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Tschiller, der Killer

Schluss mit trockenem Rumpsychologisieren und langen Dialogen: Als Nick Tschiller räumt Til Schweiger im Hamburger Tatort auf. Sein Einstand war kurzweilig in Szene gesetzt und doch spannungsarm. Fiese Fratzen und Gangsterklischees genügen offenbar, um Schweiger als deutsche Antwort auf Bruce Willis auf den Plan zu rufen.

Von Jörg Albrecht |
    Im Anfang war das Wort und das Wort war ...

    "Fuck!"

    Nick Tschiller und sein erster Laut. In bester Schimi-Tradition. Auch der pflegte schließlich von Anfang an eine deftige Ausdrucksweise. Wir erinnern uns:

    "Hör auf mit der Scheiße!"

    Sie sind sich nicht unähnlich – der ehemalige Duisburger Hauptkommissar und sein neuer Hamburger Kollege. Beide nuscheln. Beide ziehen sie ihr Ding durch. Und beide halten Dienstvorschriften für einen Haufen Altpapier. Weil wir aber nicht mehr das Jahr 1981 schreiben, trägt Schweiger keinen Schnäuzer, sondern Dreitagebart. Auch sitzt seine Knarre lockerer. Für Schweigers Body Count, also die Zahl derer, die er gleich bei seinem ersten Fall ins Jenseits befördert, hat George fast die gesamte Dienstzeit benötigt.

    Ein Nick Tschiller macht keine Gefangenen. Tschiller, der Killer. Wir sind schließlich nicht im beschaulichen "Großstadtrevier".

    "Es war Notwehr."

    "Na klar. Lethal. Drei Mal. Bei uns werden Verdächtige festgenommen und dann verhört."

    "Das wollten die aber nicht."

    Erst also schießen – dann hat sich das mit dem Fragen ohnehin erledigt. Und damit gar nicht erst Zweifel an Tschillers besorgniserregender Berufsauffassung aufkommen, gehören die Bösen einer besonders verachtenswerten Gilde an: Sie sind Menschenhändler und Kinderschänder. Derart übler Abschaum, dass sich das Drehbuch gar nicht erst lange mit den Täterprofilen aufhält. Fiese Fratzen und Gangsterklischees genügen, um Til Schweiger als deutsche Antwort auf Bruce Willis auf den Plan zu rufen.

    "Sie und Ihre Alleingänge! Diese Gewalt und dieses ganze Rumgeblute."

    Da räumt einer im Alleingang auf. Schluss mit Profiling und Rumpsychologisieren. Ein Hauch von "Rambo" und "Stirb langsam" legt sich über den Kiez. Das ist die Hollywood-Duftnote. Auf Action getrimmt, realitätsfern, unglaubwürdig. Der Fall: Dick aufgetragen, letztlich aber völlige Nebensache. Knackig und kurzweilig in Szene gesetzt und doch spannungsarm, ist "Tatort"-Ausgabe 865 weit entfernt gewesen von einem Highlight der Endlos-Krimireihe.

    Anders als Götz George vor 32 Jahren hat Schweiger mit seiner "Tatort"-Premiere kein Ausrufezeichen gesetzt. Zugegeben: Der 49-Jährige ist zwar eine Marke, aber seinem Nick Tschiller fehlt es an zwei Dingen, die Georges Schimi groß gemacht haben: Authentizität und Charisma. Und über Schweigers Schauspielkünste sollte auch hier besser ein Deckmantel des Schweigens ausgebreitet werden. Zum Fremdschämen sind vor allem die Szenen mit seiner ebenfalls talentfreien Tochter Luna.

    "Was hast denn du gemacht?"

    "Ich bin gegen die Haustür gelaufen."

    "Schon wieder."

    "Nicht ohne meine Töchter", lautet seit Jahren Schweigers Motto. Im Kino erfolgreich getestet – jetzt also auch im "Tatort". Das ist penetrant und selbstgefällig. Aber es zeichnet eben auch einen Star aus.

    "Nick Tschiller. – Schiller wie der Dichter?"

    "Was für´n Dichter?"

    "Die Glocke?"

    "Nee mit T! … Ich nuschle ein bisschen."

    "Früh übt sich, wer ein Meister werden will". Worte des berühmten Namensvetters ohne "T". Recht hat er: Vor fast 20 Jahren war Til Schweiger schon einmal ein Polizist. Assistent von Hannelore Elsner in der TV-Serie "Die Kommissarin". Auch damals hieß er Nick. Ein junger Kommissar, der von der großen Karriere träumt.

    "Du Mistratte, du bist gerade auf den ältesten Polizistentrick der Welt reingefallen."

    "Was wird denn das?"

    "Unser Nicki wird Filmstar."

    "Wenn ich damit groß rauskomme, habt ihr mich hier die längst Zeit gesehen. Dann gehe ich nämlich zum Film."