Trumps „Zollpause“
Debatte um Zölle verdeckt die Frage nach Umverteilung

Die Erleichterung über die „Zollpause“ von US-Präsident Trump lenkt vom eigentlichen Problem ab: Der globale Freihandel hat viele zu Verlierern werden lassen. Dagegen helfen jedoch keine Zölle, sondern gerechte Umverteilung und ein fairer Welthandel.

Ein Kommentar von Marcus Wolf |
Menschen demonstrieren bei "The Poor People s Campaign" geggen Armut und Ungerechtigkeit
In den USA gibt es viel Reichtum, aber auch sehr viel Arbeitslosigkeit und Armut – die Ursache sei der Freihandel, behaupten rechte Globalisierungskritiker (Imago / NurPhoto / Aashish Kiphayet)
Trump rudert von seinen Rekordzöllen für die ganze Welt wieder zurück. Eine „Zollpause“ nennt er das. Wie allgemeines Aufatmen klang das in dieser Woche, als die weltweiten Börsen zusammen feierten, dass es doch nicht so schlimm kommt. Nur zehn Prozent auf alles bleiben. Dazu 25 Prozent auf Autos, Stahl und Aluminium. Ach und 145 Prozent auf alle Waren aus China.

Industrie in die USA zwingen

Wer das alles als „Zollpause“ labelt, der hat nicht verstanden, dass Trump neben allen Volten und Wendungen vielleicht doch ein paar Sachen tatsächlich ernst meint. Der Vorwurf des Insider-Handels läuft da vielleicht sogar etwas ins Leere, auch wenn er von den zuständigen Behörden verfolgt werden sollte. Denn er lenkt ab.
Die Zölle und alle damit verbundenen Wendungen sind kein Instrument zur Selbstbereicherung. Trump versucht tatsächlich mit pauschalen, flächendeckenden Zöllen Industrie in die USA zu zwingen. Textil. Halbleiter. Autozulieferer. Chemische Industrie. Flächendeckende Zölle kann man als Methode in Frage stellen. Aber das Ziel, das hiermit verfolgt wird und die politische Koalition, die dahintersteht, die sollten allen zu denken geben.

Armut, Freihandel und fehlende Umverteilung

Denn: die Globalisierung hat eben nicht nur Gewinner hervorgebracht, sondern auch Menschen, die vom Aufstiegsversprechen der Globalisierung nichts mitbekommen. Dass aber Armut nicht per se am Freihandel liegt, sondern an fehlender Umverteilung, das ist der Satz, den sich vor allem auch die Milliardäre der MAGA-Bewegung nicht zu sagen trauen.
Und trotz aller Kritik: Trumps MAGA-Bewegung hat in den USA nun schon zweimal die Präsidentschaftswahl gewonnen. Und auch in Europa erstarken diese Kräfte. Wenn wir uns nur darauf konzentrieren, auf die Verluste am Aktienmarkt zu schauen, die durch Zölle entstehen, dann ist diese Debatte verloren.

Test für eine rechte Globalisierungskritik

Die Trump-Regierung wird alles versuchen, um zunächst den Arbeitern das Gefühl zu geben, dass etwas für sie getan wird. Ob das wirklich geschieht, ist dann fast zweitrangig. Die implizite Aussage: „Let them eat tariffs“. Im Anschluss will Trump die Reichen und Vermögenden durch Steuersenkungen zufriedenzustellen. Auf eine Art ist es deshalb gut, dass diese Zölle jetzt kommen, denn sie sind der „Proof of Concept“ – die Machbarkeitsprüfung – der rechten Globalisierungskritik.
Klar, „Bekämpfung von Ungleichheit“ klingt ja deutlich weniger nach einem „Great America“ als das Zoll-Säbelrasseln. Dabei wäre sie die bessere Methode, um das Problem anzugehen. Das kann die MAGA-Rechte aber nicht. Denn wenn sie eines niemals – nicht einmal in einer zynischen Spontan-Wendung – ausprobieren möchte, dann wäre es eine Umverteilung über Steuern.

Die Frage nach der Ungleichheit

Wenn wir aber ganz ehrlich sind, sind auch viele der Freihandels-Fans keine Anhänger von Umverteilung. Vielleicht sollten sie das aber sein. Denn man kann vielleicht nicht beides haben. Einen nächsten Trump vermeiden und Umverteilungsfragen dauerhaft umschiffen.
Trump bemüht sich durch Zölle, die Ungleichheitsfrage nicht stellen zu müssen. Wenn man ihn konfrontieren will, kann man es nur tun, indem man einen wirklich fairen Welthandel verteidigt. Denn der nutzt zwar oft den Konsumenten, schafft aber auch eine große Konkurrenz zwischen den Produzenten, woraus auch Verlierer entstehen. Auch das gehört zur Ehrlichkeit dazu.