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TTIP
EU-Rettungsversuch für das Freihandelsabkommen

Mehr Transparenz verspricht die neue EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström bei den Verhandlungen rund um TTIP, dem Freihandelsabkommen mit den USA. Die Gegner wittern aber weiterhin eine reine PR-Kampagne, ohne wirkliche Zugeständnisse an die Bürger. Der anvisierte Zeitplan ist ohnehin nicht mehr zu halten.

Von Jörg Münchenberg |
    Menschen demonstrieren in Berlin gegen die Freihandelsabkommen Ceta und TTIP.
    Immer mehr Proteste gegen TTIP. (picture alliance / dpa / Wolfgang Kumm)
    Der Tonfall hat sich deutlich geändert. Mit dem Amtsantritt von Cecilia Malmström vor einigen Wochen als neue Handelskommissarin tritt die EU-Kommission nach außen hin deutlich freundlicher und verbindlicher auf, wenn es um das umstrittene Freihandelsabkommen mit den USA geht. Zuhören wolle sie, verspricht die Schwedin bei jeder Gelegenheit und für deutlich mehr Transparenz sorgen, wenn es um die neue Handelspartnerschaft, die Transatlantic Trade and Investment Partnership, kurz TTIP, geht:
    "Wir müssen entmystifizieren, wir müssen erklären, was in dem Handelsabkommen enthalten sein soll und was nicht."
    So ihr Credo. Ganz neue Töne also als von ihrem eher knurrigen und im Auftreten eher arroganten Vorgänger Karel de Gucht, der für die TTIP-Kritiker kaum Verständnis aufbringen wollte. Und die neue Haltung kommt durchaus an - vor allem im Europäischen Parlament, das dem fertig ausgehandelten Abkommen am Ende zustimmen muss:
    "Ich glaube, sie hatte einen guten Start. Sie hat es geschafft, eine Kommunikationsstrategie völlig neu aufzustellen. Ich glaube, wir sind viel besser unterwegs, wenn es darum geht, die Sorgen der Bürger und Bürgerinnen aufzunehmen. Aber dann auch Antworten zu geben, zu adressieren - ich glaube, dass macht sie sehr gut."
    Sagt etwa der CDU-Abgeordnete Daniel Caspari, ein erklärter TTIP-Befürworter. Aber auch der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, Bernd Lange, SPD, ist voll des Lobes für die neue Hauptverantwortliche der Kommission in Sachen Handelspolitik:
    "Die Kommissarin Malmström ist wirklich offen. Sie hat einen großen Schritt in Richtung Transparenz gemacht. Ein erster Satz von Verhandlungsdokumenten ist veröffentlicht worden. Das ist schon ein anderer Stil. Und was die konkreten Verhandlungsinhalte betrifft, da kann man, glaube ich, in einen Dialog eintreten, um den Kurs noch ein bisschen anders zu setzen, damit das Schiff auch aus den stürmischen Gewässern heraus kommt."
    Mehr Informationen über das Verhandlungsmandat der EU
    Tatsächlich hat sich einiges getan: Das Verhandlungsmandat der EU für TTIP wurde endlich veröffentlicht; der Kreis der Abgeordneten im Europäischen Parlament, die Zugang zu den Dokumenten haben, wurde merklich erweitert. Erste Positionspapiere, Erläuterungen und Hintergrunderklärungen sind seit Anfang des Jahres öffentlich im Netz zugänglich. Allerdings nur Dokumente der europäischen Seite, die USA halten ihre Papiere weiterhin geheim. Den Kritikern von TTIP gehen die Veröffentlichungen längst nicht weit genug - Pia Eberhardt von der lobbykritischen Nichtregierungsorganisation CEO:
    "Echte Transparenz würde bedeuten, dass die europäische Öffentlichkeit - Leute an Unis, Journalisten, Politiker, aber einfach auch interessierte Bürger - Zugang haben zu den tatsächlichen Entwürfen des TTIP. Denn nur dann kann ich einschätzen, was sind Chancen und was sind Risiken. Ich brauche den Text. Ich brauche kein Papier, in dem die Kommission mir erzählt, was ihre Position ist, da kann ich nicht von Transparenz sprechen."
    Die Fronten zwischen TTIP-Befürwortern und -Gegnern bleiben also verhärtet. Inzwischen haben sich 1,3 Millionen EU-Bürger per Unterschriftenliste gegen das geplante Freihandelsabkommen ausgesprochen. In Deutschland, Österreich, und Luxemburg ist der Widerstand besonders groß, während in den übrigen Mitgliedsländern die Befürworter des Freihandelsabkommens noch die Mehrheit stellen, so zumindest das Ergebnis einer Studie des renommierten Pew Research Center in Washington. Doch inzwischen haben sich 350 Organisationen der Initiative "Stop TTIP" angeschlossen. Es geht also um eine grundsätzliche Positionierung, an der auch Pia Eberhardt keinen Zweifel lässt. TTIP darf erst gar nicht in Kraft treten:
    "Ich würde schon sagen, dass Akteure wie die Europäische Kommission, auch viele europäische Regierungen und Unternehmen die Öffentlichkeit an der Nase herumführen zu TTIP. Erzählungen in die Welt setzen von Arbeitsplätzen, von Wachstum, von diesem Abkommen als Bollwerk gegen die chinesische Gefahr und so weiter. Das hat aber mit dem Vertrag nichts zu tun. Das ist eine knallharte Deregulierungs-, Liberalisierungs-, Privatisierungsagenda."
    Das sieht die Handelskommissarin natürlich anders. Sie ist von den wirtschaftlichen Vorteilen überzeugt, wohl auch, weil gerade die schwächelnde europäische Wirtschaft einen neuen Wachstumsschub dringend gebrauchen könnte. Von den anfänglichen euphorischen Wohlstandsversprechungen ist die Kommission zwar inzwischen etwas abgerückt. Dennoch könnten, so Malmström, durch den Abbau von Zöllen und Handelsbeschränkungen sowie die Festlegung von gemeinsamen Standards Hunderttausende neue Jobs auf beiden Seiten des Atlantiks entstehen:
    Die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström
    Die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström (afp / Emmanuel Dunand)
    "Das ist bislang das ehrgeizigste Abkommen, das wir verhandeln. Zwischen den beiden größten Wirtschaftsräumen der Welt. Wir hätten das schon viel früher machen sollen, denn wir haben sehr enge bilaterale Handelsbeziehungen. Aber es gibt hier noch viele Hindernisse, bürokratische Hürden, rote Linien, die wir beseitigen müssen. Darum geht es jetzt, denn das führt zu mehr Jobs, mehr Wachstum, mehr Investitionsmöglichkeiten."
    Doch bei TTIP geht es eben noch um eine viel weitreichendere Kooperation, die gerade die Kritiker des Abkommens auf das höchste Maß alarmiert. Beide Seiten wollen globale Standards in den Handelsbeziehungen setzen - was freilich nur funktioniert, wenn die Zusammenarbeit viel intensiver und umfassender erfolgt als in allen bisherigen Handelsabkommen. Auch der US-Botschafter bei der Europäischen Union, Anthony Gardner, ist von diesem Ansatz überzeugt:
    "Ich denke, das geopolitische Argument ist vielleicht eines der stärksten. Wir leben längst in einer globalisierten, wettbewerbsintensiven und integrierten Welt. Einige unserer globalen Wettbewerber teilen nicht unsere Vorstellungen von Regeln für hohe Arbeitsstandards, geistiges Eigentum oder Umweltstandards. Wir haben jetzt Gelegenheit - wobei wir nicht wissen, wie lange noch, vielleicht für die nächsten fünf, zehn Jahre oder doch länger - die Regeln für den globalen Handel gemeinsam zu schärfen, bevor das andere für uns tun."
    Wobei natürlich hier vor allem die Handelsgroßmacht China gemeint ist. Doch was harmlos und sehr technisch klingt, ist in Wirklichkeit eine Mammutaufgabe. Über die sogenannte regulatorische Zusammenarbeit wollen die USA und Europa am Ende beides erreichen - globale Maßstäbe setzen und wichtige Handelshemmnisse abbauen:
    "Zehn, zwölf Sektoren - Automobil, Pharmazie, Kosmetik, Medizinprodukte, chemische Industrie - da haben beide Seiten hohe Standards, aber wir erkennen sie gegenseitig nicht an. Wir testen beide, wir inspizieren beide. Unabhängige Experten sagen: Beide machen das vollkommen richtig und gut, aber es ist eben doppelte Arbeit."
    Erklärt EU-Handelskommissarin Malmström das Problem. Populäres Beispiel: die gegenseitige Anerkennung von Sicherheitsstandards für Autogurte. Was viel Geld und Aufwand ersparen würde. Doch die angepeilte Kooperation stößt - je nach Branche - auch an ihre natürlichen Grenzen, räumt Reinhard Quick ein, der wiederum die Interessen des Chemieverbandes VCI in Brüssel vertritt:
    "Im Chemiebereich backen wir da etwas kleinere Brötchen wegen der Unterschiedlichkeit der Regulierung. Aber es gibt durchaus Möglichkeiten - bei der Kennzeichnung von Chemikalien zum Beispiel. Da gibt es ein internationales Abkommen, das diese Kennzeichnung regelt. Das wird aber trotzdem in den USA und der EU unterschiedlich angewandt. Da könnte man sich natürlich schon darauf einigen, einheitlich zu kennzeichnen. Dann brauchen viele Chemikalien, die von Europa in die USA exportiert werden, nicht mit anderen Kennzeichen versehen werden."
    Doch die Anerkennung von gegenseitigen Standards ist nur ein Teil der sogenannten regulatorischen Zusammenarbeit. Vielmehr geht es künftig auch darum, geplante Gesetze abzugleichen. Beide Seiten sollen dabei eine Art Mitspracherecht erhalten. Drohende Konflikte mit dem Freihandel sollen damit frühzeitig erkannt und ausgeräumt werden - ein sinnvoller wie notwendiger Ansatz, findet Chemielobbyist Quick:
    "Wir wollen den transatlantischen Regulierungsgraben abbauen. Und er hat sich gerade in unserem Bereich, seit wir uns mit dem Thema regulatorische Kooperation beschäftigen, vertieft. Ich bin schon der Auffassung, dass, wenn Sie diesen Graben kleiner machen wollen, dass es dann eine Möglichkeit der Diskussion zwischen den Regulierungsbehörden geben muss, um diesen Graben langfristig zu beseitigen."
    So stufen die USA die europäische Verordnung zur Zulassung und Verwendung chemischer Stoffe, kurz REACH, als Handelshemmnis ein, TTIP könnte also dazu führen, die bestehende Verordnung aufzuweichen, fürchten Kritiker. Was wiederum der Chemieverband bestreitet. Wie die Zusammenarbeit allerdings im Detail aussehen soll, ist bislang unklar, aber eben höchst brisant. Die EU hat inzwischen ihre Vorstellungen zur regulatorischen Zusammenarbeit veröffentlicht. Und ihre ursprünglichen Vorstellungen etwas entschärft. Demnach sollen Gesetze oder Initiativen lediglich auf der Ebene der EU oder der USA überprüft werden: Bundesstaaten und Bundesländer bleiben also außen vor. Zudem sollen Gesetzesvorhaben nicht mehr vorab von der Gegenseite überprüft und bewertet werden können. Doch die Skepsis bleibt, zumal unklar ist, was genau die amerikanische Seite an diesem Punkt einfordern wird. Ein Konsultationsprozess vorab - etwa durch US-Unternehmen - sei aber nicht hinnehmbar, sagt der Handelsexperte der SPD, Bernd Lange:
    In einer Tasse mit einem EU-Symbol steckt eine US-Fahne, aufgenommen  in einem Büro in Dresden.
    Wie umfangreich ist das gegenseitige Mitspracherecht bei Regulierungen? (picture-alliance / dpa / Arno Burgi)
    "Das passt nicht zu unserem Gesetzgebungsverfahren in der Europäischen Union. Wir haben ganz andere Verfahren - öffentlich organisiert. Das würde letztlich auch zu einer Verlangsamung führen und Einflussnahmen ermöglichen, die ich nicht möchte. Wir haben einen ein gut etabliertes Momentum der Gesetzgebung. Das heißt, natürlich man kann über Standards reden, kooperieren. Aber die Entscheidung darüber muss den demokratisch legitimierten Parlamenten obliegen."
    Deutlicher fällt die Kritik bei den TTIP-Gegnern aus. Pia Eberhardt von Ceo:
    "Da steht zum Beispiel so etwas drin wie: Zukünftige Gesetze auf beiden Seiten des Atlantiks sollen künftig dahingehend überprüft werden, ob sie einen Einfluss auf den negativen Handel haben. Ja, da kann man jetzt sagen: Wenn ich jetzt ein neues Umweltgesetz erlasse, sollte das vielleicht ein Kriterium sein, was ich berücksichtige. Aber ein Umweltgesetz hat ja auch noch ein paar andere Ziele. Es geht da tatsächlich um Instrumente, die da eingeführt werden sollen - und zwar verbindlich - die Unternehmen da so viele Möglichkeiten in die Hand geben, indem sie sich dann eben beziehen auf so etwas wie: Ja, das würde hier den Handel mit Gentechnik weiter beschränken, und deshalb können wir das nicht verbieten."
    US-Botschafter Gardner verteidigt dagegen das Vorhaben und verweist auf bereits bestehende Foren der Zusammenarbeit zwischen den USA und Europa, die sich durchaus bewährt hätten:
    "Die Regulierungsbehörden in den USA arbeiten längst mit den Behörden in der EU zusammen, da geht es um die Auswertung von wissenschaftlichen Daten. Und da geht es auch um mögliche Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit und Sicherheit auf beiden Seiten. Es gibt auch eine Zusammenarbeit zwischen den jeweiligen Behörden für den Verbraucherschutz, wenn es um den Austausch von Informationen geht zum Schutz vor gefährlichen Produkten."
    Regulatorische Zusammenarbeit ist einer der Hauptkritikpunkte
    Doch die regulatorische Zusammenarbeit ist längst zu einem der Hauptkritikpunkte der TTIP-Gegner geworden, genauso wie die umstrittenen privaten Schiedsgerichte, die vor allem Investoren vor Benachteiligung oder Diskriminierung schützen sollen. In der Handelspolitik bislang ein gängiges Instrument, soll ein modernisiertes Investor State Dispute Settlement, kurz ISDS, auch für das geplante Abkommen zwischen den USA und der EU übernommen werden, so steht es im Verhandlungsmandat der 28 EU-Mitgliedstaaten:
    "Da gibt es Verbesserungsbedarf, ja. Aber nur, weil es Verbesserungsbedarf gibt oder es in Einzelfällen auf fragwürdige Urteile gibt, sollte man doch nicht das ganze Instrument abschaffen, sondern es gehört reformiert. Und nur wenn wir am Ende ein ISDS mit Amerika im Text stehen haben sollten, das genau unsere Qualitätsanforderungen erfüllt, dann darf es rein. Und wenn nicht, gehört es raus."
    Bekräftigt der EU Abgeordnete Daniel Caspary, CDU. Bislang tagen Schiedsgerichte hinter verschlossenen Türen. Die Richter sind Anwälte oder ehemalige Richter, auf die sich die Streitparteien zuvor geeinigt haben. Doch bei den speziellen Klagerechten für die Wirtschaft geht es eben nicht nur um den Schutz vor Diskriminierung, sondern - aus Sicht der Staaten - auch um die Freiheit der eigenen Politikgestaltung. Prominentes Beispiel: die milliardenschwere Klage des schwedischen Energieunternehmens Vattenfall gegen Deutschland wegen des Atomausstiegs. Vattenfall fordert Schadensersatz in Höhe von 4,7 Milliarden Euro. Diese Erfahrungen, so Caspary, müsse man bei TTIP entsprechend berücksichtigen:
    "Wir wollen genau die Richterauswahl verbessern. Wir wünschen uns Revisionsmöglichkeiten. Wir wünschen uns noch klarere Sicherstellungen angesichts der Tatsache, dass hier irgendeine Klageindustrie entstehen kann. Wo sich dann irgendwelche Juristen auf unsere Kosten bereichern. Wir wollen sicherstellen, dass es hier nur wirklich um die Fälle geht, bei denen Ausländer gegenüber Inländern benachteiligt werden. Wir wollen sicherstellen, dass im Bereich Umwelt, Soziales und sonstigen Politikbereichen wir Gesetzgebung machen dürfen, solange wir nicht diskriminieren."
    Private Schiedsgerichte hoch umstritten
    Nach Ansicht der TTIP-Kritiker aber haben die privaten Schiedsgerichte in dem Handelsabkommen überhaupt nichts zu suchen. Die EU und die USA hätten vergleichbare Rechtssysteme, lautet ein Argument. Zudem gäbe es bereits Abkommen ohne Streitschlichtungsmechanismus, betont der SPD-Handelsexperte im EU-Parlament, Bernd Lange:
    "Wir wissen, dass die USA mit Australien ein Abkommen geschlossen haben vor nicht allzu langer Zeit ohne diese außergerichtlichen Schiedsstellen. Ich bin der Auffassung, das wird kein Deal Breaker, kein Verhinderungsgrund eines Abkommens sein. Insofern werden wir, wenn die Verhandlungen an Dynamik gewinnen, dafür sorgen, dass diese Schiedsgerichte nicht Teil dieses Abkommen sind. Ich sehe das durchaus als realistische Option an."
    Bislang pochen die USA aber auf einen Handelsvertrag inklusive ISDS. Dazu kommt der geostrategische Ansatz von TTIP: Man könne in einem so umfassenden Handelsabkommen schlecht auf die privaten Schiedsgerichte verzichten, um sie dann bei ähnlichen Verträgen etwa mit China wieder einzufordern, heißt es bei den Befürwortern der Streitschlichtungsmechanismen. Die zuständige Handelskommissarin will sich in dieser wichtigen Frage noch nicht festlegen:
    "Es war für mich und Kommissionspräsident Juncker immer klar: Es gibt sie. Sie existieren. Sie sind Teil des Verhandlungsmandats. Die Mitgliedstaaten haben sie. Die USA wollen sie. Aber wir haben dieses Kapitel bislang eingefroren, weil wir der Meinung sind, dass sie nicht gut funktionieren. Wir hatten dazu die öffentliche Konsultation, daraus müssen wir Schlüsse ziehen im Dialog mit den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament. Die Frage ist, können wir uns auf einen anderen Mechanismus einigen, der Investitionen beschützt."
    Eine Richterrobe hängt in einem Raum eines Gerichts auf einem Bügel an einem Schrank neben vielen Aktenordnern. 
    Rolle von Schiedsgerichten bleibt umstritten. (dpa / picture alliance / Jens Kalaene)
    Die Antwort muss die Kommission in den nächsten Wochen geben. Und dabei auch berücksichtigen, dass sich in einer öffentlichen Befragung eine überwältigende Mehrheit gegen die Schiedsgerichte ausgesprochen hat, die allerdings nicht repräsentativ ist. Doch TIPP-Kritikerin Eberhardt glaubt nicht an eine Kehrtwende der neuen EU-Kommission:
    "Sie wird zurückkehren genau zu der Position, die sie vor der Konsultation hatte. Die heißt nämlich eine leichte Reform des Investitionsschutzes, um das besser verkaufen zu können. Also zum Beispiel mehr Transparenz in den Verfahren und so weiter. An der Substanz wird sich aber nichts ändern. Und genau diese Reförmchenagenda hat die Kommission ja vorgestellt in ihrer Konsultation."
    Damit zeichnet sich längst ab: Auch die öffentliche Befragung zu den Schiedsgerichten hat sich faktisch als Bumerang erwiesen. Statt für Transparenz zu sorgen, wittern die TTIP-Kritiker eine reine PR-Kampagne ohne Inhalte. Der versprochene Neuanfang unter Cecilia Malmström droht also zu scheitern. Zumal die EU-Kommissarin gleichzeitig auch gegenüber den USA unter Zugzwang stehe, meint Chemielobbyist Quick:
    "Ich halte es für verhandlungstaktisch sehr unklug, wenn wir gleich zu Anfang zu viele rote Linien aufziehen. Natürlich können wir das machen. Und wir Europäer haben ja genügend rote Linien, wenn sie die allgemeine Diskussion zu TTIP sehen. Aber diese roten Linien führen schon dazu, dass man in den Verhandlungen nachgeben muss. Oder die Idee des Verhandlungspartners akzeptieren muss. Da werden Deals gemacht. Und wenn sie am Anfang zu viele rote Linien aufstellen, dann müssen sie dafür bezahlen."
    Schleppender Verlauf der Gespräche
    Dazu kommt der bislang schleppende Verlauf der Gespräche. Im Sommer 2013 wurde mit den Verhandlungen begonnen, mittlerweile liegen acht Gesprächsrunden hinter den Experten von EU und den USA. Und noch immer geht es in vielen Bereichen zunächst noch darum, die Position des anderen zu verstehen - die Voraussetzung für einen späteren Kompromiss. Die Ungeduld beim US-Botschafter ist deshalb unüberhörbar:
    "Was wir in Europa brauchen, ist mehr Zuversicht. Mehr Zuversicht, dass dieses Abkommen verwirklicht werden kann. Wir kennen das Begleitschreiben, das Kommissionschef Juncker an Handelskommissarin Malmström gegeben hat: Darin heißt es - Zitat - keinem Abkommen zuzustimmen, das Europas Sicherheits-, Gesundheits-, Sozial- und Datenschutzstandards bedroht oder Europas kulturelle Vielfalt bedroht. Zitat Ende. Wir glauben nicht, dass diese Gefahr besteht. Wir glauben, dass TTIP etwas Gutes bewirkt und nicht etwas doppelt Negatives."
    Doch längst zeichnet sich ab: Die anfangs so ehrgeizigen Zeitplanungen sind kaum noch zu halten. Ende 2015 sollten die Verhandlungen eigentlich beendet sein, lautet nicht zuletzt der Auftrag der europäischen Staats- und Regierungschefs. TTIP aber wird wohl auch der nächste US-Präsident als politisches Erbe übernehmen. Und der wird im November 2016 gewählt.