Archiv

Tsipras in der Kritik
Krawalle bei Protesten in Griechenland

Zehntausende Griechen haben gegen die geplanten Kürzungen bei der Rente demonstriert. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und der Polizei. In Thessaloniki versuchten Landwirte, ein Ministerium zu stürmen. Für viele Griechen hat sich Ministerpräsident Alexis Tsipras vom Hoffnungsträger zum Sparpolitiker gewandelt.

    Demonstranten in Athen werfen Steine auf Polizisten.
    Demonstranten in Athen werfen Steine auf Polizisten. (AFP / Aris Messinis)
    Allein in Athen protestierten rund 40.000 Menschen, in Thessaloniki waren es etwa 14.000. In der Hauptstadt setzte die Polizei laut Augenzeugen Tränengas ein, nachdem einige wütende Griechen mit Steinen und Brandsätzen nach ihr geworfen hatten.
    In der Hafenstadt Thessaloniki versuchten aufgebrachte Landwirte unter anderem, das Ministerium für die nordgriechische Provinz Makedonien und Thrakien zu stürmen.
    Griechische Bauern blockieren mit ihren Traktoren die Grenzen zu Bulgarien und der Türkei
    Griechische Bauern blockieren seit zwei Wochen mit ihren Traktoren die Grenzen zu Bulgarien und der Türkei. (dpa/picture-alliance/Yannis Kolesidis)
    Öffentliches Leben stand still
    Zu den Demonstrationen und einem 24-stündigen Generalstreik hatten Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände gemeinsam aufgerufen. Fast alle Berufsgruppen beteiligten sich an dem Ausstand. Auch Anwälte, Lkw-Fahrer und Bauern legten die Arbeit nieder.
    Viele Geschäfte blieben geschlossen, Inlandsflüge und Fähren wurden gestrichen, berichtete ARD-Korrespondent Wolfgang Landmesser. Der größte Teil des Nahverkehrs kam zum Erliegen. Schulen, Gerichte und Apotheken blieben geschlossen, staatlich betriebene Krankenhäuser arbeiteten nur mit Notbesetzung. Bauern blockieren mit ihren Traktoren bereits seit zwei Wochen wichtige Autobahnen für Lastwagen. An der nördlichen Landesgrenze stauten sich Lkw, die auf dem Weg nach Bulgarien und in die Türkei waren.
    Größter Protest gegen Tsipras
    Der ehemalige und vermutlich neue Ministerpäsident Griechenlands: Syriza-Parteichef, Alexis Tsipras, hier beim Wahlkampf in Athen
    Tsipras verteidigt die geplante Rentenreform. (Picture Alliance / dpa / ALEXANDROS VLACHOS)
    Der Generalstreik ist der größte Protest, mit dem die Koalitionsregierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras seit dessen Amtsantritt vor rund einem Jahr konfrontiert wurde. Seine linksradikale Syriza-Partei hatte als Oppositionspartei eine Rentenreform noch vehement abgelehnt. Sie ist aber Bedingung dafür, dass das Land weitere Hilfsmilliarden von den internationalen Gläubigern erhält.
    Die verlangen, dass Athen die staatlichen Rentenausgaben um 1,8 Milliarden Euro reduzieren muss. Die Pläne sehen unter anderem Kürzungen von neuen Renten um durchschnittlich 15 Prozent und erhebliche Einbußen bei Landwirten und Freischaffenden vor.
    Regierung hat nur knappe Mehrheit
    Kritiker betonen, die Reformen würden dazu führen, dass viele Menschen zwei Drittel ihres Einkommens für Beiträge und Steuern hergeben müssten. Seit Beginn der Hilfen 2010 wurden die Renten bereits elf Mal gesenkt. Tsipras warnte, ohne Reformen könnten bald keine Renten mehr ausgezahlt werden. Nach Angaben des Arbeitsministeriums gibt Griechenland 17,5 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Renten aus, in den anderen europäischen Ländern liege der Anteil bei durchschnittlich 11,5 Prozent.
    Die Reform soll noch in diesem Monat ins Parlament eingebracht werden. Die Regierung hat aber nur eine Mehrheit von drei Stimmen, um die Rentenreform zu beschließen. Abweichler könnten das Land also in eine neue politische Krise stürzen.
    (hba/fwa)