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Tuareg-Musik trifft auf Rock'n'Roll
Neues Album "Azel" von Bombino aus Niger

Die Tuareg sind ein Volk, das in der Wüste Westafrikas lebt und eine lebhafte Musikkultur vorzuweisen hat. Ein junger Musiker aus diesem Umfeld ist Bombino aus Niger. Aus einem der ärmsten Länder der Welt stammend, kann er Kollaborationen mit den Rolling Stones und den Black Keys vorweisen. Am Freitag erscheint sein neues Album "Azel".

Von Sebastian Witte |
    Der Sänger und Gitarrist Bombino während eines Konzertes im August 2014
    Der Sänger und Gitarrist Bombino während eines Konzertes im August 2014 (Imago/Zuma Press)
    Bombino hat den Tuareg-Blues. Tuareg-Bands spielen ihn auf Partys, Volksfesten und Konzerten. Eine Feier ohne Gitarre ist keine, erklärt der Musiker. Der Sound ufert instrumental aus und ist in jedem Moment mitreißend. Der schneidende Klang der E-Gitarre steht dabei mit langen Solo-Passagen im Mittelpunkt. Der Sänger und Gitarrist Bombino, der 2007 mit den Tuareg-Rebellen für einen unabhängigen Staat kämpfte, heißt eigentlich Omara Moctar. In seinem Pass aber steht aber der Vorname Goumar – mit den Angaben haben es die Behörden nicht so genau genommen: Neben einem falschen Namen wurde irgendein Datum als Geburtstag eingetragen.
    "Als ich 1978, 79 oder 80 geboren wurde, ist mein Vater zur Stadt gegangen, um mich registrieren zu lassen. Er sagte dem Beamten mein Name sei "Omara". Der verstand das aber nicht und schrieb "Goumar" auf. Mein Vater kann aber weder lesen noch schreiben und dachte wohl, dass da "Omara" steht."
    Seit einigen Jahren macht sich der Musiker aber als Bombino einen Namen - vor allem wegen seines Talents an der E-Gitarre. Omara Moctar zeigt auf seinen Alben sein Können, ohne angeberisch zu wirken. Er nennt Jimi Hendrix als großes Vorbild, und fast möchte man meinen, er hätte dieses Vorbild schon eingeholt. Der Gitarrenvirtuose tourt um die Welt und singt in seiner Muttersprache Tamascheq. Er entstammt einer Kultur, die mit unserer unvereinbar scheint. Beim Gespräch sitzt er mir im traditionellen goldenen Tuareg-Gewand und mit Sandalen an den Füßen gegenüber. Westafrika und die westliche Welt wachsen musikalisch stellenweise aber doch zusammen. Sein letztes Album wurde von Dan Auerbach von den "Black Keys" produziert. Das neue Album "Azel" entstand zusammen mit Dave Longstreth von den "Dirty Projectors" in einem New Yorker Studio.
    "Das war ein richtiger Austausch. Dave hat viel Wert auf den Gesang und die Harmonien gelegt. Er hat sich viel mit Tuareg-Musik beschäftigt, um etwas einbringen zu können, ohne meine Musik grundsätzlich zu ändern."
    Die Songs handeln von der Schönheit der Wüste, vom Wert der Freundschaften und appellieren an die Jugend, sich vom Materialismus fernzuhalten. Obwohl der Musiker die Tuareg als weltoffen beschreibt, klingt das doch etwas konservativ.
    "Ich bin nur ein Typ aus der Wüste, aber ich glaube, unsere Musik und die Popmusik der 1960er oder der 1980er lösen echte Reaktionen bei den Menschen aus. Man will darüber nachdenken oder einfach dazu tanzen. Heute hören die Leute Hip-Hop oder so und sind sehr schnell satt davon. So ein Album hört man sich einmal an und dann nie wieder. Eine Bob Marley-Platte höre ich bis heute immer wieder."
    Die Musikszene in der Welt der Tuareg wächst, erklärt Omara Moctar. Tatsächlich sind Bands wie "Tamikrest" oder "Tinariwen" mittlerweile international bekannt. Englische Rockmusiker wie Damon Albarn von "Blur" oder Thom Yorke von "Radiohead" erklären in Interviews, Fans der Tuareg-Bands zu sein und sie als Inspiration zu nutzen.
    "Natürlich ist das toll, dass manche westliche Musiker mit afrikanischen Künstlern arbeiten wollen. Es ist ein Austausch."
    Bombinos Musik klingt nach einer großen Party. Und obwohl die Texte komplett in Tamascheq gehalten sind, fügen sie sich gut in den Uptempo-Rock ein, den Bombino und seine Band spielen. Auf diese Art gelingt tatsächlich ein stimmiger Mix aus Tuareg-Musik und Rock 'n' Roll, der Esoterik und Weltmusik-Klischees größtenteils umschifft. Bombino wird sowohl auf Sommerfestivals als auch im Feuilleton begrüßt werden und neben westlichen Bands bestehen und überzeugen. Das ist Musik, die sich weder lokal noch zeitlich genau verorten lässt.