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Tschechien
Babiš unter Druck

Bis zu 17,4 Millionen Euro an EU-Subventionen könnte der Konzern des tschechischen Premierministers Andrej Babiš zu Unrecht erhalten haben – so das Fazit eines EU-Berichts. Der Politiker weist die Vorwürfe zurück. Am Abend wollen Tausende in Prag gegen Babiš demonstrieren.

Von Marianne Allweiss |
Der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis (23.11.2018).
Der tschechische Premierminister Andrej Babiš steht unter Druck (AP / Petr David Josek)
Seit Wochen hat Tschechien auf dieses Schreiben aus Brüssel gewartet. Vor der Europawahl ist der Rechnungsprüfungsbericht der Kommission zwar nicht mehr in Prag eingetroffen, aber auch das Beben das er nun auslöst ist gewaltig und dürfte Folgen haben.
"Wir haben beschlossen, dass wir unsere eigene Analyse aufgrund des EU-Berichts anfertigen werden", sagt der Oberste Staatsanwalt Tschechiens, Pavel Zeman, "weil das, was dort beschrieben wird, ernsthaft ist und den Verdacht einer Straftat darstellen könnte".
Eine Straftat, die der Regierungschef begangen haben könnte. Andrej Babiš hat seinen Mischkonzern Agrofert zwar im Februar 2017 in zwei Treuhandfonds überführt. Aber, so sehen es die Prüfer aus Brüssel, der zweitreichste Mann des Landes hat immer noch entscheidenden Einfluss auf Agrofert.
Babiš entscheidet als Premierminister über EU-Gelder
Er hat die Mitglieder des Treuhand-Trusts bestimmt, zum Beispiel seine Frau, und kann sie jederzeit entlassen. Außerdem entscheide er als Premierminister über EU-Subventionen an Agrofert. Und die fordert der Bericht nun zurück. Ein Fazit, das den Regierungschef im Parlament zum Toben bringt.
"Wenn es Agrofert und den Fall Storchennest nicht geben würde, was würdet Ihr dann machen? Ihr seid vollkommen tot! Ihr habt nichts anderes, worüber Ihr sprecht, Ihr habt kein Programm."
Aber dieses Mal geht es den angegriffenen Journalisten und der Opposition nicht um Subventionsbetrug im kleineren und älteren Fall des Wellness-Ressorts Storchennest. Sondern um die vergangenen 28 Monate und um bis zu 17,4 Millionen Euro. Agrofert als größter privater Arbeitgeber Tschechiens ist seit Langem auch Empfänger der meisten EU-Fördergelder hierzulande.
"Falls sich zeigt, dass Subventionen unberechtigt ausgezahlt wurden, dann ist es logisch, dass sie zurückerstattet werden müssen", meint auch der Chef der mitregierenden Sozialdemokraten, Jan Hamáček.
Der Konzern von Babiš soll zahlen, fordert die Opposition
Ministerpräsident Babiš spielt auf Zeit: Der Bericht sei vorläufig, die Regierung warte auf die tschechische Version und werde dann in angemessener Frist reagieren. Doch diese Antwort dürfe nicht, wie geplant, aus der Feder von Ministern der ANO-Bewegung von Babiš stammen, fordert die Opposition. Der Parteichef der zweitstärksten Parlamentsfraktion, Petr Fiala von den Bürgerdemokraten, ergänzt:
"Wir verlangen, dass das Geld, das Tschechien zurückzahlen muss, von Agrofert kommt. Außerdem verlangen wir, dass der Staat sofort aufhört, Subventionen auszubezahlen."
Die Opposition setzt für ihren Forderungskatalog und womöglich für ein Misstrauensvotum heute im Parlament auch auf Stimmen von den Sozialdemokraten und den Kommunisten, die das Minderheitskabinett tolerieren. Im vergangenen Sommer hat die EU-Kommission ihre Überweisungen nach Prag gestoppt. Wegen Zweifeln an der Unabhängigkeit von Agrofert. Die tschechischen Behörden zahlen allerdings weiter.
Große Demonstration geplant
Das hat nun auch den Bund der Steuerzahler auf die Barrikaden gerufen. Er will sich der wöchentlichen Demonstration gegen Babiš am Abend anschließen. Der Direktor von Transparency International, David Ondráčka, ist seit den Anfängen Ende April dabei:
"Es kann nicht angehen, dass der Haushalt Tschechiens und der EU die bodenlose Kasse des Premierministers und seiner Firma ist. Der Premier hat Tschechien durch seine Unersättlichkeit große Schande bereitet."
Vor zwei Wochen waren rund 50.000 Menschen auf den Wenzelsplatz geströmt. Für heute rechnen die Organisatoren mit mehr als 100.000 Teilnehmern und damit der größten Demonstration seit der Samtenen Revolution.