Archiv

Tschechien
Knappes Ergebnis bei Stichwahl um Präsidentschaft erwartet

In Tschechien könnte am Abend feststehen, wer der künftige Staatspräsident wird. In der Stichwahl stehen sich Amtsinhaber Milos Zeman und sein Herausforderer Jiri Drahos gegenüber, der frühere Präsident der Akademie der Wissenschaften. Es dürfte ein knappes Ergebnis werden.

Von Peter Lange |
    Jiri Drahos und Milos Zeman beim ersten von zwei TV-Duellen
    Jiri Drahos und Milos Zeman beim ersten von zwei TV-Duellen (picture alliance/dpa - CTK Photo/Michal Kamaryt)
    Eine Plattenbau-Siedlung in Pankrac, am Stadtrand von Prag. Viele Rentner wohnen hier, Leute mit geringem Einkommen, ehemalige kommunistische Kader. Die Menschen, die aus dem Wahllokal in der Grundschule kommen, geben gern Auskunft, wen sie gewählt haben. Hier beginnt Zeman-Land.
    "Ich habe Herrn Zeman gewählt", sagt dieser Rentner. "Er kämpft für tschechische Interessen, vor allem dafür, dass unser Land nicht von Migranten beherrscht wird. Zeman lässt das nicht zu."
    "Ich habe Milos Zeman gewählt, weil wir ihn gut kennen. Ich denke, er wird das fortsetzen, was er bisher gemacht hat, vor allem dass er uns vor Migration schützen wird."
    Drahos-Wähler gibt es hier auch, aber sie sind in der Minderheit. Diese junge Mutter zum Beispiel:
    "Ich habe Herrn Drahos gewählt, weil ich denke, dass er unser Land wieder nach Westen ausrichten wird. Zeman hat uns Land Richtung Osten, zu Russland gezogen."
    Nur zehn Prozent sollen sich noch nicht entschieden haben
    Die Lager scheinen fest gefügt: Hier die besser gebildeten und besser verdienenden in den Städten, die für Drahos sind. Dort die kleinen Leute auf dem Land, mit wenig Geld, die Zeman wählen. Nur zehn Prozent sollen sich noch nicht entschieden haben. Und um die haben die beiden Kontrahenten bis zu letzt gekämpft.
    Milos Zeman, der Staatspräsident, blieb seiner Linie treu, indem er die Angst vor Überfremdung schürte und seinem Kontrahenten unterstellte, er wolle das Land für muslimische Flüchtlinge öffnen.
    "Ich bin froh, dass mit einer Ausnahme, die Jiri Drahos heißt, alle Politiker damit einverstanden sind, dass wir illegale Migranten nicht in unserem Land aufnehmen sollten."
    Drahos wiederum thematisierte die Russland-Kontakte des Präsidenten. Zeman gilt bei seinen Gegnern als Einfluss-Agent für Moskauer Interessen. Unter seiner Präsidentschaft sei die strategische Position Tschechiens unklar geworden:
    "Der Präsident sollte klar von einer Verankerung der Tschechischen Republik in Europa sprechen, im Rahmen von Europäischer Union und Nato. Der gegenwärtige Präsident ist meiner Meinung nach bemüht, die Tschechische Republik eher irgendwo nach Osten zu verschieben."
    Knappes Ergebnis erwartet
    Das letzte Fernseh-Duell am Donnerstagabend ging nach Ansicht der meisten Beobachter unentschieden aus. Was schon ein Erfolg für Drahos ist, denn eigentlich sah man Zeman im Vorteil. Wer immer am Ende die Nase vorn hat: Es dürfte ein knappes Ergebnis werden und einmal mehr dokumentieren, dass die tschechische Gesellschaft politisch und kulturell in zwei fast gleichgroße Hälften gespalten ist.