Die deutschen Bundesregierungen hielten solche Forderungen immer für unberechtigt. Allerdings mussten sie sich bisher auch nicht ernsthaft damit auseinandersetzen. Denn keine griechische Regierung hat dieses Thema in Berlin jemals auf den Tisch gebracht – wohl aus Sorge vor neuem Streit mit der Bundesregierung.
Das soll nun anders werden, versprach der Wahlsieger und Syriza-Chef, Alexis Tsipras, erst vergangene Woche auf der zentralen Syriza-Wahlkundgebung in Athen:
"Eine Syriza-Regierung wird mit großer Entschiedenheit fordern, dass Deutschland unbezahlte Schulden aus der Besatzungszeit zurückzahlt: Entschädigungen für Nazi-Kriegsverbrechen und die Rückzahlung des Zwangskredits. Das ist nicht nur eine Schuld, die Deutschland an Griechenland hat, sondern das ist eine unbezahlte Schuld an allen europäischen Völkern, die aufgestanden sind, um den Nationalsozialismus im Zweiten Weltkrieg zu besiegen."
Die Meinungen darüber, ob Griechenland Anspruch auf Reparationszahlungen hat, gehen unter Juristen auseinander. Die Bundesregierung hält alle Entschädigungsforderungen für erledigt, weil die BRD 1960 pauschal als "Wiedergutmachung von NS-Unrecht" 115 Millionen D-Mark an Athen überwiesen habe. Manche Juristen halten dieses Argument für nicht stichhaltig, weil Kriegsverbrechen eben nicht verjährten und Griechenland nie auf seine weitergehenden Forderungen verzichtet habe.
Rückforderung des Zwangskredits könnte gerechtfertigt sein
Eine vom griechischen Finanzministerium eingesetzte Experten-Kommission soll laut Zeitungsberichten zu dem Ergebnis gekommen sein, dass zumindest die Rückforderung des Zwangskredits gerechtfertigt sei. Die bisherige Regierung hat den Bericht allerdings nicht veröffentlicht. Die Syriza-Regierung wird wohl mit dieser Geheimniskrämerei schnell Schluss machen.
Der heutige Wert der Zwangsanleihe von 1942 wird von Fachleuten sehr unterschiedlich eingeschätzt: Zwischen drei Milliarden und 64 Milliarden Euro liegen die Berechnungen. Die griechischen Experten kommen auf eine Zahl von elf Milliarden Euro.
Der deutsche Historiker Hagen Fleischer hat die Dokumente zur Zwangsanleihe von 1942 im Auswärtigen Amt in Berlin gefunden und analysiert. Die Chance, die Zwangsanleihe zurückzuerhalten, sei durchaus gegeben, meint er. Hingegen sei die Hoffnung unrealistisch, weitere Reparationen für Nazi-Kriegsverbrechen von Deutschland zu erhalten.
Der deutsche Historiker Hagen Fleischer hat die Dokumente zur Zwangsanleihe von 1942 im Auswärtigen Amt in Berlin gefunden und analysiert. Die Chance, die Zwangsanleihe zurückzuerhalten, sei durchaus gegeben, meint er. Hingegen sei die Hoffnung unrealistisch, weitere Reparationen für Nazi-Kriegsverbrechen von Deutschland zu erhalten.
"Es hat keinen Sinn auf Reparationen zu bestehen, weil ganz gleich, welche Partei in Deutschland regiert, die wird keine Reparationen bezahlen. Denn wenn sie an Griechenland bezahlen, dann kommen soundso viele andere Länder und wollen auch. Auf dem diplomatischen Schachbrett, wäre es deshalb ein kluger Zug, wenn Griechenland offiziell zurücktritt von Reparationen, aber unter der Bedingung, dass Deutschland über den Besatzungskredit verhandelt. Das Absurde ist wirklich: Das Naziregime hat diese Schuld anerkannt, während die demokratischen Nachfolgeregierungen sich weigern, auch nur darüber zu verhandeln."