden verloren gehen.“
    Doch dies sei nur der direkte Effekt der Zölle. Noch mehr Sorgen bereiten dem Ökonomen indirekte Auswirkungen durch die größere Unsicherheit. Für Unternehmen sei es schwierig, zu investieren, sagt Fratzscher: „Handele ich überhaupt noch mit den USA? Was mache ich denn, wenn ich nicht weiß, was ein Präsident als nächstes entscheidet? Diese Unsicherheit ist Gift.“
    Ein Handelskrieg, bei dem immer wieder Zölle und Gegenzölle erhoben werden, werde die Wirtschaft stark belasten, prognostizieren auch Experten wie beispielsweise der Vizepräsident der US-Handelskammer John Murphy. Den Preis dafür bezahlen am Ende die Konsumenten in allen Ländern.
    US-Präsident Donald Trump hofft jedoch, schon allein durch die Zölle auf Autos Mehreinnahmen in Milliardenhöhe zu generieren und die heimische Automobilindustrie wieder groß zu machen. Denn um die Zölle zu umgehen, würden die Autobauer künftig komplett in den USA produzieren, glaubt Trump.
    Marcel Fratzscher vermutet allerdings, dass angesichts der Unberechenbarkeit des US-Präsidenten nur wenige ausländische Unternehmen ihre Produktion in die USA verlagern werden. Er geht davon aus, dass Unternehmen stattdessen einen großen Bogen um das Land machen und woanders investieren werden. Hart treffen werde all das vor allem Menschen mit wenig Einkommen in strukturschwächeren Regionen der USA – und damit viele Wählerinnen und Wähler von Trump, so Fratzscher.

    kau, pj/jk, lkn, jfr, dpa, rtr, afp