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Türkei
Erdogan verstärkt Kritik an Israel

Der türkische Ministerpräsident Erdogan hat erneut die israelische Militäroperation in Gaza kritisiert. Die Türkei fordert Israel auf, die langjährige Blockade des Gazastreifens aufzuheben. Erdogan warf der westlichen und der muslimischen Welt Schweigen und Teilnahmslosigkeit vor. Die türkische Opposition verlangte von Erdogan, nicht nur zu reden, sondern konkrete Maßnahmen zu treffen.

Von Clemens Verenkotte |
    Der türkische Ministerpräsident Reccep Tayyip Erdogan (Foto von 2011)
    "Netanjahu, wenn Du mit dieser Bombardierung nicht aufhörst, wirst Du in Deiner Isolierung verdammen", sagte der türkische Ministerpräsident Reccep Tayyip Erdogan auf einer Wahlkampfveranstaltung. (dpa / picture-alliance / Henning Kaiser)
    Recep Tayyip Erdogan hat seine Kritik an der israelischen Militäroperation in Gaza und an den westlichen Reaktionen verstärkt. Die Türkei werde ihre Beziehungen zu Israel solange nicht normalisieren, solange die israelische Luftwaffe den Küstenstreifen bombardiere, sagte Erdogan auf einer Wahlkampfveranstaltung im Süden des Landes vor Tausenden von Anhängern.
    "Ist in einem solchen Fall eine Normalisierung möglich? Nein, das ist es nicht. Ich fordere ihn jeden Tag und werde es auch heute tun: Netanjahu, wenn Du mit dieser Bombardierung nicht aufhörst, wirst Du in Deiner Isolierung verdammen. Es ist unmöglich, dass Du mit der Türkei befreundet bist."
    Noch immer liegt der Schatten der israelischen Marineaktion gegen die türkische "Free Gaza Flottille" vom Frühsommer 2010 über den Beziehungen der Türkei zu Israel. Unter intensiver diplomatischer Anleitung der USA hatte sich Israels Regierungschef Netanjahu bereit erklärt, zwei der drei türkischen Forderungen für eine Normalisierung der Beziehungen zu erfüllen: eine offizielle Entschuldigung auszusprechen sowie die Hinterbliebenen der acht getöteten türkischen Staatsbürger finanziell zu entschädigen.
    "Normalisierung der Beziehungen unmöglich"
    Die dritte Forderung Erdogans, Aufhebung der langjährigen Blockade des Gazastreifens, verhallte im Frühjahr dieses Jahres in Jerusalem wirkungslos. Seit dem Beginn der jüngsten militärischen Konfrontation hat Ministerpräsident Erdogan eindeutig Stellung bezogen, wie am vergangenen Sonntag bei seinem Wahlkampfauftritt:
    "In den vergangenen fünf Tagen sind in Palästina rund 200 Menschen getötet worden, es gibt 700 Verletzte, und keine humanitäre Hilfe hat sie erreicht. Die ganze Welt schweigt."
    Auch der muslimischen Welt wirft Erdogan in seinen öffentlichen Ansprachen, die in der Regel von nahezu allen großen türkischen Fernsehsendern in voller Länge übertragen werden, Schweigen und Teilnahmslosigkeit vor. In den vergangenen Tagen telefonierte der Ministerpräsident unter anderem mit dem Chef des Hamas Politbüros Khaled Mashall, mit Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas, dem iranischen Staatspräsidenten Rouhani, sowie mit UN-Generalsekretär Ban Ki Mon und Frankreichs Staatschef Francois Hollande. Seine Gespräche mit Vertretern der westlichen Welt bilanzierte Erdogan vor seinen Zuhörern so:
    "Alle finden, dass Israel recht hätte. 400 Tonnen Bomben wurden abgeworfen. Das sind keine Kichererbsen!"
    Widerspruch aus der Opposition
    Widerspruch erfährt Erdogan aus den Reihen der Opposition: Zwar teilt sie Erdogans massive Kritik an Israels Regierung, doch der Ministerpräsident halte nur Reden, und mache nichts. Die größte Oppositionspartei im Parlament, die CHP, forderte Erdogan gestern dazu auf, konkrete Maßnahmen zu treffen, um Israel zur Einstellung der Luftangriffe auf den Gaza-Streifen zu zwingen.
    Ob denn Presseberichte zuträfen, so fragte gestern die CHP-Abgeordnete Yilmaz im Parlament, wonach Daten der neu errichteten, großen NATO-Frühwarn-Radaranlagen auf einem Stützpunkt im Osten des Landes, von den USA an Israel weitergegeben und dort für die Luftangriffe auf Gaza verwendet würden?
    Die Radaranlagen sind Teil des Raketenabwehrschirms der Allianz und wurden vor zweieinhalb Jahren in Betrieb genommen. Ursprünglich, so schreibt die regierungskritische Tageszeitung "Zaman", hätte die Regierung Erdogan das Projekt abgelehnt, und erst nachdem Ankara von der NATO versichert bekommen habe, dass diese Daten nicht mit Israel geteilt würden, sei die Zustimmung erfolgt. Genau das aber, so der Vize-Chef der größten Oppositionspartei, geschehe – und dagegen unternehme Erdogan nichts.