Ein kranker Mann beschäftigt seit ein paar Tagen die ganze Welt. Die Reaktionen auf Donald Trumps COVID-19-Infektion sind sehr unterschiedlich: Von Anteilnahme und Besserungswünsche bis hin zu Häme - und dem einen oder anderen kam sogar der Gedanke, das könne doch alles höchstens ein Wahlkampfmanöver sein.
Nach der Einlieferung ins Krankenhaus folgten widersprüchliche Aussagen über den Gesundheitszustand des Präsidenten. In einem Video äußerte Trump am Wochenende, er habe viel über Corona gelernt. Und jetzt sorgt er mit einer Spritztour im gepanzerten SUV für Wirbel. Denn eigentlich gelten für einen Kranken wie ihn natürlich strenge Quarantäne-Regeln, doch er lässt sich mit Maske und winkend an seinen Fans vorbeifahren. Politisches Theater, das andere in Lebensgefahr bringt, so beschreiben es Mediziner weltweit.
Typisches Verhalten narzisstischer Persönlichkeiten
Der Literatur- und Medienwissenschaftler Jochen Hörisch hält den Auftritt für "ein Zeichen äußerster Arroganz". Viele autoritäre und narzisstische Persönlichkeiten verspürten den Drang, in einer Krise zu zeigen: "Ich bin noch da, ich lebe." In Hörischs Augen gibt es zahlreiche Möglichkeiten damit umzugehen, aber im Wesentlichen zwei verschiedene:
Einerseits indem man aus seinem Herzen keine Mördergrube mache, so wie der in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" zitierte amerikanische Schriftsteller Louis Begley. Er habe angesichts von Trumps Krankheit an einen Louis-Armstrong-Song gedacht, der im Wortlaut bedeutet: "Ich freue mich, wenn du tot bist, alter Schurke."
Ein wahrer Populist
Die zweite Möglichkeit, auf Trumps Ausfälle zu reagieren, so Hörisch, sei die Art von Michelle Obama, die einst den Satz prägte: "When they go low, we go high". Das bedeutet so viel wie: "Wenn die Gegner unterirdisch werden in ihrer Rhetorik, sind wir diejenigen, die das Niveau anheben."
Warum uns Trump so sehr beschäftigt, liegt nach Ansicht von Hörisch daran, dass sein Auftreten "der Populismus in Reinkultur" sei. Wenn er sagt, dass er viel über Corona gelernt hat, und zwar vom Leben, nicht aus Büchern, dann "kommt das eindeutig an.