Die Kinder- und Jugendliteratur, mit der der tschechische Autor Michael Stavarič in Berührung gekommen ist, hatte eine gewisse Sonderstellung, im damals kommunistischen Tschechien. Heute arbeitet er als Autor von Romanen sowie auch von Kinderbüchern. In Tschechien sei diese Doppelrolle nicht so unüblich wie vergleichsweise in Deutschland, sagte Michael Stavarič auf der Deutschlandradio-Bühne der Leipziger Buchmesse 2019 und erklärte diesen Umstand historisch: "In der Tschechoslowakei war das Kinderbuch, das Puppenspiel, der Kinderfilm und so weiter, eine Möglichkeit, die Zensur zu umgehen."
Letztendlich seien viele Leute, die zensurbedingt nicht hätten künstlerisch arbeiten können, weil sie auf einer roten Liste oder auf irgendwelchen Indexen standen, so Stavarič, in die Kinderbuch und -Filmproduktion gegangen und hätten dort quasi das umgesetzt, was sie auch für Erwachsene gemacht hätten - das jedoch unter dem Deckmantel des Kindergenres.
Kinderbuchfiguren im Alltag
Arco Verleger Christoph Haacker ergänzt, dass dies in der ČSR schon in der Zwischenkriegszeit angefangen hätte: "Eine wichtige Rolle spielte die Redaktion der legendären Zeitung "Lidové noviny", wo also Erwachsenen-Autoren zugleich Kinderbuch-Autoren wurden und sich gegenseitig anregten und beeinflussten."
Die Figuren der tschechischen Kinder- und Jugendliteratur gelten in Tschechien als Wahrzeichen, das würde sich allein schon daran zeigen, so Haacker, dass man bei einem Besuch in Prag nicht an den Figuren von Josef Lada vorbeikommen kann. Die tschechische Kinder- und Jugendliteratur sei sehr eng verknüpft "mit Illustrationen, mit bildenden Künstlern, die auch teilweise diese Puppen geschaffen haben und auch mit Kabarett, mit Marionetten, mit Kleinkunst."
"Ich glaube, das Buch als Gesamtkunstwerk zu betrachten und ein ganzes Universum drumherum zu schöpfen und schaffen, das zeigt, wie vielschichtig letztendlich solche Dinge aufgefasst werden können", sagt Michael Stavarič.