Die Grenze zwischen den USA und Mexiko ist über 3.000 Kilometer lang und führt nicht nur durch mehrere Naturschutzgebiete, sondern auch durch ganz unterschiedliche Ökosysteme:
"Die Vielfalt der Ökosysteme reicht von einer mediterranen Landschaft an der kalifornischen Küste über sehr trockene Wüsten im Landesinneren bis zu hohen Gebirgen mit Kiefernwäldern. Im Südosten Arizonas leben sogar einige tropische Tier- und Pflanzenarten. Es ist wirklich eine sehr abwechslungsreiche Landschaft."
Wanderbewegungen wären eingeschränkt
Der Biologe Jesse Lasky von der Pennsylvania State University beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit der Tierwelt in der riesigen Grenzregion:
"Diese Gebiete haben einen hohen Schutzstatus. Sie zählen zu den artenreichsten Gegenden der USA und beherbergen viele Tier- und Pflanzenarten, die innerhalb der Vereinigten Staaten nur dort vorkommen. Etliche Tierarten leben in der Grenzregion in sehr kleinen Verbreitungsgebieten. Diese Arten sind besonders vom Aussterben bedroht."
Nach dem Willen von US-Präsident Donald Trump soll eine gewaltige Grenzanlage mit einer bis zu neun Meter hohen Mauer errichtet werden, die den Lebensraum von hunderten Tier- und Pflanzenarten durchschneiden würde. Mit offensichtlich negativen Folgen:
"Arten wie der Jaguar oder das Dickhornschaf legen lange Strecken zurück, um Nahrung, Wasser oder Paarungspartner zu finden. Diese Spezies wären unmittelbar in ihren Wanderbewegungen von einer solchen Barriere eingeschränkt."
Genetische Vielfalt würde abnehmen
Auch andere große Säugetiere wie der Ozelot oder der Schwarzbär müssten an der Mauer umkehren. Dies sei bereits heute in manchen Grenzgebieten der Fall, so Jesse Lasky, denn dort stehen seit der Amtszeit von George W. Bush Zäune oder Mauern.
Aber auch kleine Arten, vor allem Amphibien und Reptilien, wären in ihrem Bestand bedroht. Oftmals seien bei diesen Spezies mehrere Populationen über eine bestimmte Fläche verteilt, erklärt der Biologe. Eine Mauer würde das Hin- und Herwandern einzelner Individuen zwischen den Populationen unmöglich machen – die genetische Vielfalt dieser Art würde daraufhin abnehmen:
"Das könnte dazu führen, dass sich diese Art nicht schnell genug anpassen kann, wenn sich die Umweltbedingungen ändern. In kleinen Populationen kann es zu negativen Folgen durch Inzucht kommen. Nur durch neue Gene aus anderen Populationen, also wenn Tiere einwandern, kann dem entgegengewirkt werden. Aber solch eine Mauer würde das komplett unmöglich machen."
Besonders gefährdet: Kleinere Arten mit geringem Verbreitungsgebiet
Vor allem die kleineren Arten und solche mit einem überschaubaren Verbreitungsgebiet könnten aussterben, sollte die Mauer gebaut werden. Und sogar Vögel würden betroffen sein, so Jesse Lasky:
"Vor allem kleinere Vögel sind scheu und fliegen sehr niedrig im Schutz von Vegetation. Eine neun Meter hohe Mauer, neben der nichts wächst, werden sie nicht überwinden können. Viele dieser Vögel verfangen sich in den Grenzzäunen, die es heute schon gibt."
Die geplante Mauer würde schwerwiegende Folgen für Hunderte teils stark bedrohte Tier- und Pflanzenarten mit sich bringen. Doch Wissenschaftler wie Jesse Lasky können nur grob abschätzen, was dies für Flora und Fauna genau bedeutet. In der Vergangenheit gab es so gut wie keine Fördergelder für diese Art von Forschung.