Der Euro ist die größte Tragödie Europas. Ein Sündenfall, der zum Untergang der Europäischen Union führt. Klartext von Vaclav Klaus. Zehn Jahre lang prägt der Staatspräsident mit diesen Tönen die Euro-Debatte in Tschechien. Doch die Stimmungslage auf der Prager Burg hat sich geändert. Amtsinhaber Milos Zeman ist ein Anhänger der Gemeinschaftswährung: "Ich glaube fest daran. Tschechien wird schon bald ein Mitglied der Eurozone sein."
Er wünsche sich eine sachliche Debatte über Vor- und Nachteile einer Euro-Einführung in Tschechien. Auf sein Geheiß versammelten sich deshalb jetzt die Spitzen der Mitte-Links-Koalition auf dem Landsitz des Präsidenten. Doch nach stundenlanger Diskussion am Ende ein nüchternes Fazit von Regierungschef Sobotka: "In der Koalition haben wir uns nicht auf einen Termin für die Euro-Einführung geeinigt. Mit anderen Worten. In dieser Legislaturperiode werden wir dafür kein konkretes Datum vorschlagen."
Auf lange Sicht plädiert der Sozialdemokrat jedoch durchaus für eine Abschaffung der heimischen Krone. Tschechien erfüllte bereits jetzt weitgehend die notwendigen Maastricht-Kriterien Doch die eigene Wirtschaft müsse für die Bewältigung der Herkules-Aufgabe einer Euro-Einführung zunächst ihre Hausaufgaben machen: "Ich bin überzeugt, dass der Euro Tschechien ein gleichbleibendes Wirtschaftswachstum und neue Investoren bringen kann. Das Jahr 2020 ist aber der frühestmögliche Termin für eine Euro-Einführung."
Wirtschaft dringt auf Euro-Einführung
Doch auch dieses Datum ist in den Reihen der Drei-Parteien-Koalition nicht unumstritten. An der Spitze der Kritiker steht Finanzminister Andrej Babis. Angesichts der weiter offenen Griechenlandfrage drohen Tschechien als Euro-Mitglied Milliardenzahlungen für Athen. Der populäre Vorsitzende der Protestpartei ANO will deshalb die Bürger über die Gemeinschaftswährung abstimmen lassen: "Es wäre günstig, wenn wir zeitgleich mit den Parlamentswahlen 2017 ein Referendum durchführen. Die Eurozone hat aktuell riesige Probleme. Wir sollten deshalb vorsichtig sein."
Am Ergebnis dieser möglichen Volksbefragung gibt es nach heutigem Stand keinerlei Zweifel. Rund zwei Drittel der Bevölkerung ist seit Jahren konstant gegen die Euro-Einführung in Tschechien. Auf der anderen Seite fordern die Vertreter der stark exportorientieren Wirtschaft vehement das Ende der Krone. Der milliardenschwere Unternehmer Andrej Babis lässt sich deshalb ein Hintertürchen offen. Das Ergebnis des Referendums - so sein Vorschlag - werde für die neue Regierung keinesfalls bindend sein. Ungeachtet der neu erwachten Euro-Euphorie des Präsidenten wird nach Meinung aller Beobachter die Einführung der Gemeinschaftswährung in Tschechien deshalb noch lange auf sich warten lassen. Auch über zehn Jahre nach dem EU-Beitritt des Landes steckt die Euro-Debatte noch immer in den Kinderschuhen.